1273 - Poker mit dem Tod
erleben, von dem uns Cameron erzählt hat.« Ich schüttelte den Kopf.
»Wir dürfen nicht vergessen, dass er gegen den Tod gespielt hat. Und diesmal war der Tod existent. Er kam als Skelett.«
»Das glauben Sie?«
»Ja.«
Sir James ließ ein Muster aus Falten auf seiner Stirn entstehen. Er war nicht unbedingt überzeugt.
»Wer ist der Tod? Ist er wirklich der berühmte Knochenmann? Man kann das Ende des Lebens nicht personifizieren, die Menschen haben es trotzdem getan, und die andere Seite hat sich ihren Wünschen und Vorstellungen gefügt. Es kann sein, dass hinter der Maske dieses Skeletts jemand anderer steckt, von dem wir alle noch keine richtige Ahnung haben.«
»Er schloss auch den Teufel nicht aus«, sagte Suko.
»Daran habe ich auch gedacht. Ein anderer Dämon könnte ebenfalls infrage kommen. Jedenfalls werden Sie es nicht einfach haben. Und sollten Sie pokern müssen, vergessen Sie nicht, dass zu hohes Reizen auch mal danebengehen kann.«
»Das wissen wir, Sir.«
»Gut, dann können Sie diesen Julius Cameron abholen.«
Wir atmeten auf, ohne uns zu sehr erleichtert zu fühlen, denn wir ahnten, dass noch einiges auf uns zukam.
»In einem Leichenhaus«, sagte Sir James. Dabei schüttelte er den Kopf. »Eine ungewöhnliche Spielstätte.«
»Nicht für den Tod, Sir. Oder für einen Dämon, der seine Gestalt angenommen hat.«
»Ich wünsche Ihnen ein gutes Blatt.«
Damit waren wir entlassen. Auf dem Gang atmeten wir tief durch. »War eine verdammt schwere Geburt«, sagte Suko.
»Das kannst du laut sagen. Umso höher ist Sir James' Eingreifen einzuschätzen. Ich hätte nicht gedacht, dass er es durchbekommt. Er muss mit Engelszungen geredet haben.«
»Man kennt ihn eben.«
»Und uns.«
»Eingebildet bist du gar nicht.«
»Nein, warum auch?«
»Wenn das so ist, wollen wir unseren Freund mal abholen…«
***
Julius Cameron saß in der Zelle auf seinem Stuhl, den er vor den Tisch gestellt hatte. Er schaute dabei gegen eine der Wände und bewegte sich nicht. Man hätte meinen können, dass auf der Wand ein spannender Film ablief, dem sein gesamtes Interesse galt. Das war natürlich nicht der Fall. Julius war einfach leer, und er hatte sein linkes, verändertes Bein vorgestreckt.
Diesmal waren die blanken Knochen nicht zu sehen. Vor dem Verlassen seiner Wohnung hatte er sich noch eine lange Hose übergestreift. Den linken Fuß hatte er in einen alten Schuh gezwängt, und er passte tatsächlich, sodass er auch in der Lage war, bis auf ein leichtes Humpeln normal zu gehen.
Die Behinderung fiel kaum auf.
Uns sah Cameron nicht, weil wir durch das Guckloch schauten und uns dabei abwechselten.
Suko lachte leise. »Mich würde wirklich mal interessieren, was da alles durch seinen Kopf geht.«
»Wir werden es gleich erfahren.«
Man hatte uns den Schlüssel überlassen. Suko schloss die Tür auf, und er schob sich auch als Erster in die Zelle hinein. Julius Cameron hatte seine Haltung kaum verändert. Er drehte uns nur den Kopf entgegen.
Wir lasen die Spannung an seinem Gesicht ab. Er hielt den Mund leicht offen, und seine Lippen waren verzerrt. »Na, sind Sie jetzt gekommen, um mir zu sagen, dass Sie mich angelogen haben?«
»Das sind wir nicht«, erwiderte Suko.
»Wieso?«
»Sie haben uns überzeugt.«
»Ach.« Er konnte es noch immer nicht glauben. »Ich bin tatsächlich frei?«
»Es kommt darauf an, wie man die Freiheit sieht. Sie sind nicht so frei, wie Sie es hätten sein können, Mr. Cameron. Sie müssen sich schon an unsere Begleitung gewöhnen, aber die Zelle können Sie verlassen, und unser Ziel steht wohl auch fest.«
Er legte den Kopf schief. »Sie sprechen von der Leichenhalle, nicht wahr?«
»Ja, von Ihrem Spielplatz.«
Cameron nagte an der Unterlippe, bevor er fragte: »Wollen Sie sich das tatsächlich antun?«
»Wollen wir.«
»Werden Sie auch spielen?«
»Kann sein«, sagte ich.
»Ihr seid keine Zocker.«
»Muss man das, um ein Pokerspiel durchziehen zu können?«
Cameron senkte den Blick. »In diesem Fall geht es um alles oder nichts«, erklärte er. »Das muss auch Ihnen klar sein. Das Pokerspiel ist ultimativ. Es kann Sie zu den reichsten Menschen machen, wenn Sie es gewinnen. Das habe ich leider nicht geschafft. Ich hatte nur einen normalen Flush, aber der andere war besser. Straight Flush, kein Royal, aber das reichte aus.«
»Und was war mit den anderen Spielern?«, wollte ich wissen.
»Keine Ahnung. Ich habe sie nicht gesehen. Ich saß ihm allein gegenüber,
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