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1273 - Poker mit dem Tod

1273 - Poker mit dem Tod

Titel: 1273 - Poker mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Magen rührte sich etwas. Es ärgerte ihn. Anzeichen einer leichten Unruhe. Dabei wusste er genau, dass er sich so etwas nicht erlauben konnte. Als Zocker musste er eiskalt sein, nicht einmal ein leichtes Zittern durfte er sich erlauben.
    Er merkte die Kälte auf seinem Rücken, obwohl er schwitzte. Durch die Lücken der Gitterstäbe gelang ihm der Blick auf den Friedhof, der so still vor ihm lag wie ein einziges gewaltiges Grab, auf dem sich die Natur ausgebreitet hatte. Längst überwogen die Schatten, und auch die alte Leichenhalle war nicht zu sehen, obwohl er den Kopf leicht in den Nacken gedrückt hatte und in die Höhe schaute.
    Nichts. Eine stille Landschaft. Zumindest für Außenstehende. Er räusperte sich die Kehle frei, doch der leichte Druck blieb, als er sich umschaute und die Seiten rechts und links außerhalb der Mauer nach einer Bewegung absuchte.
    Es hielt sich kein Beobachter in der Nähe auf, und so konnte er es wagen.
    Kid Longo hasste die körperliche Betätigung. Folglich gehörte er auch nicht zu den besten Kletterern, aber in diesem Moment wuchs er über sich selbst hinaus, hangelte sich hoch und freute sich darüber, dass er sich auf zwei Querstäben noch abstützen konnte.
    An der Spitze musste er Acht geben, weil dort die Stäbe endeten, aber auch das schaffte er und ließ sich an der anderen Seite so fallen, dass er mit beiden Beinen zuerst aufkam.
    Hier sah er, dass jemand einen Riegel von innen vor das Tor geschoben hatte. Er ließ ihn an seiner Stelle. Sein Spielpartner würde den Weg auch so finden, denn er kannte sich aus.
    Longo ging ein paar kurze Schritte nach vorn und blieb dann stehen. Er hatte das Gefühl, dass es um ihn herum dampfte. Der alte Friedhof atmete aus. Die Luft war feucht. Die Pflanzen und auch die wilden Blumen streuten ihm ihre Aromen entgegen, und er hatte den Eindruck, sich in einem Treibhaus zu befinden.
    Da es noch nicht dunkel war, hörte er das Singen der Vögel. Nur einmal zwitscherten und trillerten sie, um den Tag zu verabschieden und sich selbst ein Schlaflied zu singen, bevor sie in den Kronen der Bäume verschwanden, um zu schlafen.
    Die Natur kannte ihre Regeln. Sie ließ sich zudem nicht ablenken. Sie machte weiter in ihrem ewigen Kreislauf, der auch für Longo neu beginnen würde.
    Er suchte einen Weg, um zu der alten Leichenhalle zu gelangen. Hinter dem Tor musste es so etwas wie einen Ansatz geben, und tatsächlich sah er einen Pfad, auf dem sogar noch die alten Platten lagen, die längst von einer grünen Schicht überwuchert waren, die wie ein feuchter Schwamm darauf lag.
    Er suchte sich seinen Weg. Immer wieder musste er die Zweige der wild wuchernden Bäume mit den zähen Blättern zur Seite drücken. Er schaute nach unten, sah dort die schmalen Platten, die sich in eine Rechtskurve drehten, und folgte ihnen.
    Und dann sah er die alte Leichenhalle!
    Es gab sie tatsächlich. Fast hätte er die Hoffnung schon aufgegeben, aber die Natur hatte sich auch hier wieder etwas zurückgeholt, das ihr abgenommen worden war. An den Mauern waren die Kletterpflanzen in die Höhe gerankt. Die Kronen der hohen Kastanien und auch Platanen warfen Schatten auf das Dach der Halle, die so weit nach unten reichten, bis sie sogar die Fenster erreichten.
    Das war der Treffpunkt!
    Kids Herz schlug schneller, als er um die Leichenhalle herumging. Er hielt sich immer dicht an deren Mauer. Die Fenster waren noch nicht herausgebrochen, aber vorwitzige Pflanzen hatten sie bereits überwuchert und griffen mit ihren weichen Krallen noch höher in Richtung Dach, wo sie sich dann unter der Dachrinne waagerecht weiterhangelten.
    Dass er sich mitten in London befand, hatte er fast vergessen. Diese Welt hier war eine andere, eine versteckte. Eine, die nicht mehr gesehen werden sollte.
    Er erreichte die Schmalseite der Leichenhalle. Und dort befand sich auch der Eingang des alten Backsteinhauses. Kein Portal, sondern eine normale Tür, die seltsamerweise von dem Bewuchs verschont geblieben war. An ihr hatten nur Wind und Wetter genagt.
    Longo wurde es immer unheimlicher zu Mute. Er konnte sich leicht vorstellen, aus der dichten natürlichen Deckung her beobachtet zu werden. Seine Sinne waren sensibilisiert und auf Alarm gestellt. Wärme und Kälte zugleich kroch wieder durch seinen Körper, und als er das leise Lachen hörte, zuckte er hart zusammen, obwohl ihn das ärgerte, aber er konnte seine Überraschung nicht verbergen.
    »Dreh dich nicht um!«
    »Okay!«
    Die Stimme klang

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