1289 - Desteros Söhne
Mandanten schuldig ist. Wir nahmen nicht in der Nähe des Schreibtisches Platz, sondern in einer kleinen Sitzecke, deren Möbel zwar zierlich aussahen, aber sehr bequem waren.
Kaffee bekam ich auch, und dann schaute mich die Frau auffordernd an. »So, jetzt rücken Sie mal raus mit der Sprache, Mr. Sinclair. Worum geht es denn genau?«
»Sind Sie noch immer die Vermittler von Adoptionen?«, fragte ich und fiel dabei mit der Tür direkt ins Haus.
»Oh«, sagte sie, hob die Arme und winkte ab. »Das ist wirklich sehr lange her.«
»Können Sie sich noch erinnern?«
»Sehr vage nur.«
»Gibt es Akten?«
»Nein, keine Akten mehr. Natürlich sind die Fälle nicht zu den Akten gelegt worden, wir haben schon etwas behalten. Die Unterlagen sind auf Disketten gespeichert worden.«
»Auch die Fälle aus der Anfangszeit?«
»Ich denke doch.«
»Würden Sie so freundlich sein und nachschauen? Mir geht es um den Fall einer Familie Norris, der Ihr Chef ein Kind vermittelt hat. Einen kleinen Jungen, den sie Dave nannten.«
Mrs. Baxter zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich das ohne die Einwilligung meines Chefs darf, Mr. Sinclair…«
»Ich kenne die Regeln. Aber der Fall liegt schon lange zurück. Machen Sie bitte eine Ausnahme.«
»Gut!«, stimmte sie zu. »Aber sollte es Unregelmäßigkeiten geben, werde ich sie nicht auf meine Kappe nehmen.«
»Das brauchen Sie nicht.«
Es gab einen Tresor, der in das Holzpaneel der Wand eingebaut worden war. Mrs. Baxter war eine Vertrauensperson, die auch den Code kannte. Sie öffnete die schwere Tür und suchte in einem bestimmten Kasten herum.
Sie fand die Diskette, hielt sie hoch und schloss die Tresortür wieder. »Ich denke, damit haben wir Erfolg.«
Da sie zum Computer ging, blieb auch ich nicht länger sitzen. Durch die großen Fenster schaute ich nach draußen auf den Hügel von Notting Hill, der bereits eine herbstliche Färbung bekommen hatte.
»Wenn Sie mal kommen möchten, Mr. Sinclair.«
»Gern.«
»Sehr aufschlussreich sind die Informationen nicht. Hier steht nur, an wen das Kind ging und wie hoch die Vermittlungsgebühr gewesen ist. Alles Weitere ging uns ja nichts an.«
»Da haben Sie Recht.«
»Was hatten Sie sich denn vorgestellt?«
Ich wandte meinen Blick vom Schirm ab und hob die Schultern. »Nun ja, ich habe gedacht, dass ich unter Umständen die Namen der echten Eltern herausfinden könnte.«
»Nein«, sagte sie laut und staunend. »Das ist unmöglich. Sie dürfen nicht vergessen, dass es sich um eine Inkognito-Adoption gehandelt hat. Da hätte ich Ihnen die Informationen auf keinen Fall herausgeben dürfen. Da haben Sie Pech gehabt.«
»Ja, das sagen Sie so. Aber ich bin nicht irgendwer. Können Sie sich nicht vorstellen, dass es sich um ein Verbrechen handelt, dem ich nachgehen muss?«
»Das kann ich alles, Mr. Sinclair. Sie hätten trotzdem eine richterliche Genehmigung gebraucht.«
»Das wäre kein Problem gewesen«, murmelte ich und wechselte danach das Thema. »Können Sie sich vielleicht noch an diese Adoption erinnern? Ging alles glatt? Gab es etwas, was Ihnen besonders aufgefallen ist? Ich weiß, dass es lange her ist und dass ich viel verlange, aber es wäre doch möglich, Mrs. Baxter.«
»Zu viel der Ehre, Mr. Sinclair. Aber so gut ist mein Gedächtnis leider auch nicht.«
Ich ließ nicht locker. »Aber überlegen können Sie doch - oder?«
Sie nahm ihre Brille ab und putzte mit einem weichen Tuch die Gläser. »Da sind Sie bei mir nicht an der richtigen Adresse. Außerdem haben wir damals mehrere Adoptionen vermittelt. Das lief über einen Zeitraum von etwa drei Jahren. Aber jetzt, wo sie mich darauf angesprochen haben, fällt mir schon etwas ein.«
»Sehr gut. Und was?«
»Eigentlich hat sich Mr. Price immer nur allein darum gekümmert. Mich hat er außen vor gelassen. Er hat die Aufgabe zudem intensiv wahrgenommen. Sich reingehängt, wie man so schön sagt. Die Verhandlungen wurden zumeist außerhalb der Geschäftszeit geführt. Dabei ging alles legal zu. Es handelte sich auch nicht um Kinder, die aus dem Ausland heimlich hergeschafft worden sind.«
»Aber ein Geheimnis gab es trotzdem?«
Ann Baxter zuckte die Achseln. »Wer weiß. Ich habe nicht nachgefragt, aber ich denke, dass Ihnen Mr. Price da eine bessere Auskunft geben kann. Gehen Sie zu ihm.«
»Wo finde ich ihn?«
»In seiner Wohnung.«
»Die Adresse ist…«
Sie lächelte mich an und deutete mit dem rechten Zeigefinger in die Höhe.
»Wie?« Ich war im Moment
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