1280 - Meister der Intrige
vorbeigegangen ist. Kein Terraner, der sich nicht als Galaktiker fühlt! Kein Kosmopolit, der nicht terranisch denkt. Mit anderen Worten heißt das auch, daß jeder denkende Terraner für eine Abkehr von den Kosmokraten sein muß. Als Bewohner dieses Universums müssen wir auf Distanz zu allen übergeordneten Mächten bleiben. Wir müssen den Weg zwischen den Chaotarchen und den Kosmokraten gehen. Den dritten Weg! Diesen dritten Weg müssen wir aber auch unabhängig und unbeeinflußt von außergalaktischen Machtblöcken gehen. Und ich meine damit, daß wir, alle Milchstraßenvölker, uns nicht der Philosophie von ESTARTU unterordnen dürfen. Der dritte Weg, ja. Aber ohne Sotho Tal Ker! Ohne Stalker und ohne ESTARTU!"
Sheela wollte gerade auf die problematische Haltung der Kosmischen Hanse überleiten, als im Publikum eine Frau aufstand und sich zu Wort meldete.
„Ich heiße Lina Maron, meine Personalien sind im Terminal gespeichert", sagte sie. „Ich habe nur eine Frage an dich, Bürgerin Rogard. Kannst du das Gerücht, daß du in enger Beziehung zum Herrn der Elemente gestanden hast, entkräften?"
Danach herrschte gespannte Stille im Auditorium, und Sheela merkte, daß es diese Frage war, die die Anwesenden bisher beschäftigt hatte, die sie aus irgendwelchen Gründen, aus Skepsis oder Höflichkeit, nicht zu stellen gewagt hatten.
„Über den Wert von Gerüchten könnten wir eine eigene Sendung machen, Bürgerin Maron", sagte Sheela lahm. „Aber ich kann dir versichern, daß mir der Herr der Elemente nie vorgestellt wurde. Und daß ich ebenso wenig eine Kollaborateurin bin wie du oder..."
Krohn Meysenhart blendete den Ton aus und das vorbereitete Schlußspektakel ein.
Keith Dureil meldete sich abschließend und bedauerte, daß die Sendezeit abgelaufen sei.
Aber er versprach die Fortsetzung der Diskussion, wenn es wieder hieß: WIR KOSMOPOLITEN - LIVE.
*
Keith Durell berief gleich nach der Sendung eine Krisensitzung ein. Krohn Meysenhart wurde als Medienfachmann zugelassen, besaß jedoch kein Stimmrecht. Mailer war geschäftlich verhindert, so daß Sheela fürchten mußte, ohne Unterstützung zu sein.
„Ich weiß selbst nicht, was los ist", bekannte Keith Durell. „Aber plötzlich treten von allen Seiten alle möglichen Leute an mich heran und erkundigen sich nach dir, Sheela. ,Was stimmt mit der Rogard nicht?’ wollen sie wissen. Was hat sie ausgefressen? Okay, mir ist schon klar, daß das eine gesteuerte Aktion ist. Aber, du weißt schon, was die Leute denken, Sheela, kein Rauch ohne Feuer. Und, wenn du meine ehrliche Antwort wissen willst, du hast während der ganzen Sendung recht schuldbewußt gewirkt. So kenne ich dich nicht, so kennt dich niemand. Also, was stimmt nicht mit dir?"
„Bis gestern Abend war alles mit mir in Ordnung", sagte sie und legte Keith die Aufzeichnung der anonymen Anrufe vor. Er spielte sie ab und bekam dabei einen Tobsuchtsanfall.
„Warum, um alles im Universum, hast du uns nicht darüber informiert, Sheela?" schrie er sie an.
„Ich dachte, das sei meine persönliche Angelegenheit", antwortete sie verkniffen.
„Und ich dachte, du seist für alle Terraner und das Galaktikum da!"
rief er verzweifelt. „Das könnte uns das Genick brechen. Wir müssen uns was einfallen lassen. Am besten wäre eine Gegendarstellung in einer großangelegten Kampagne. Aber das hieße, daß wir dein ganzes Leben, von deinem Geburtsschrei bis heute, lückenlos aufrollen müssen, Sheela. Krohn, denke du schon darüber nach, wie sich das am wirkungsvollsten darstellen läßt."
„Zuerst möchte ich hören, wie Sheela dazu steht", sagte der Medien-Kapo. „Ich entdecke einen Zug in ihrem Gesicht, der mir gar nicht gefällt. Ist's so etwas wie Schuldbewußtsein, Sheela?"
„An den Beschuldigungen ist doch nicht etwas dran?" fragte Keith ungläubig.
„Es ist die Wahrheit", sagte Sheela, nun ganz ruhig. „Nur total verdreht. Ich hatte tatsächlich mit dem Herrn der Elemente zu tun. Ich habe ihn geliebt."
Keith Durell ließ sich kraftlos in einen Sitz sinken. Sein schwerer Atem war in der Stille deutlich zu hören. Niemand wagte sich zu bewegen, alle machten betroffene Gesichter.
Nur Krohn Meysenhart wirkte abwesend. Und Sheela lächelte.
„Ich habe nicht einen Chaotarchen geliebt", sagte sie ruhig. „Meine Liebe galt dem Mann, zu dem ihn die Devolution gemacht hat. Ich brauche mich dessen nicht zu schämen. Soll ich euch die Geschichte erzählen?"
Und Sheela erzählte. Sie
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