1284 - Templerehre
nicht aus den Augen gelassen, die jetzt in seiner Reichweite lagen.
Auch Godwin reagierte. Er sprang in die Höhe, rammte dabei den Tisch zur Seite, konnte jedoch nicht verhindern, dass der Rote Mönch zumindest eine Waffe zwischen die Finger bekam.
Der Rote Mönch stach zu.
Sein rechter Arm zuckte immer wieder hoch und nieder. Er würde irgendwann das Ziel treffen. Eine giftige Mixtur schien ihn innerhalb der letzten Sekunden verwandelt zu haben, und dem Templer blieb nur noch eine Möglichkeit offen.
Mitsamt dem Stuhl wuchtete er sich zurück. Er kippte um, landete auf dem Rücken, stieß sich den Kopf, was er aber wegsteckte, und sah den Mönch wieder wie einen verrückten Vogel über sich schweben. Nur besaß der Vogel keinen Schnabel, sondern ein Messer.
Godwin trat ihm in den Leib!
Es war die Fußspitze, die den Roten Mönch erwischt hatte. Plötzlich bekam er keine Luft mehr. Er riss den Mund auf, er röchelte, und so hatte Godwin Gelegenheit, wieder auf die Beine zu kommen.
Auch sein Gegner erholte sich schneller als erwartet. Bei ihm war die Triebfeder der Hass, und so stürzte er mit einer wilden Gewalt auf den Templer zu.
Diesmal waren beide sehr nahe beisammen. Godwin fing den herabsausenden Messerarm dicht am Gelenk ab, und dann war seine Hand wie eine eherne Klammer, die nicht losließ.
In diesen Augenblicken stand der Kampf auf des Messers Schneide. Godwin hatte auch den Hufschlag vergessen, er wollte sich nur seinen Gegner vom Leib schaffen, wie auch immer. In diesen unruhigen Zeiten überlebte wirklich nur der Stärkere.
Godwin wunderte sich über die Kraft, die noch immer in dem Mann steckte. Er hatte schon verloren, aber er bäumte sich noch einmal auf. Er wollte den Tod seines Feindes.
Godwin war jedoch ebenfalls ein Mann, der nicht aufgab. Auch er war in den Kämpfen geschult und gestählt. Er setzte seine gesamte Kraft ein, um den Arm mit dem Messer zurückzudrücken und ihn gleichzeitig zur Seite zu drehen. Er sah auch, wie ihm das gelang. Sein Gegner setzte alles ein, um es zu verhindern. Er keuchte. Er kämpfte. Er schwitzte. Sein Gesicht war von der ungeheuren Anstrengung gezeichnet.
»Nein, nein…«, keuchte der Rote Mönch. »Ich werde dich …«
Ein Knacken unterbrach ihn! Es war innerhalb seines Arms passiert. Dort musste etwas gerissen sein.
Oder auch gebrochen. Eine Sehne, ein Knochen. Jedenfalls war der Widerstand augenblicklich weg.
Zu schnell für Godwin, der es nicht so richtig erfasste und den Druck nicht so leicht stoppen konnte.
Seine Hand glitt weiter nach vorn - und die Klinge traf ihr Ziel.
Godwin hatte es nicht gewollt, aber er konnte es auch nicht zurückhalten. Die Klinge drang zuerst durch die Kutte und dann in den Körper des Mönchs ein.
Der Templer ließ den Griff los, als bestünde er aus heißem Eisen. Seine Hand schnellte zurück. Für einen Moment schaute er in das erstaunte Gesicht des Mannes, der langsam nach hinten kippte. Das Messer steckte in seinem Körper, und die Klinge musste ihm bis ins Herz gedrungen sein, das aufgehört hatte zu schlagen.
Es war vorbei. Als Toter fiel er zurück und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Boden.
Godwin ließ sich nach vorn fallen. Aus seinem Mund drang pfeifend der Atem. Er spürte den eigenen Herzschlag überdeutlich, auch das Zittern konnte er nicht vermeiden, aber er war dem Tod entwischt, und nur das zählte.
Der Rote Mönch lag auf dem Rücken. Blut drang nur sehr wenig aus der Wunde, und auf dem Stoff der roten Kutte war es kaum zu sehen.
Godwin de Salier wollte erst wieder zu sich selbst finden. Er atmete einige Male tief durch. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen, aber die große Spannung fiel auch allmählich von ihm ab.
Er lebte noch. Der Gegner war tot. Wieder einmal hatte er es geschafft. Und doch war das längst nicht das Ende, sondern der Anfang. Er hatte ihm auch gezeigt, mit welchen Feinden er noch zu rechnen hatte. Sie würden alles tun, um ihn fertig zu machen. Nur so konnten sie ihrem verdammten Dämon gerecht werden.
Seine Sorgen waren nicht verschwunden. Godwin wusste, dass es nicht nur um ihn ging. Er dachte auch an seine Männer, die nicht den Schutz der Klostermauern genossen wie er. Er hatte genügend Hinweise erfahren, dass es für die Leute nicht einfach werden würde. Die Roten Mönche waren unterwegs, und er musste davon ausgehen, dass sie irgendwann in eine Falle gerieten. Nicht die Mönche, sondern seine Leute. Er hatte ihnen befohlen, zu warten. Es sollte erst
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