1275 - Der Totenkopf-Sammler
alte Couch aufzunehmen, deren Seiten sehr wulstig aussahen und mit einem rötlichen Stoff dick gepolstert waren.
Neben der Couch hatte ein alter Zeitungsständer aus hellem Holz seinen Platz gefunden, und genau zwischen ihm und ihr sah ich die Kartons, die noch zusammengefaltet waren.
Ich schaute wieder auf Katic.
Dem war mein Blick in die Runde aufgefallen, und er wirkte plötzlich leicht nervös.
»Probleme?« fragte ich ihn.
»Nein! Wieso?«
»Ich dachte nur…«
»Tut mir Leid, die Probleme hast du!«
»Das werden wir sehen«, sagte ich und verließ meinen Platz. Mit zielsicheren Schritten bewegte ich mich auf den Zeitungsständer zu, hörte den Mann hinter mir scharf atmen und wusste plötzlich, dass ich das Richtige getan hatte.
Neben dem noch zusammengedrückten Karton blieb ich stehen.
Ich hörte einen Fluch hinter meinem Rücken. Dann drehte ich kurz den Kopf und sah, dass Katic wie auf dem Sprung saß und seine Hände bereits auf die Armlehnen gestemmt hatte.
»Bleiben Sie sitzen!«
»Das gehört mir!« schrie er mich an.
»Ich weiß!«
»Finger weg!«
Ich tat genau das Gegenteil und drehte die große flache Seite zu mir herum.
Es war ein Volltreffer, denn Katic hatte bereits eine Adresse auf den Karton geschrieben.
Es war die Anschrift eines gewissen Boris Kelo. Frankfurt in Deutschland, postlagernd.
»Aha«, sagte ich nur. »Da haben wir ja den Mann, dem Sie die Köpfe schicken wollen.«
Katic sagte nichts. Er presste die Lippen zusammen. Seine Augen funkelten, und als er atmete, da schnaufte er. Die Hände bildeten jetzt Fäuste. Sein Blick glitt hin und her, als ich mit den beiden Kartons wedelte.
»Ist er das?«
»Weiß nicht.«
»Hören Sie doch auf, verdammt, natürlich ist er das. Sie wollen die beiden Köpfe in die Kartons legen und dann nach Deutschland zu dieser Adresse schicken. Habe ich Recht?«
»Hauen Sie ab!«
»Wer ist Boris Kelo?«
»Den kenne ich nicht!«
Ich schüttelte den Kopf. »Für wie dumm halten Sie mich eigentlich? Boris Kelo ist der Mann, dem Sie die Köpfe schicken wollen. Erzählen Sie mir keinen Mist.«
»Nie!«
»Wer ist er dann?«
»Ich kenne keinen Mann mit diesem Namen.«
»Dann ist das auch nicht Ihre Schrift?«
»Nein.«
»Wie kommen die Kartons hierher?«
»Die hat jemand vergessen!«
Über diese Ausrede konnte ich nicht mal lachen. Ich fühlte mich auch nicht auf den Arm genommen und ging davon aus, dass ich bei diesem Mann mehr nicht erreichen konnte.
Boris Kelo!
Der Name war mir neu. Aber ich wusste, dass ich diesen Menschen in Deutschland finden konnte.
Aber da würde mir bestimmt mein alter Freund Harry Stahl zur Seite stehen.
Es gefiel Katic nicht, dass ich mich in der letzten Zeit mit Bemerkungen zurückgehalten hatte. Er rutschte wieder unruhig auf seinem Sitzplatz hin und her und fragte mit leiser Stimme: »Was soll das eigentlich? Wie geht es weiter?«
»Sie werden Ihre Wohnung verlassen müssen und sie mit einer noch kleineren tauschen.«
»Eine Zelle?«
»Trefflich gefolgert.«
Er riss den Mund auf, als wollte er mich fressen. »Das können Sie gar nicht. Ich habe nichts getan, ich…«
Meine rechte Hand wies nur auf die Köpfe. »Haben Sie wirklich nichts getan?«
»Nein.«
»Sich auf diese Art und Weise an Toten zu vergehen, ist auch ein Verbrechen. Falls Sie das nicht gewusst haben, dann wissen Sie es jetzt.«
Meine Worte hatten ihn beeindruckt. Er senkte den Kopf und starrte zu Boden. Dabei bewegte er seinen Mund, ohne allerdings etwas zu sagen. Ich merkte, dass es in seinem Innern brodelte, aber er traute sich nicht, sich gegen mich zu stellen.
Ich stellte die beiden Kartons zur Seite und holte mein Handy hervor. Mit ruhiger Stimme rief ich die Kollegen an und erklärte auch, was sie abzuholen hatten.
Auf große Begeisterung stieß ich nicht, aber das war ich gewohnt. Bis die Mannschaft eintraf, blieb noch Zeit, und ich wandte mich an Katic.
»Wenn Sie jetzt noch etwas zu sagen haben, dann tun Sie es. Was hier abläuft, ist beileibe kein Kinderspiel. In Ihrem Interesse würde ich Ihnen raten, den Mund aufzumachen.«
Er tat es. Dann grinste er mich an und gab mir eine Antwort, die ich nicht erwartet hatte.
»Pass auf deinen Schädel auf, Sinclair! Man kann ihn schneller loswerden als man denkt…«
***
Es war die berühmte Stille, die man greifen konnte. Aber es war auch diese bedrückende Ruhe, die sich heranschlich und sowohl Dagmar Hansen als auch Harry Stahl noch starrer werden ließ.
Es war ein
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