1280 - Meister der Intrige
einer Antwort zu drücken. Egal, worum es dabei geht, antworte stets mit Parolen aus dem Parteiprogramm. Das sind alles Hyänen, die es als Sport ansehen, dich in Stücke zu reißen."
„Ich bin dialektisch sattelfest genug", sagte Sheela.
„Gibt es irgend etwas?" fragte Meysenhart.
„Was sollte es geben?"
„Dann ist ja alles in Ordnung."
Knapp vor der Sendung nahm sie Keith Durell, der Vorsitzende der Kosmopoliten, beiseite.
„Sollen wir die Show abblasen, Sheela?" erkundigte er sich. „Du wirkst mir etwas blaß um die Nase."
„Das macht nur das Olivgrün meiner Haare", erwiderte sie. Aber sie fragte sich, ob Keith einen bestimmten Grund für eine Absage der Show hatte. Sie hätte ihn danach fragen wollen, aber dann kam das Sendezeichen, und sie mußte sich den „Hyänen" stellen.
Sheela hatte von Beginn an das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte. Ihr war, als hätten sich die Versammelten gegen sie verschworen, wollten ihre Feindseligkeit aber nicht offen zeigen. Sheela empfand die Atmosphäre in zunehmendem Maß als unheilvoll.
Die Fragesteller brachten immer wieder „gewisse Gerüchte" zur Sprache, erkundigten sich nach den Ursachen „der parteiinternen Konflikte" und drangen immer tiefer in Sheelas Privatsphäre und in ihre Vergangenheit vor.
Anfangs konnte Meysenhart die brenzligen Situationen noch durch Showeinlagen überbrücken und gab ihr so die Möglichkeit, auf das eigentliche Thema einzuschwenken.
Sheela hatte sich vorgenommen, an diesem Tag einen Punkt des Parteiprogramms besonders hervorzuheben. Die Kosmopoliten nannten es eine „lebendige und progressive demokratische Bürgerbeteiligung an der terranischen Politik".
Wenn Sheela gewählt werden sollte, so wollte sie auf die Berufung ständiger Minister, beziehungsweise Terranischer Räte verzichten. Die Tagesgeschäfte sollten von der lunaren Hyperinpotronik NATHAN abgewickelt werden, natürlich unter Hinzuziehung eines Teams von Fachleuten ohne politische Funktion und ohne Parteizugehörigkeit. Wichtige Entscheidungen dagegen sollten von der terranischen Bevölkerung in direkter Abstimmung getroffen werden.
Dies war eine der revolutionären Ideen der Kosmopoliten, mit denen Sheela die Gunst der Terraner erobert hatte. Aber an diesem Tag, das spürte sie ganz deutlich, ging der zündende Funke ins Leere.
Ihre Zuhörer und Interviewer interessierte nicht die Politik der Kosmopoliten, sie konzentrierten sich auf ihre Person. Sie zerpflückten ihren Lebenslauf, ihr Gefühlsleben und wollten stets ihre persönliche Meinung zu diesem und jenem wissen. Das war gar kein so ungewöhnlicher Vorgang, aber Sheela spürte, daß dahinter Methode steckte.
„Bürgerin Rogard, wie stehst du zu den Kosmokraten?"
„Welchen Draht hast du zu ES?"
„Was bedeutet die Aktivierung des Chronofossils Terra für dich? Hattest du starkes Sternweh? Oder überwog bei dir das Gefühl, Galaktikerin zu sein?"
Die letzte Frage war gestellt, um Sheela Gelegenheit zu einer Profilierungsantwort zu geben. Sie erkannte in dem Fragesteller einen ihrer Mitarbeiter, und sie fragte sich, ob es wirklich so schlecht um sie stand, daß Keith Dureil ihr diesen Strohhalm reichen mußte.
„Was empfindest du für die Chaotarchen, Bürgerin Rogard?"
„Wie erging es dir während der Invasion der Sat-Technos? Es heißt, daß manche Terraner gewisse Privilegien des Dekalogs genossen haben. Gehörtest du dazu?"
„Manche bezweifeln, daß der Herr der Elemente wirklich tot ist. Inoffiziellen Meldungen zufolge hat der terranische Sicherheitsdienst in den letzten sechs Monaten sieben weitere Scheinexistenzen des Herrn der Elemente aufgedeckt. So gesehen, kann man sagen, daß die Mächte des Chaos unter uns weiterwirken. Und es stellt sich die Frage, wer alles noch unter ihrem Einfluß steht. Was werden die Kosmopoliten zur Aufdeckung möglicher Scheinexistenzen unternehmen?"
Meysenharts Showeinlagen retteten Sheela über die Runden, und ihre Berater nutzten die Pausen, um ihr die Marschrichtung für die nächste Runde vorzugeben. Keith Dureil riet ihr, die Exhibition vorzeitig abzubrechen, aber davon wollte Sheela nichts wissen. Sie hatte ohnehin nur noch zehn Minuten zu überstehen.
Die wollte sie durch eine Zusammenfassung überbrücken.
„Die terranische Politik muß sich an den galaktischen Gegebenheiten orientieren, muß sich den Interessen des Galaktikums unterordnen. Es sollte eigentlich keinen Terraner geben, an dem die Aktivierung des Chronofossils spurlos
Weitere Kostenlose Bücher