1264 - Der Flug der LOVELY BOSCYK
allerdings gab es keinerlei Grund für ein solches Ansinnen, denn die Menge der Ckatoner verhielt sich ruhig und diszipliniert. „Gegen jeden", bestätigte die Metallurgin Sorani. „Wir wäre es denn mit einem gegen alle? Es würde bestimmt dein größter Kampf werden, Zwerg!"
Alabrista ließ ein zorniges Brummen hören. Er litt es nicht, daß andere ihn ungestraft Zwerg nannten, nur weil er der kleinste der vier Rubiner war. Immerhin war er um über die Hälfte größer als jeder Terraher. Da aber fielen seine Augen wieder einmal auf den weißen Fellfleck hinter Soranis linkem Ohr, und augenblicklich verschwand sein Zorn und machte der tiefsten Zuneigung Platz. „Holde Sorani", ließ er sich hören. „Du weißt, für dich würde ich alles tun, wenn du mich nur erhörtest. Ich würde für dich die gesamte Einwohnerschaft Lemparrs zusammenschlagen und von mir aus alle auf einmal. Du bist mein Augenstern, das Licht meiner unruhigen Träume, du weißt gar..."
Er erhielt einen solchen Schlag ins Genick, daß sein Kopf nach vorn fiel und er abrupt verstummte.
Er wuchtete seinen Körper herum und starrte Nampa an. Der Neunundzwanzigjährige hatte es gewagt, ihn, den Vierzigjährigen, zu schlagen.
Alabrista sah plötzlich rot. Mit einem heiseren Schrei stürzte er sich auf den Nebenbuhler, und im Nu war die tollste Keilerei im Gange. Die beiden Rubiner traktierten sich mit ihren Fäusten, und Mauria setzte zu einer ihrer berüchtigten Einlagen an. Nur Sorani hielt sich zurück und forderte die beiden Kampfhähne zur Mäßigung auf. „Gebt euch keine Mühe", rief sie. „Ich werde keinen von euch beiden erhören. Habt ihr noch nie etwas von Emanzipation gehört? Ich brauche keinen Mann!"
Die beiden Rubiner hielten betroffen inne. Solche Worte aus dem Mund einer Artgenossin hatten sie noch nie vernommen. Sie lauschten dem Klang der Worte nach und mußten erkennen, daß sie ausgesprochen ernst gemeint waren. Mutlos ließen sie die Fäuste sinken.
„Wenn das so ist", murmelte Nampa verdutzt. Alabrista stieß ihn in die Seite und deutete nach hinten.
„Da kommt Roi. Er soll entscheiden, wem von uns Sorani gehören wird!"
Ein erneuter Schlag traf ihn, diesmal von der Rubinerin. Und Mauria sang die ersten Takte ihrer Wahnsinnsarie, aber da hatten Roi Danton und Demeter die Gruppe erreicht und machten dem Theater ein Ende.
„Kein weiterer Funkspruch", verkündete der Terräner. „Tek hat sich nicht mehr gemeldet. Und solange der Androide den Gravo-Antrieb manipuliert, können wir nicht starten und jene Koordinaten anfliegen, von denen der Hilferuf kam!"
Jo Polynaise hatte sich unter der Kuppel verbarrikadiert. Er hatte es geschickt angestellt. Die Vironaüten waren nicht an ihn herangekommen. Jo hatte gedroht, den Antrieb zu zerstören. Sie wußten inzwischen, was er wollte, nur seine Beweggründe waren unklar Das Virenschiff hatte geraten, ihn vorläufig in Ruhe zu lassen, da er möglicherweise mit seinen Drohungen ernst machte.
Also warteten die Vironaüten und lenkten ihre Aufmerksamkeit auf den bevorstehenden Besuch des Meisterschülers Edym Varuson. „Was ist mit Chip?" erkundigte sich Falugan Mosley, einer der technischen Direktoren der Waffenleitstände. „Hat er sich gemeldet?"
Roi verneinte. Der Mentor war nicht wieder aufgetaucht. Eine Suche nach ihm hatte keinen Sinn, denn das Virenschiff hatte gesagt, daß er lebte, sich jedoch an einem ihm unbekannten Ort aufhielt. Da den Worten der LOVELY BOSCYK ohne Einschränkung Glauben geschenkt werden konnte, mußten die Vironauten abwarten, wie sich die Lage weiter entwickelte.
Sorani drängte sich zu Roi. „Baunasen!" sagte sie und meinte Banausen. Manchmal hatte sie Schwierigkeiten mit dem Interkosmo und vertauschte bei mehrsilbigen Wörtern Teile von Silben. „Vollidioten! Kannst du sie mir nicht vom Leib halten, Roi?"
„Wie sollte ich das, Sorani? Ich habe keine Befehlsgewalt über euch!"
„Dann laß doch die alten Zeiten wieder aufleben!"
„Nein!" entgegnete der Vironaut. „Mit Sicherheit nicht. Man soll die alten Kamellen nicht aufwärmen!"
Das galt für alles, auch für das Freifahrertum. Danton dachte zurück an jene alte Zeit- und an den jüngsten Aufbruch von, Terra. Als ihn das Fernweh überkommen hatte, war er gleichzeitig von dem Wunsch gepackt worden, die alte Gilde der Freifahrer wieder aufleben zu lassen. Er wollte sich eine Gruppe von Gleichgesinnten schaffen und mit ihnen Forschung und interstellaren Handel treiben wie in jenen
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