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1269 - Julie

1269 - Julie

Titel: 1269 - Julie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Nähe, davon ging ich aus. Er bekam alles mit, und er würde auch eingreifen, wenn er es für nötig hielt.
    Um diese Zeit und in dieser Gegend waren wir praktisch allein unterwegs. Von einem Autoverkehr konnte überhaupt nicht gesprochen werden, und so brauchte ich mich nicht zu stark auf das Fahren zu konzentrieren. Das lief nach einem Automatismus ab. Es würde sich erst ändern, wenn wir die normale Straße erreicht hatten, die dann in die Stadt hineinführte und dem nie erlöschenden Lichtschein entgegen, der nächtens gegen den Himmel schwebte.
    Julie hatte ihre Sitzposition nicht verändert. Sie war auch nicht näher an Sina herangerückt, und so konnte ich sie gut im Innenspiegel sehen. Sie gab sich lässig, interessiert, schaute nach draußen, und mir kam es vor, als würde sie auf etwas warten. Sie schaute auf keine Uhr, aber ihr Verhalten deutete schon darauf hin.
    Sina meldete sich. »John, wenn es Ihnen nichts ausmacht, können wir eine Abkürzung nehmen.«
    »Klar.«
    Sie lachte leise. »Da wäre nur noch ein Problem zu klären. Die Straße führt an einem alten Friedhof vorbei.«
    »Na und?«
    »Ich meine nur.« Ihre Stimme wurde leiser. »Gerade in dieser Situation, die ja nicht eben normal ist.«
    »Haben Sie denn Angst vor Friedhöfen?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Eben.«.
    »Fahren Sie bitte langsamer, John. Es führt gleich ein Weg nach rechts. Früher war es der Zugang. Heute wird er kaum noch benutzt.«
    »Warum hat man den Friedhof aufgegeben?«
    Als Antwort erhielt ich ein Lachen. »Sie werden es kaum glauben. Da ging es um das Hochwasser. Dieser Bach, den Sie auch kennen, fließt an ihm vorbei. In starken Regenzeiten ist es zu Überschwemmungen gekommen, die auch den Friedhof erreicht haben. Da sind immer wieder Gräber zerstört worden. Sie wurden unterspült, sie sackten ein, und so ist aus dem Gelände ein regelrechtes Sumpfgebiet geworden. Man hat sich schließlich entschlossen, den Friedhof aufzugeben.«
    »Wann ist das passiert?«
    »Ach - schon vor Jahren. Man hat einen neuen angelegt. An einem sicheren Ort.«
    »Mehr nach London hin?«
    »Klar und weg von den Feuchtgebieten der Themseauen.«
    Es war keine Straße, die hinführte, sondern nur ein Weg, der im Laufe der Jahre überwachsen war. Das Gras stand recht hoch und verdeckte die zahlreichen Unebenheiten.
    Ich musste langsamer fahren, aber ich schaltete wiederum das Fernlicht ein. Dieser weit reichende und bleiche Vorhang aus hellem und etwas bläulich wirkendem Licht tanzte im Rhythmus des Fahrzeugs auf und nieder und war so stark, dass er den Friedhof erreichte.
    Er kam mir wirklich vor wie eine Kulisse, die jemand in die Landschaft gestellt hatte.
    Zumeist waren die Grabsteine zu sehen. Man hatte sie nicht entfernt, und so steckten sie schlaff und krumm im weichen Boden. Einige Kreuze schauten ebenfalls hervor, doch in der Regel waren es schlichte Grabsteine, mal abgerundet, mal kantig.
    Wenn mich nicht alles täuschte, schwebte über dem Gelände ein leichter Dunst. Nicht unnatürlich bei einem Feuchtgebiet, und deshalb machte ich mir darüber auch keine weiteren Gedanken.
    Ich schaute wieder in den Innenspiegel, um Julie zu beobachten. Sie hatte ihre Haltung verändert. Sie lehnte nicht mehr mit dem Rücken gegen das Polster. Jetzt saß sie starr, beinahe wie auf dem Sprung, und sie schaute gespannt nach vorn.
    Das gefiel mir nicht. Wenn jemand so saß, dann gab es einen Grund dafür. Wenn jemand etwas erwartet, nimmt er diese Haltung ein, und von Julie konnten wir leider nichts Gutes erwarten.
    Wir fuhren näher an den Friedhof heran. Der Weg knickte vor ihm nach links weg und führte dann genau auf die entfernt liegende Straße zu.
    Es war jetzt zu erkennen, dass die Grabsteine nicht unbedingt auf einer Höhe standen. Einige hatten sich stärker aus dem Erdboden hervorgedrückt, andere wiederum waren tiefer eingesackt als das normale Niveau des Bodens.
    Es passierte urplötzlich. Keiner von uns hatte damit gerechnet, und das wäre uns auch nicht in den Sinn gekommen.
    Aus dem Himmel zuckte ein Blitz nach unten, als hätte irgendein Geist einen gezackten hellen Speer geworfen. Für einen Moment knisterte es zwischen den beiden einsamen und nicht sehr hohen Bäumen auf dem Friedhof, und es breitete sich ein dünnes Netz aus feinen Lichtstrahlen aus.
    So schnell wie das Licht erschienen war, hatte es sich auch wieder zurückgezogen.
    Es wurde dunkel.
    Sehr dunkel, denn auch das Licht der beiden Scheinwerfer war urplötzlich

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