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1289 - Desteros Söhne

1289 - Desteros Söhne

Titel: 1289 - Desteros Söhne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mich nach links. Ann Baxter war zu einem Sessel gegangen. Sie hatte sich in das braune Leder hineinfallen lassen, stöhnte und würgte zugleich, während sie die Hände vor ihr Gesicht gepresst hielt.
    Ich ging zu ihr und sprach sie leise an. »Wenn Sie wollen, Mrs. Baxter, verlassen Sie den Raum.«
    »Nein, ich bleibe.«
    »Gut.«
    »Ich werde nicht hinschauen. Gott, ist das schrecklich.«
    Das war es, und ich wollte es nicht extra unterstreichen. Aber ich musste mir den Toten und seine Umgebung anschauen und versuchen, herauszufinden, ob es Selbstmord oder Mord gewesen war.
    Für eine Weile blieb ich in seinem Rücken stehen. Die Füße schwebten etwa brusthoch über dem Boden, denn das Zimmer besaß eine sehr hohe Decke. Rechts neben dem Toten stand schräg eine hölzerne Bücherleiter, auf deren oberster Stufe der Anwalt gestanden haben musste.
    Ich stellte mich vor ihn hin und schaute an ihm hoch. Er bot einen Anblick, der erschreckte. Die Schlinge war auch nicht fachmännisch geknüpft und um seinen Hals befestigt worden. Bis schließlich der Tod eingetreten war, musste er stark gelitten haben.
    Sein Kopf lag etwas schräg nach rechts gedrückt in der Schlinge. Er hatte während der Prozedur noch nach Luft geschnappt. Der Mund stand offen, und ein Teil seiner Zunge hing über die Unterlippe hinweg nach draußen. Auch die Augen waren nach vorn gedrückt worden. Wäre es möglich gewesen, sie wären aus den Höhlen gequollen. So aber blieben sie wie zwei kalte Kugeln an ihren Plätzen.
    Mord oder Selbstmord? So einfach war die Frage nicht zu beantworten. Ich musste die Kollegen alarmieren. Sie würden die Wahrheit herausfinden. Vom ersten Eindruck her, deutete alles auf Selbstmord hin. Der Anwalt war von der Leiter in Richtung Fußboden gesprungen, nachdem er sie durch einen Tritt zur Seite gestoßen hatte.
    Gerrit Price hing mit dem Gesicht zum Fenster hin, als hätte er noch kurz vor seinem Tod nach draußen schauen wollen, um noch einmal das echte Leben zu sehen. Das große Fenster war nicht von einer Gardine bedeckt, und auch ich schaute hinaus und sah die bunten Blätter in den Kronen der Bäume, die an dieser Stelle wuchsen.
    Zwischen dem Toten und dem Fenster stand ein wuchtiger Schreibtisch aus der Jugendstilzeit. Ein Sessel lud den Arbeitenden zum Sitzen ein, und der Computer wirkte auf der Platte deplatziert.
    Er interessierte mich nicht. Mein Blick war auf ein nicht mehr so glattes Stück Papier in DIN-A4-Format gefallen. Es war beschriftet. Nur konnte ich nichts lesen, weil es mit der Schrift nach unten lag.
    Ich fasste es mit den Fingerspitzen an und drehte es herum. Mit der Hand waren nur wenige Zeilen hingekritzelt worden. Halblaut las ich vor. »Die Vergangenheit hat mich eingeholt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Dunkle Seite vergisst nichts. Ich habe Angst und auch nicht die Stärke, mich zu wehren. Deshalb ist es besser, wenn ich aus dem Leben scheide.«
    Mit einer sehr langsamen Bewegung legte ich das Blatt wieder auf seinen Platz zurück. Der Brief war ein weiteres Indiz dafür, das auf einen Selbstmord hindeutete. Ob Mord oder Selbstmord, es war eigentlich gleich, denn dieser Mann würde uns nicht mehr weiterbringen können.
    Ich holte mein Handy hervor und informierte Suko. Der fiel natürlich aus allen Wolken, als er hörte, was hier passiert war. Er versprach, so schnell wie möglich bei mir zu sein. »Soll ich die Kollegen der Mordkommission gleich mitbringen?«
    »Nein, das können wir später noch tun. Komm erst mal. Hier hat sich etwas entwickelt, dessen Ausmaße noch gar nicht abzusehen sind.«
    »Okay, ich fliege.«
    »Nimm ein Taxi. Ich habe einen Wagen hier.« Er bekam noch die Anschrift, dann wandte ich mich wieder an Ann Baxter, die im Sessel saß und leise vor sich hinweinte.
    Was wusste sie? Möglicherweise mehr, als sie mir gesagt hatte? Schließlich war sie die Vertraute des Anwalts gewesen und bestimmt gut informiert.
    Ich holte mir einen Stuhl und setzte mich ihr gegenüber hin. Sie schneuzte ihre Nase und tupfte die Augen trocken. Die Brille lag auf ihren Knien. Sie hob sie an und setzte sie wieder auf.
    »Ist er wirklich tot?«
    Ich nickte. Ann Baxter schloss die Augen. »Mein Gott, das ist grauenhaft. Warum nur ist das passiert?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Es deutet alles darauf hin, dass er Selbstmord begangen hat.«
    »Selbstmord… ha…«
    »Wieso? Glauben Sie das nicht?«
    Mrs. Baxter hob ihre Schultern und flüsterte: »Ich weiß

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