1261 - Blut aus dem Jenseits
ebenfalls dünnem Fell besetzten Körper. Das alles war schon zu viel für ihn. Am meisten störte ihn, dass dieser Unhold mit einer Kralle und nicht Hand die Frau gegen das Wagendach presste, so dass sie es nicht schaffte, aus dieser Lage herauszukommen.
»Lass sie los!«, brüllte er wieder.
Das tat er tatsächlich. Er drehte sich dabei dem Polizisten zu, der jetzt noch deutlicher in die Augen hineinschaute und darin etwas las, was seinen eigenen Tod bedeuten konnte.
Er hörte Mike von der Seite etwas schreien, aber Ted konnte ihm nicht antworten, weil die Bestie angriff. Sie hüpfte praktisch in einem Halbbogen auf ihn zu, die langen Arme nach vorn gestreckt.
Zugleich breitete sich an ihrem Rücken etwas aus, und Ted konnte kaum fassen, dass es Flügel oder Schwingen waren.
Er reagierte automatisch und schoss!
Die Kugel hieb in die dürre Brust des Wesens hinein. Der Aufprall und die damit verbundene Wucht brachte die Bestie aus dem Gleichgewicht. Sie rutschte etwas zur Seite weg und auf die hintere Dachkante des Autos zu.
Der Polizist hatte längst wieder durchgeladen.
Er feuerte erneut.
Und wieder traf das Geschoss aus kurzer Entfernung. Ted hörte den irren Schrei, der aber nicht aus Schmerzen geboren worden war, sondern aus reinem Hass. Mit Armen und Beinen schlug das Wesen um sich, bevor es über die Kante hinwegglitt, noch kurz gegen den Kofferraum schlug und danach auf der Straße landete.
Die Frau lag weiterhin auf dem Autodach. Sie richtete sich jetzt auf, aber sie fiel wieder zurück. Ted hatte mit einem Blick erkannt, dass ihr nicht allzu viel passiert war. Sie befand sich auch jetzt nicht in unmittelbarer Gefahr, so konnte er sich um die auf der Straße liegende Bestie kümmern.
Neben ihr stand Kollege Mike.
Auch er hatte seine Waffe gezogen. Er hielt sie mit beiden Händen im Anschlag und hatte seine Arme nach unten gestreckt. Er, der immer Action haben wollte, stand plötzlich unter einem wahren Stress. Was er da sah, packte er nicht. Er zitterte und atmete heftig, das sah Ted, der einen kurzen Bogen schlug und sich neben den Kollegen stellte.
»Das glaube ich einfach nicht!«, keuchte Mike. »Verdammt noch mal, schau dir das an. Das ist der nackte Wahnsinn. Wer ist das? Scheiße, wer ist das?«
Dass Mike durchdrehte, damit hätte Ted nicht gerechnet. Zwischen Theorie und Praxis gab es schon einen Unterschied. Es war jetzt besser, wenn der junge Kollege nicht in seiner Nähe blieb.
»Geh zum Wagen und ruf Verstärkung.«
»I… ich?«
»Ja, verdammt, mach schon.«
»Gut!« Mike stolperte mit unsicheren Schritten weg. Zum ersten Mal fühlte sich Ted ein wenig besser, weil die zu große Spannung nachgelassen hatte. Durchatmen konnte er schon, nur nicht aufatmen. Dazu war es noch zu früh.
Die Frau hatte sich auf dem Wagendach aufgesetzt. Sie hielt sich mit einer Hand die Schulter. Dabei weinte sie, aber sonst war sie wohl okay.
Ted hörte andere Stimmen um sich herum. Die beiden Schüsse hatten die Ruhe in der nächtlichen Gegend zerstört. Das kümmerte ihn jetzt nicht, er ahnte, dass die Sache noch nicht ausgestanden war.
Die Bestie auf dem Boden war von zwei seiner Kugeln getroffen worden. Sie lag bewegungslos, aber war sie auch ausgeschaltet? War sie tot, vernichtet?
Er konnte es nicht sagen, und er traute sich auch nicht, den Körper zu berühren.
Die Gestalt lag auf dem Rücken. Soviel er sah, war sie sehr dünn. Über die Knochen des Körpers war ein ebenfalls dünnes Fell gewachsen. Hässlicher konnte niemand aussehen, das traf auch auf das Gesicht zu, das wie schockgefrostet wirkte.
Da stand das Maul weit offen. Die Zähne waren zu sehen und besonders die beiden langen fielen auf, die aus dem Oberkiefer hervorragten. Sie waren wie Messer und sie würden mit einem kräftigen Schlag in Haut und Fleisch eindringen.
War er vernichtet?
Zwei Kugeln hätten eigentlich reichen müssen, aber Ted traute dem Frieden nicht. Hier lief einiges an der Normalität vorbei. Hier stimmten die Verhältnisse nicht mehr, denn so etwas wie dieses Monstrum konnte es normalerweise nicht geben. Das war auch nicht aus einem Zoo ausgebrochen, denn dort sperrte man so etwas erst gar nicht ein.
Mike hatte den Wagen erreicht und auch schon Verbindung mit der Zentrale aufgenommen. Ted hörte die hektische Stimme seines Kollegen. Es würde nur kurze Zeit dauern, bis Verstärkung eintraf. Er traute sich auch nicht, der Gestalt Handschellen anzulegen. Sein Bauchgefühl hielt ihn davon
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