1288 - Das Barbarentor
weigerten, den Kriegerkodex anzuerkennen. Dabei beriefen sie sich auf eine uralte Legende, wonach der in grauer Vorzeit geborene Nationalheld Desotho irgendwann heimkehren und ihnen sagen werde, welche Gebote für sie gesetzliche Gültigkeit hatten. In ihrem „Irrglauben", so das Siegel, gingen die Mlironer so weit, sich lieber an ihre Ideale zu halten und eine Entwicklung zurück zur Primitivität in Kauf zu nehmen, als sich dem Kriegerkodex zu unterwerfen. „Das scheint der ganze Kummer der Somer zu sein", sagte Demeter. Da ist ein standhaftes Volk, das sich weigert, sich dem Kriegerkodex zu unterwerfen. Und das nicht erst seit heute."
Ronald Tekener entfernte sich einige Schritte von den anderen und setzte sich auf einen Stein. Er sah sich' um. Kodexwahrer Dokroed wartete etwa fünfzig Meter von ihm entfernt in einem Gleiter. Er hatte offensichtlich vor, sie in die Stadt zu bringen, zu der eine breite Schneise hinüberführte, Zahlreiche Hochhäuser ragten aus einer üppig grünenden Hügellandschaft empor. Dutzende von vierbeinigen Tieren wechselten über die Schneise. „Die Luft ist angenehm mild", sagte Tekener. „Hier könnte ich es eine Weile aushalten. Ich denke, wir befinden uns auf der südlichen Halbkugel dieses schönen Planeten. Obwohl die Sonne hoch am Himmel stand, waren einige Sterne zu sehen, was kaum verwunderlich war, da sie sich nahe dem galaktischen Zentrum befanden. Die Sterne standen hier sehr dicht.
Ein großer Gleiter, der ausschließlich mit Somern besetzt war, kam von der Stadt herüber. Die Maschine flog an ihnen vorbei, ohne dass einer der Insassen ihnen auch nur einen Blick zugeworfen hätte. Dokroed dagegen fand ausnehmend Beachtung. Tekener beobachtete, dass er grüßend die Arme hob. Der Gleiter verschwand im Heraldischen Tor. Jennifer Thyron setzte sich zu Tekener. Sie zog die Beine hoch an und stützte sich 'mit den Ellenbogen auf den Knien ab. „Alles Somer", sagte sie leise. „Oder hast du einen von den voll integrierten Mlironern gesehen?"
„Du zweifelst daran, dass die Mlironer voll integriert sind?"
„Und ob ich das tue. Glaubst du wirklich, dass sie gleichberechtigt sind?" Sie schüttelte mit einem wissenden Lächeln den Kopf. „Da kommen die Somer hierher, finden ein primitives Volk vor, genauer ein Volk, das auf der untersten Stufe seiner Entwicklung steht. Im Lauf der Jahrtausende führen sie es aus ihrer Primitivität heraus und helfen ihnen, eine Zivilisation nach ihrem Geschmack zu entwickeln. Glaubst du, die Somer könnten jemals vergessen, dass sie die Herren und Lehrmeister waren? Sie selbst sind ja nicht stehen geblieben. Sie haben sich weiterentwickelt. Ganz sicher sind sie davon überzeugt, dass die Mlironer den Vorsprung, den sie haben, niemals einholen können."
„Wahrscheinlich hast du Recht."
„Ganz sicher habe ich Recht, aber es fällt dir schwer, das zuzugeben, was?" Sie blickte ihn lächelnd an. „Überhaupt nicht", lachte er. Kodexwahrer Dokroed kam zu ihnen. Er setzte den Gleiter neben ihnen auf, stieg jedoch nicht aus. „Habt ihr noch Fragen?" erkundigte er sich. „Eine Menge", antwortete Jennifer. „Du könntest uns etwas mehr über diesen Planeten erzählen."
„Gern", erwiderte er. „Mliron ist der innere von zwei Planeten der Sonne Thidda. Entfernung zum galaktischen Zentrum 653 Lichtjahre. Wie ihr bereits bemerkt habt, stehen die Sonnen hier sehr dicht beieinander. Die Nächte sind außerordentlich hell, so dass man außerhalb der Häuser kaum künstliches Licht benötigt.
Mliron hat einen Durchmesser von 14.540 Kilometern. Ein Tag dauert nicht ganz 26 Stunden unserer Zeitrechnung. Die Schwerkraft beträgt 1,2 g.
Auch das ist euch sicherlich schon aufgefallen. Die Achsneigung des Planeten ist sehr gering, so dass es keine ausgeprägten Jahreszeiten gibt. Der Artenreichtum in Fauna und Flora ist beachtlich. Besonders im Äquatorgebiet, das nördlich von uns liegt. Dort oben gibt es auch die am dichtesten besiedelten Gebiete. Von den Mlironern besiedelte Gebiete, meine ich."
„Ach, die Somer. wohnen in den gemäßigten Zonen?" fragte Jennifer. „Ganz recht", bestätigte der Kodexwahrer würdevoll und mit einer gewissen Schärfe in der Stimme. Seine Blicke schienen durch die Terranerin hindurchzugehen. „Die Mlironer lieben die Hitze, während wir es gern etwas milder haben."
„Wozu sind wir hier?" fragte Roi Danton, der mit Demeter herankam. „Das werdet ihr noch rechtzeitig erfahren", erwiderte der Somer. „Zunächst
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