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1284 - Am Paß der Icana

Titel: 1284 - Am Paß der Icana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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durchzogene Ebene bedeckte und eine glitzernde Stadt sich auf einer von der Schleife eines Flusses gebildeten Halbinsel erhob.
    Er vergaß, wer er war. Staunend, als erlebe er ein Wunder, sah er die Stadt auf sich zukommen. Ein Gebäude rückte in den Mittelpunkt seines Blickfelds: Ein mit Statuen geschmückter und mit zahlreichen Farben dekorierter Quader, der sich auf einer Stumpfpyramide erhob, an deren vier Seiten steile Treppenfluchten emporführten.
    Huasqa kam, dem Ruf seines Fürsten folgend...
     
    *
     
    Brütend lag die Hitze über der großen Stadt. Aber im Innern des Palastes war es dämmrig und kühl. Ebhinor saß auf dem Thron aus schimmernder Jade. Er hatte sich vornüber gebeugt, einen Ellbogen auf das Knie und das Kinn in die Hand gestützt. Er war älter geworden, seit Huasqa ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Vor drei Kopak-Ernten war das gewesen - damals, als sie die frechen Panieli das erstemal vertrieben.
    Noch einer stand vor dem Jade-Thron, von Ebhinor gerufen: Manku, der Jäger. Huasqa hätte ihn gern begrüßt, aber in der Gegenwart des Herrschers stand er starr, den Kopf leicht geneigt, und wartete darauf, daß Ebhinor zu sprechen begann. Es freute ihn, daß Manku anwesend war. Denn das bedeutete, daß der Fürst ihnen gemeinsam einen Auftrag erteilen würde. Das Kämpferpaar Huasqa/Manku hatte im Reich Atahau von sich reden gemacht. Außer Naturgewalten gab es nichts, was ihm zu widerstehen vermochte.
    „Die Panieli erheben ihr häßliches Haupt von neuem", begann Ebhinor. „Am nördlichen Vorgebirge sah man ihre Schiffe vor zwei Tagen vorbeiziehen. Fackelsignale trugen die Nachricht nach Ma Lua. Ich nehme an, daß Belisar an derselben Stelle zu landen beabsichtigt, wie beim letzten Mal. Es gibt keinen günstigeren Landeort.
    Diesmal kommt der Panieli mit einer größeren Streitmacht, mit mehr Waffen und Gerät.
    Wir kennen sein Ziel. Er will die Stadt Ma Lua und damit die Herrschaft über das Land Atahau. Um die Stadt zu erreichen, muß er das Gebirge überqueren. Im Gebirge wird die entscheidende Schlacht stattfinden. Zwischen den Bergen entscheidet sich, ob der Herrscher von Atahau Ebhinor oder Belisar heißt.
    Die Panieli sind beweglich. Ich dagegen brauche noch ein paar Tage, um das Heer zu sammeln. Es ist wichtig, daß wir unsere Positionen in den Bergen sichern, bevor Belisar dort eintrifft. Für diese Aufgabe habe ich euch ausersehen, ihr Tapferen. Dreihundert Krieger warten darauf, von euch ins Gebirge geführt zu werden. Ich habe die kräftigsten, ausdauerndsten und schnellsten Läufer ausgesucht. Wenn ihr euch nicht schont, wird es euch gelingen, das Gebirge vor den Panieli zu erreichen.
    Ich brauche euch nicht zu sagen, worum es geht. Die Berge beherrscht, wer den Sacsamarca-Paß in der Hand hat. Eure Aufgabe, Manku und Huasqa, ist es, den Paß zu besetzen und zu halten, bis die Masse des Heeres eintrifft. Bereitet Stellungen vor, von denen aus meine Krieger die Panieli angreifen können. Stellungen hoch in den Felswänden, von Westen her leicht zugänglich. Positionen, die außerhalb der Reichweite der feindlichen Donnerrohre liegen. Wenn euch das gelingt, dann haben wir eine Chance, Belisar zu schlagen."
    Die Stimme des Herrschers wirkte sorgenvoll. Huasqa stutzte. War die Lage wirklich so bedrohlich? Er wagte es, den Kopf zu wenden und Manku anzusehen. Ein feines Lächeln huschte über das pockennarbige Gesicht des Freundes. Es schien auszudrücken: Ebhinor sorgt sich umsonst; wir werden den Panieli heimleuchten, daß sie das Wiederkommen ein für allemal vergessen.
    Manku war in einfaches, graues Leder gekleidet. Die breiten Füße staken in Schnürsandalen. Um den Leib hatte der Jäger als Gürtel die Haut einer Schlange gewunden. Darinnen steckte der gefürchtete Bronzedolch, mit dem Manku umzugehen verstand wie kein anderer. Eine einzige Feder zierte des Jägers Haar, aus dem Gefieder des Kliffadlers, der nur dem Kühnsten zur Beute wurde. Einfachheit und Schmucklosigkeit waren Mankus äußere Merkmale, und doch gab es keinen tapfereren, keinen erfahreneren Waffenträger als ihn. Drei Monde lang hatte er droben am Quellwasser des Huancaray gelegen und mit den Sumpfpocken und dem Tod gerungen. Seine kräftige Natur hatte die Gefahr gebannt. Zum Skelett abgemagert, das Gesicht von den häßlichen Narben der Krankheit gezeichnet, war er schließlich wieder zum Vorschein gekommen.
    Seine Miene war ernst, fast starr. Er lächelte selten - wenn er echte Freude empfand oder

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