1278 - Der Elfahder
keine Zeit mehr gefunden, das Schirmfeld zu aktivieren. Um ihn herum bewegten sich die gewaltigen Fleischmassen des Gegners. Es war finster geworden, und doch glaubte er, eine Öffnung so groß wie der Ausgang einer Höhle auf sich zukommen zu sehen: das Maul des Ungeheuers, das Demeno Kais fruchtbarer Phantasie entsprungen war.
Er verfluchte insgeheim den Leichtsinn, der ihn dazu bewogen hatte, sich auf dieses Experiment einzulassen. Wie sollte er mit den Armen winken, wenn der riesige Rochen ihn zu Boden drückte? Es blieb ihm nur noch ein einziger Ausweg.
Er öffnete die Schleuse am Bein des Panzers und ließ seine Körpersubstanz nach draußen fließen. Wie ein dünner Film rann sie über den grasigen Untergrund, viel zu fein, als daß die ruckartigen Bewegungen des Fleischbergs ihr etwas hätten anhaben können.
Mit aller Geschwindigkeit, die ihm zu Gebot stand, floß Volcayr beiseite. Nach ein paar Sekunden hatte er freies Gelände erreicht. Er bildete zwei Augenfäden und sah die Lichter der Sterne über sich. Er sah freilich auch den konvulsivisch zuckenden Riesenkörper, der sich anschickte, seinen Panzer zu verschlingen.
Der psionische Kontakt funktionierte auf Anhieb. Die Rüstung war noch intakt. Volcayr gab die entsprechenden Befehle. Im Geist sah er, wie die Stacheln auf dem Rücken des Panzers sich aufrichteten. Jetzt feuerten sie. Es gab einen dumpfen, blaffenden Knall.
Gelbe Feuerlohe schoß oben aus dem Leib des Ungeheuers. Die Bewegungen des Riesenleibs wurden noch hektischer. Der Rochen bäumte sich auf. Stinkender Qualm füllte das Tal.
Die Waffen des Panzers fuhren fort, sich zu entladen. Die Bewegungen der Bestie verloren an Kraft. Dort, wo die Mitte ihres Körpers gewesen war, gähnte ein Loch mit verkrusteten Rändern, aus dem übelriechender Rauch aufstieg. Volcayr sah gelassen zu, wie die Vernichtung des Riesenkörpers fortschritt. Er fragte sich, was Demeno Kai in diesen Augenblicken empfand. Der Ophaler wußte nicht, wie ein Elfahder beschaffen war.
Er hatte damit rechnen müssen, daß der Überfall des Ungeheuers für den Angegriffenen tödlich war. Was wäre geworden, wenn er mit seinem Experiment, wie er es nannte, Volcayr umgebracht hätte - ausgerechnet jenen Kämpfer, auf den Graucum im Zusammenhang mit dem kommenden Spiel des Lebens so große Stücke setzte? Hätte er sich auf einen Betriebsunfall hinausreden können? Oder gab es einen Mechanismus, mit dem sich die tödliche Gefahr im letzten Augenblick abwenden ließ? Volcayr wußte es nicht, aber er nahm sich vor, dem Planform-Architekten nicht so bald wieder auf derart leichtsinnige Weise zu vertrauen.
Die Energiestrahlen des Panzers hatten den Riesenleib inzwischen zu zwei Dritteln zerstört. Die Bestie bewegte sich nicht mehr. Volcayr ließ die psionischen Sensoren spielen und nahm Verbindung mit der Rüstung auf. Er befahl ihr, den Beschuß einzustellen und sich unter dem Körper des Rochens hervorzuarbeiten. Die Anweisung wurde sofort befolgt. Am Rand der leblosen Haut- und Fleischmasse kam der gelblich schimmernde Panzer zum Vorschein. Er glänzte wie poliert. Nicht eine Spur von Schmutz war auf der blanken Oberfläche zu erkennen.
Volcayr floß durch die Beinschleuse ins Innere der Rüstung. Er vergewisserte sich, daß das komplizierte Gerät durch die Begegnung mit dem Ungeheuer keinen Schaden erlitten hatte. Während er damit beschäftigt war, geschah etwas, wodurch seine Aufmerksamkeit vorübergehend abgelenkt wurde. Ein deutlich spürbarer Ruck fuhr durch den Boden des Tales. Als Volcayr aufsah, waren die körperlichen Überreste des Gigantrochens verschwunden. Sie hatten sich spurlos aufgelöst, waren ins Nichts entmaterialisiert.
Demeno Kai hatte die Projektion ausgeschaltet. Keine Spur des erbitterten Kampfes, der hier vor Minuten noch getobt hatte, war mehr zu sehen. Die Fährte, die der Elfahder im Gras hinterlassen hatte, war deutlich ausgeprägt. Aber dort, wo das Ungeheuer gelegen hatte, standen die Halme ungebeugt.
Volcayr schickte sich an, das Signal zu geben. Er hatte genug von Demeno Kais Experiment. Aber bevor er dazu kam, bemerkte er Bewegung am Rand des Gesichtsfelds.
Er wandte sich ein wenig zur Seite und erblickte am Fuß des Hügels, dessen Hang sich jetzt als aus nacktem Fels bestehend entpuppte, den breiten, portalähnlichen Eingang einer Höhle. Aus dem Hintergrund der Höhle war eine Gestalt hervorgetreten. Das war die Bewegung, die Volcayr wahrgenommen hatte.
Die Gestalt - humanoid,
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