1277 - Nachricht aus Gruelfin
bringen können?" erkundigte sich Jertaime.
„Ich denke, sie schaffen es", antwortete Kendamonh und nahm sie in die Arme. „Aber du solltest dich jetzt erst einmal ausruhen. Seit zwei Tagen bist du nun schon ununterbrochen auf den Beinen und hast für die Chamyros mehr getan, als sie jemals selbst für sich getan haben. Du hast dir eine Ruhepause verdient."
Jertaime winkte mit mattem Lächeln ab.
„Laß nur, mein Junge!" entgegnete sie. „Dein Vater und ich haben früher viel länger auf Schlaf und Ruhepausen verzichtet, als wir noch die Möglichkeit besaßen, um die Realisierung von Ovarons Vermächtnis zu kämpfen. Wenn wir zwei nur diesen Kampf wiederaufnehmen könnten! Ovarons Vermächtnis darf nicht in Vergessenheit geraten!
Niemals! Hörst du, mein Junge?"
Kendamonh streichelte zärtlich ihr ergrautes Haar.
„Ich weiß ja, Mutter", sagte er beruhigend. „Aber wir können gar nichts tun, solange wir auf Cham festsitzen. Wir wissen ja noch nicht einmal richtig, was draußen in Gruelfin geschieht. Die paar bruchstückhaften Notrufe, die wir mit dem Dakkarkom aufgefangen haben, konnten uns keine klare Vorstellung der Lage vermitteln."
„Immerhin erfuhren wir durch sie, daß die Welten Gruelfins in Aufruhr sind und daß ein furchtbarer Krieg das vom Reich zerstört, was nach dem Krieg zwischen dem Reich und den Wesakenos übriggeblieben war!" entgegnete Jertaime heftig.
„Wir werden das Reich wiederaufbauen!" versicherte ihr Kendamonh. „Ja, ich weiß, solange wir auf Cham isoliert sind, können wir nichts tun. Aber wir werden nicht isoliert bleiben. Onkel Hatelmonh hat versprochen, daß er wiederkommt und uns in die Zivilisation zurückbringt" Seine Augen leuchteten auf. „Die Zivilisation, Mutter! Städte, Fabriken, Raumschiffe! Ich kann mich noch sehr gut an all das erinnern - und wir werden es wiedersehen!"
Das, was dann noch davon übrig ist! dachte Jertaime bitter. Aber sie sprach es nicht aus, denn ein Cappin in Kendamonhs Alter konnte ebenso leicht mutlos gemacht werden wie zuversichtlich.
„Komm!" sagte sie statt dessen. „Laß uns dafür sorgen, daß Hatelmonh nicht von uns enttäuscht ist, wenn er kommt! Helfen wir den Chamyros, den Grundstock ihrer Zivilisation über die Zeit der Flut zu retten!"
*
Die gelbe Sonne wurde kleiner, die Flut ging zurück, und das Wasser erstarrte unter dem neuen Ansturm der Kälte.
Mit dem Grundstock der alten Zivilisation wurde die neue Zivilisation der Chamyros aufgebaut. Ein Stamm, der in den alten Atavismus zurückfiel und einen Eroberungskrieg versuchte, wurde von den anderen Stämmen ausgelöscht. Danach herrschte wieder Frieden.
Jertaime und Kendamonh warteten weiter.
Ein Dreivierteljahr verging.
Aber es war ein Dreivierteljahr nach Chamscher Planetenzeit - und das entsprach rund 72 der Standardjahre, wie sie einst von Ovaron eingeführt worden waren und für alle Cappins galten (neben den individuellen Planetenzeiten selbstverständlich).
Nach dieser Standardzeit war Kendamonh 96 Jahre alt, als das Schiff aus dem Sternenmeer kam und auf dem Eis landete.
Es war ein eiförmiges Raumschiff wie alle Raumschiffe der technisch hochentwickelten Cappin-Welten, aber es war relativ klein. Die automatische Ortung der Fluchtstation, die integrierter Teil der Universität war, erfaßte das Objekt und gab Alarm.
Kendamonh vergewisserte sich anhand der Ortungsaufzeichnungen, daß es sich um ein Raumschiff handelte. Er bestimmte den Koordinatenpunkt, auf dem es niedergegangen war, dann weckte er seine Mutter und teilte ihr die Neuigkeiten mit.
Jertaime war während der letzten Jahre immer gebrechlicher und kraftloser geworden und verschlief oft den halben Tag. Das Alter forderte seinen Tribut von ihr. Aber als Kendamonh ihr Meldung erstattete, war sie hellwach und so aufgeregt, wie er sie seit mindestens dreißig Standardjahren nicht mehr gesehen hatte. Er mußte mit sanfter Gewalt verhindern, daß sie ohne Schutzkleidung in die Eiseskälte und den Schneesturm hinauslief.
Als sie schließlich begriffen hatte, worauf es ankam, brauchte sie dennoch mehr als eine Stunde, um fertig zu werden. Kendamonh half ihr abwechselnd dabei und überprüfte den Gleiter (den einzigen, der mit den unzulänglichen Mitteln auf Cham im Verlauf von rund 60 Jahren hatte gebaut werden können).
Kendamonh hatte seine Mutter gerade in das Fahrzeug gehoben, da landete ein anderer Gleiter im relativ schnee- und eisfreien Innenhof der Universität.
Zuerst entstieg ihm
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