1291 - Bitte recht teuflisch!
davor große Angst.«
Jens Rückert schüttelte leicht den Kopf. »Ich teile deine Besorgnis nicht. Wir haben Fotos geschossen, na und?«
»Bis auf eines sind sie auch normal. Aber dieses eine ist…«
»Nicht mehr bei uns. Wo ist das Problem?«
»Das Problem ist dieser Mensch, der zwei Mal auf dem Bild zu sehen ist. Er wird doch wissen, wer er ist. Bestimmt will er das Foto haben.«
»Dann soll er es kaufen. Wir machen noch einen Abzug.«
Angela war genervt. Sie tippte gegen ihre Stirn. »Das glaubst du doch nicht im Ernst. Der wird das nicht kaufen. Nicht einer wie er, das schwöre ich dir. Der findet ganz andere Wege.«
»Welche denn?«
»Sei doch nicht so verbohrt! Kannst du dir das nicht vorstellen, verdammt? Einer wie der ist auch fähig zur Gewalt. Wir haben doch da etwas aus ihm hervorgeholt, das er vielleicht nicht wollte, und jetzt muss er einfach reagieren. Und wo kann er das? Nur bei uns.«
»Hm. Anders ausgedrückt, du hast Angst.«
»Ja.«
Jens lachte. »Ausgerechnet vor einem Polizisten? Das glaubt dir doch keiner.«
»Polizisten sind auch Menschen. Die tun ihren Job, und die haben ein Privatleben. Ebenso wie du und ich. So sehe ich die Sache. Er lebt möglicherweise in zwei Welten. Er kann gespalten sein. Zwei Persönlichkeiten stecken in ihm…«
»Was du alles weißt…«
Angela schaute in Jens' grinsendes Gesicht und sagte: »Manchmal habe ich das Gefühl, dass du mich nicht ernst nimmst - oder?«
»So könnte man es sehen.«
»In diesem Fall solltest du das, Jens. Es ist besser, wenn wir von hier verschwinden. Wir lassen den Verdienst sausen und holen ihn bei anderen Terminen zurück. Die Zeit der großen Bälle beginnt erst. Da ist noch genug zu fotografieren.«
»Das weiß ich alles. Aber…«
»Bitte, Jens!«, drängte sie. »Das hier ist kein Spaß, glaube mir das. Ich habe es im Gefühl. Hör mal auf mich!«
»Fällt mir schwer.«
»Ja, das glaube ich dir. Auch ich fahre hier nicht los und sage…«
»Psssst!«
Der scharfe Zischton ließ Angela verstummen. Jens hatte ihn ausgestoßen, und seine Lockerheit war plötzlich verschwunden. Er saß auf dem Hocker wie auf dem Sprung. In Wahrheit allerdings lauschte er auf einen bestimmten Laut, der sich wiederholen sollte.
Angela Finkler wollte eine Frage stellen. Jens sah es im Ansatz und legte einen Finger auf seine Lippen. Noch in der gleichen Sekunde erhob er sich so leise wie möglich und ging auf die Schiebetür an der Seite zu. Zum Fahrerbereich hin war der Wagen abgeteilt worden. Da versperrte ihnen eine dunkle Wand die Sicht.
Er drückte von innen her sein Ohr gegen die Tür und wartete darauf, dass etwas passierte.
»Was war denn?«, flüsterte Angela.
»Kann ich nicht genau sagen.«
»Aber du hast was gehört?«
»Ja.«
»Dann schau nach.«
Jens Rückert zögerte noch. So mutig war er nun auch nicht. Ihm schossen die Warnungen seiner Kollegin durch den Kopf. Auf der anderen Seite wollte er auch kein Feigling sein. Die Tür hatte er von innen verschlossen. Da musste nur ein kleiner Hebel umgelegt werden, was er auch tat. Er fasste nach dem Griff und zog die Tür dann mit einem Ruck auf, die sehr leicht auf der Schiene zur Seite rollte.
Sie fuhr nicht bis zum Anschlag auf, das war für einen Blick nach draußen nicht nötig.
Angela schrie plötzlich. Allerdings nicht so laut, als dass sie draußen gehört werden konnte. Aber sie sah den Grund. Es war das Messer, das der Mann in der Hand hielt und gegen die Kehle des erstarrt dastehenden Jens drückte…
***
Es war eine so verrückte Situation, dass Angela sie nicht fassen konnte, obwohl sie sich in der Realität abspielte. Es kam ihr vor wie ein zur Tatsache gewordener Albtraum oder wie ein Foto, das plötzlich seine Starre verloren hatte und lebendig geworden war.
Das Messer bewegte sich nicht. Es war nicht nötig. Jeder, der davon bedroht wurde, wusste, wie er sich zu verhalten hatte. Und gehalten wurde die Stichwaffe von der Person, die zwei Mal auf dem bestimmten Foto zu sehen gewesen war.
Der dunkelhaarige Polizist hatte nichts vergessen, und genau das hatte sich auch Angela Finkler vorgestellt. Jetzt war es für einen Rückzieher viel zu spät.
Angela schaute zu, wie der Mann mit der freien Hand ihren Kollegen zurückstieß. Jens taumelte in den Wagen hinein und wurde vom Leuchttisch gestoppt.
Sofort war der Mann bei ihm. Die Tür fiel wieder zu. Als Angela Finkler das Geräusch hörte, hatte sie den Eindruck, es hätte sich ein Schlüssel in der
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