1276 - Spielplatz der Hölle
Falle hatte locken lassen. Er hätte nur einige Stunden zu warten brauchen, dann wäre Hilfe aus London gekommen. So aber stand er kurz davor, einen Albtraum zu erleben.
Das Terrarium mit seinen dicken Glaswänden war wirklich groß genug, um einen Menschen aufzunehmen. Er konnte sogar normal darin sitzen, nur stehen war nicht möglich.
Anton Kelo klopfte Harry leicht auf die Schulter. »Deine Zeit ist gekommen. Steig ein. Der Spielplatz der Hölle ist für dich gerichtet, und er wird von meinem Bruder bewacht.«
»Nein, ich… ahhh…« Der Schrei drang deshalb aus Harrys Mund, weil Anton mit der Waffe gegen seine linke Wange geschlagen hatte. »Du solltest dich wirklich nicht weigern.«
»Ja, schon gut…«
Der niedrige Tisch, auf dem das viereckige Gefäß stand, war größer. So gab es eine freie Kante, auf die Harry seinen Fuß setzen konnte und als Einstiegshilfe benötigte, um in das große Gefäß zu steigen.
Auf dem Boden verteilten sich Sand und Steine. Im Moment sah Harry kein Tier, doch das konnte sich schnell ändern. Vielleicht hatten sich Skorpione im Sand versteckt, die nur darauf warteten, ihren Stachel tief in sein Fleisch zu drücken.
Von zwei Seiten glotzten die Brüder in das Gefäß. Das Glas sorgte für eine leichte Verzerrung der Gesichter, die Harry wie Höllenfratzen vorkamen.
Boris holte den Deckel. Es war eine schwere Glasplatte, die auf das Unterteil gelegt wurde und an der Außenseite vier Schnappverschlüsse besaß, die sie festhielt.
Es machte den Brüdern Spaß, sie zu sperren.
Dieses Terrarium war so etwas wie ein gläserner Sarg, allerdings in der oberen Scheibe mit einigen Luftlöchern versehen, sodass er auch bei längerer Gefangennahme nicht in Gefahr lief, zu ersticken, und die stand ihm sicherlich bevor, denn mit ihm hatten sich die Kelo-Brüder einen verdammten Trumpf geholt.
Anton klopfte gegen die Scheibe. Als Harry den Kopf drehte, begann er zu grinsen.
»Wie geht es dir?«
»Fahr zur Hölle!«
Anton lachte, und in das Lachen hinein meldete sich mit einem schrillen Klingeln das Telefon…
***
Dagmar Hansen hoffte, dass sie das Richtige getan hatte, aber darauf schwören wollte sie nicht. Sie hatte einfach nur etwas tun müssen. Untätig zu warten, entsprach nicht ihrem Naturell. Sie ärgerte sich selbst darüber, dass ihre Hand mit dem Handy darin zitterte, aber sie war eben nicht Supergirl, sondern ein Mensch mit vielen Schwächen und auch Ängsten.
Gerda Koch beobachtete sie, sagte aber nichts. Sie hatte die Hände in den Schoß gelegt, und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie Dagmar die Daumen drückte.
Günther Koch schlief noch immer und schnarchte selig vor sich hin.
Der Ruf ging durch.
Kein Anrufbeantworter war eingeschaltet. Dagmar hoffte nur, dass jemand da war und abhob, obwohl sie nicht wusste, was sie dann alles sagen sollte.
Es hob jemand ab. Sie hörte die raue Stimme, die etwas lauernd klang. »Ja, was ist?«
Dagmar schrak zusammen. Sie war jetzt wirklich überrascht, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass sich jemand melden würde. Aber war das Boris, der Zombie?
»He, was ist los?«
Die Frau mit den naturroten Haaren räusperte sich. »Spreche ich mit Boris Kelo?«
»Wer will das wissen?«
»Eine Bekannte.«
»Boris hat keine Bekannten. Und verarschen kann ich mich alleine, Süße.« Ende, Schluss, aufgelegt.
Dagmar saß auf ihrem Hocker und starrte ins Leere. Gerda Koch wollte sie ansprechen, doch dann sah sie den Ausdruck im Gesicht der Frau und nahm davon Abstand.
Wer war dieser Mann, dem die Stimme gehörte?
Dagmar wusste es nicht. Sie überlegte hin und her. Dabei stellte sie sich Boris in der Pathologie vor, und sie ging davon aus, dass er ein Zombie war.
Sprachen so lebende Tote?
Das wollte sie nicht akzeptieren. Dieser Unbekannte hatte völlig normal gesprochen, als wäre mit ihm nichts passiert und würde er ein normales Leben führen.
»Das war niemals Boris Kelo!« flüsterte sie.
»Was sagten Sie, Frau Hansen?«
Dagmar winkte ab. »Ach, schon gut. Ich bin nur überrascht.«
»Geht es denn um Ihren Partner?«
»Letztendlich schon.«
»Aber mit ihm haben Sie nicht gesprochen?«
»Natürlich nicht. Es ist ein fremder Mann gewesen. Dass er sich gemeldet hat, beweist mir, dass sich noch jemand in der Tierhandlung befindet. Ob Boris oder wer auch immer. Es gibt da einen Typen, und der hat mich verdammt neugierig gemacht.«
Gerda Koch stand auf. Es war ihr nicht wohl dabei, das sah Dagmar ihr an. Verlegen
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