1276 - Spielplatz der Hölle
noch mächtiger werden wird. Denn er ist auf dem Weg zu einem wahren Genie.«
Harry wusste darauf keine Antwort. Auch wenn es anders gewesen wäre, er hatte sie nicht ausgesprochen, doch er machte sich seine Gedanken, und die erriet Kelo nicht.
Dessen letzte Antwort musste in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Taten seines Bruders stehen, als dieser sich an der Leiche zu schaffen gemacht hatte. Hätte Harry Ruhe gehabt und wäre er normal in Form gewesen, hätte er möglicherweise die Lösung finden können, aber beides war bei ihm nicht der Fall. So musste er sich mit dem zufrieden geben, was er erfahren hatte.
Anton drückte ihm die Waffenmündung gegen das Kinn. »Wir werden diesen Raum jetzt verlassen und in einen anderen Bereich hineingehen. Dort sehen wir dann weiter.«
Harry stellte keine Frage. Er würde später selbst sehen, was man mit ihm vorhatte.
Anton Kelo hatte nichts dagegen, dass Harry Stahl den Raum verließ. Rechts ging es zur Tür. Er aber musste sich nach links wenden und den Gang durchgehen, an dessen Ende tatsächlich das Geschäft lag, in dem die Tiere verkauft wurden.
Je näher er kam, desto starker wurde der Geruch. Wer immer am Tage hierher kam, um einzukaufen, er würde es sicherlich in einem anderen Licht tun als in dieser diffusen Dämmerung.
Es war die Nachtbeleuchtung, die alles sichtbar und trotzdem verschwommen machte. Da floss das Licht über die Käfige hinweg, in denen die exotischen Vögel hockten und schliefen. Es breitete sich auch über die kleinen Gehege aus, in denen die Meerschweinchen und Hamster auf Käufer warteten.
An den Wänden stand ein Aquarium neben dem anderen. Sie alle waren schwach beleuchtet, und zwischen den Pflanzen im Wasser bewegten sich die schmalen Körper der Fische mit einer perfekten Grazie. Das leise Summen der Pumpen war zu hören. Hin und wieder auch ein Gluckern, und dieser Verkaufsraum wurde auch von mehreren Gängen durchzogen.
Nicht alle Tiere, schliefen. Hin und wieder hörte Harry ungewöhnliche Laute, die er beim besten Willen nicht einordnen konnte.
Von Boris Kelo sah er nichts. Er hielt sich überhaupt nicht in diesem Verkaufsraum auf, sondern in einem daneben liegenden.
Er war durch eine Schiebetür zu betreten, die jetzt offen stand. Harry staunte, als er den zweiten Verkaufsraum sah, der größer war als der erste.
Wer hier als Käufer eintrat, interessierte sich für die exotischen Tiere. Es waren zumeist Schlangen, die in den Terrarien lagen. In der herrschenden Schwüle begann Harry sofort zu schwitzen.
Die unterschiedlich großen Terrarien standen auf hohen Tischen, die von Eisenstäben gehalten wurden. In diesem mageren Licht war nicht viel zu erkennen, aber Harry sah auch große Schildkröten, die sich zur Ruhe gebettet hatten, auf Steinen oder halb im Sand versteckt lagen.
Im Hintergrund des Raumes, wo am wenigsten Licht hindrang, wartete Boris Kelo. Er stand dort wie ein Leibwächter und bewegte sich nicht von der Stelle.
»Geh zu meinem Bruder!« flüsterte Anton, bevor er die Waffe gegen Harrys Nacken stieß.
Harry räusperte sich. »Und was ist dann?«
»Geh einfach nur hin.«
Schritt für Schritt näherte sich Stahl dem Ziel. Dort war das Ende, aber würde er an dieser Stelle auch sein Ende finden? Er konnte es noch nicht sagen, aber sein ungutes Gefühl verstärkte sich und verwandelte sich in Angst.
Boris Kelo stand mit dem Rücken zur Wand. Das erkannte Harry, und er sah noch mehr. Neben ihm stand das größte Terrarium, das besser in einen Zoo gepasst hätte als hierher.
Harry verkrampfte seine Hände zu Fäusten. Den Beweis hatte er nicht bekommen, aber er wusste, dass dieses große gläserne Gefäß etwas mit ihm zu tun hatte.
Einen Schritt davor musste er anhalten.
Boris glotzte ihn aus stumpfen Augen an. Sie wirkten in der Dunkelheit noch kälter und lebloser.
Hinter ihm lachte Anton leise, bevor er eine Erklärung abgab. »Das ist unser Ziel, Bulle.«
»Wieso?«
»Stell dich nicht dumm an. Das Terrarium. Du wirst dort hineinsteigen und für die nächsten Stunden dort hocken. Ich denke schon, dass du auch Gesellschaft bekommen wirst. Einen kleinen Vorgeschmack haben wir dir durch die Schlange schon gegeben. Es gibt wirklich hier noch andere Tierchen, die uns Spaß machen, wenn sie mit dir zusammen sind. Das wird wirklich eine Freude werden. Aber so ist das nun mal, wenn man zu neugierig ist, Harry.«
Stahl sagte nichts. Innerlich schalt er sich einen Idioten, dass er sich so in die
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