1291 - Bitte recht teuflisch!
verloren, als sie die Halle betrat und das Stimmengewirr hinter sich ließ.
»Hier bist du, John. Das hatte ich mir fast gedacht.« Sie kam mit schnellen Schritten auf mich zu und schaute sich dabei um, ob sie die beiden »Störenfriede« wohl noch sah.
»Wo sind die zwei?«
»Wieder gegangen.«
»Und? Was haben sie gewollt?« Sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern sprach weiter. »Du siehst nicht eben entspannt und glücklich aus, sage ich mal.«
»Stimmt.«
»Es hat also Ärger gegeben?«
Ich wiegte den Kopf. »Sagen wir so, es könnte noch großen Ärger geben.«
»Mit der Fotografin?«
»Nein. Dafür aber mit einem Foto.«
Glenda verstand nur Bahnhof und schüttelte den Kopf. Ich wollte es nicht zu spannend machen, griff in die Tasche und holte die Aufnahme hervor. Als ich sie ihr reichte, sagte ich: »Schau dir das Foto genau an, Glenda, sehr genau.«
»Ja, das werde ich machen.«
Ich ließ ihr Zeit, beobachtete sie allerdings dabei und stellte fest, dass sie unter ihrem Make-up blass wurde. Sie flüsterte etwas vor sich hin, setzte sich auf einen Stuhl und ließ das Foto langsam sinken.
»Das gibt es doch nicht«, murmelte sie. »Das ist eine Fotomontage, die man dir da…«
»Nein, das ist sie nicht!«
Glenda schaute mich an. »Aber es muss eine Erklärung geben«, zischte sie. »Es gibt nichts ohne Erklärung. Das hast du selbst gesagt, John.«
»Ja, ich weiß.«
Sie schaute zu mir hoch. »Und jetzt?«
»Stehe ich zunächst mal auf dem Trockenen.«
»Ja, das stimmt. Aber ihn gibt es. Diesen Casey…«
»Jordan«, sagte ich.
»Genau.«
»Klar. Wir alle haben ihn gesehen. Wir haben über ihn gesprochen, und er war mir eben nicht gerade sympathisch. Da hat sich schon mein Bauchgefühl gemeldet. Zu Recht, wie ich jetzt auf diesem Foto erkennen kann. Er ist ein… tja… was ist er?«
»Einer, der aussieht wie ein normaler Mensch«, sagte Glenda.
»Wobei ich mich frage, wie ein normaler Mensch dazu kommt, eine derartige Szene zu produzieren?«
Glenda schwieg. Sie wirkte wie jemand, der darauf wartet, dass der Hypnotiseur zu ihm kommt, um ihn in den Tiefschlaf zu versetzen. Sie grübelte, und ich ließ sie in Ruhe. Es konnte sein, dass sie objektiver war als ich, denn mir fiel wirklich keine Lösung ein. Ich kam mir vor wie jemand, dem das berühmte Brett vor den Kopf genagelt worden war. Unsere Umgebung hatten wir vergessen, und die Geräusche aus dem großen Saal drangen auch nur leise an unsere Ohren.
Glenda stand schließlich auf. Sie machte den Eindruck eines Menschen, der mir etwas Wichtiges zu sagen hatte, und sie schaute mir auch fest in die Augen.
»Du hast keine Erklärung, nicht?«
»Noch nicht.«
»Dann könnte ich Recht haben.«
»Womit?«
Glenda schaute an mir vorbei. Sehr starr, aber auch nachdenklich. Sie blickte irgendwie verträumt in die Ferne und gab ihre Antwort mit leiser Stimme: »Weißt du, was ich mir gedacht habe oder was mir in den Kopf gekommen ist? Du wirst es nicht wissen. Es kann verrückt sein. Völlig abwegig und irre. Aber was haben wir nicht schon alles erlebt und sind trotzdem der Wahrheit näher gekommen, die wir vorher nicht für möglich gehalten haben. Auch wenn du mich auslachst, ich sage es trotzdem.«
»Bitte.«
»Es könnte sein, dass sich dort die Gedanken des Mannes abzeichnen, mit denen er sich beschäftigte. Sein Wunschtraum ist es, dir ein Messer in den Hals zu stoßen. Und das ist auf dem Foto zu sehen. Seine Gedanken sind dort sichtbar gemacht worden. Die Fotografin hat das normale Bild aufgenommen und zugleich etwas Anderes und Ungeheuerliches. Eben die Gedanken dieses Mannes.«
»Der zugleich Polizist ist«, sagte ich.
»Klar, John. Auch sie sind Menschen, und das mit allen Vor- und Nachteilen.«
So gesehen, stimmte es. Wenn ich davon ausging, dass Glenda richtig getippt hatte, musste ich mich damit abfinden, dass ich in Gefahr schwebte und mir jemand das Leben nehmen wollte. Eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
Glenda verfolgte den gleichen Gedanken wie ich. »Man ist dir auf den Fersen, John. Du schwebst in Gefahr. Jemand verfolgt den Wunsch, dich umzubringen. Ein gewisser Casey Jordan, den du nicht kennst. Aber er kennt dich.«
»Das ist keine Kunst.«
»Und er hat ein Messer!«
»Ja.«
»Was willst du tun?«
Auf die Frage hatte ich gewartet. Obwohl ich mich hätte mit ihr beschäftigen können, wusste ich es nicht. Ich hatte mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Zumindest nicht detailliert. Dafür sprach
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