1273 - Upanishad
Schlimmeres vorwarf...!
„Ihr müßt schon entschuldigen", erklärte ich. „Aber meine Doppelbelastung durch zwei Ämter, von denen jedes schon fast zuviel für einen Menschen ist, ließ mir nicht früher Zeit für ein Fitneßwochenende."
„Fitneßwochenende!" grollte Ris Bhran verächtlich. „Die Upanishad ist kein Sportstudio, Shad Tifflor. Für einen richtigen Shad ist sie das einzige auf der Welt, was Bedeutung hat - und sie steht über allen Ämtern."
Ich hatte große Mühe, mir ein Grinsen zu verkneifen, als ich begriff, daß die Upanishad für die Panisha etwas Heiliges war, obwohl es sich doch nur um eine exotische Kampf schule handelte. Irgendwann würde ich ihnen klarmachen müssen, wie ich darüber dachte. Ich war zwar zu vielen Konzessionen bereit, nicht aber dazu, eine profane Einrichtung als Heiligtum zu verehren.
Ein dumpfes Krachen in meinem Rücken verriet mir, daß der Ertruser mit meinem Gepäck zurückgekehrt war.
Der Anprall hätte einem Ochsen das Genick gebrochen, aber als ich mich umdrehte, stapfte Drummer schon mit fröhlichem Gesicht weiter.
„Du bist ja immer noch nicht angezogen, Tiff!" rief er mir mit der Lautstärke von schätzungsweise zweihundert Phon zu, was meine Gesichtsmuskeln vor Schmerz entgleisen ließ.
Als ich mich erholt hatte, war Drummer verschwunden.
„Was hat er gemeint?" wandte ich mich an die beiden Panisha.
„Ein Shad ist nackt ohne Sh'ant", erklärte Yag Veda.
„Unsinn!" entfuhr es mir. Die Bemerkung, daß ich schließlich im Vergleich zu den beiden Panisha, die in ihrer Geburtskleidung vor mir standen, förmlich vermummt war, verkniff ich mir wohlweislich.
„Folge mir!" sagte Ris Bhran höflich, aber steif. „Du mußt alles deponieren, was du an Kleidung und sonstigen Utensilien mitgebracht hast, Tiff. Dafür bekommst du einen Sh'ant ausgehändigt, allerdings nur leihweise für die Dauer deines Aufenthalts in der Upanishad. Erst nach erfolgreicher Absolvierung der ersten drei Ausbildungsschritte wird er dein Eigentum und verschmilzt psychisch mit dir."
„Ich verstehe", erwiderte ich mit ausdruckslosem Gesicht und ergab mich in mein Schicksal.
5.
„Trage diesen Sh'ant, solange du in der Upanishad bist, Tiff!" sagte Ris Bhran feierlich und hielt mir den silberfarbenen Trainingsanzug entgegen, den ich schon an Upper Drummock gesehen hatte.
Seine Worte hallten von den Wänden der blau und golden getönten Säulenhalle wider, in die der Panish mich geführt hatte, nachdem ich mich im Vorraum hatte entkleiden müssen (bis auf das Unterzeug natürlich). Es hätte ein Thronsaal sein können. Deshalb kam es mir lachhaft vor, daß der Raum benutzt wurde, nur um mir einen Leih-Trainingsanzug auszuhändigen. Wohlweislich verzichtete ich jedoch darauf, meine Belustigung zu äußern.
Ich schlüpfte in den Trainer hinein. Er war einteilig, mit Magnetverschluß in der Art von Klettverschlüssen und mit hochgeschlossenem Kragen. Sein Material fühlte sich leicht und seidig an. Ich hoffte, daß es auch atmungsaktiv war.
„Dieser Sh'ant wird dein persönliches Eigentum sein, sobald du die ersten drei Ausbildungsschritte erfolgreich absolviert hast", erklärte der Panish im gleichen feierlichen Tonfall wie bei der Überreichung des Anzugs.
Ich zog die schwarzen Stiefel an. Sie waren vom gleichen Zuschnitt wie die, die ich bei Upper Drummock gesehen hatte und hätten tatsächlich Boxerstiefel sein können. Im Unterschied zu terranischen Boxerstiefeln bestanden sie aber nicht aus Leder, sondern aus dem gleichen Material wie der Anzug.
„Der erste Schritt heißt Char'imchar", fuhr Ris Bhran mit seinen Erklärungen fort. „Die wörtliche Übersetzung heißt ‚Über das Fleisch hinaus’. Er bedeutet die Aneignung von Techniken der totalen Körperkontrolle, die Gesundheit, Fitneß, superschnelle Reflexe und fakirähnliche Fähigkeiten zum Ziel haben."
Ich nahm den breiten, schwarzen Waffengürtel, der allerdings nicht mit Waffen bestückt war und musterte die silberne Schnalle, die zum Verschluß diente. Auf ihr befand sich das erhabene, stilisierte ESTARTU-Symbol des dritten Weges, das damals auch vom „Warner" als Zeichen für seinen „Piratensender Acheron" benutzt worden war: ein Dreieck, von dessen Mittelpunkt drei Pfeile zu den Eckpunkten gingen.
„Der zweite Schritt heißt Char'gonchar", informierte mich der Panish weiter. „Die wörtliche Übersetzung heißt ‚Über den Geist hinaus’. Er beinhaltet Meditationstechniken,
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