1293 - Halloween-Horror
halten. Hinzu kommt, dass man sich an die Verkleidung gewöhnt hat.«
Harry Stahl stöhnte auf. »Dass es darauf hinauslaufen würde, hätte ich mir beim besten Willen nicht träumen lassen«, flüsterte er. »Ich frage mich, wie wir uns verhalten sollen. Wann treffen wir uns?«
»Zu gegebener Zeit komme ich zu dir. Du wirst dich bestimmt weiterhin auf der Brücke aufhalten.«
»Das stimmt.«
»Hat schon jemand Verdacht geschöpft?«, fragte ich.
»Nein, das hat keiner. Die Leute feiern. Sie haben nach wie vor ihren Spaß. Es werden noch lange Stunden werden. Kann sein, dass sie die Brücke verlassen und einen Ausflug machen wollen. Vorerst bleiben sie in der Nähe der Getränke.«
»Wir werden dafür sorgen müssen, dass es kein blutiges Erwachen gibt, Harry. Da ist noch etwas. Ich war nicht allein, sondern mit einem Reporterpaar zusammen. Sie ist Fotografin, er schreibt für eine Agentur. Die Frau heißt Angela Finkler und…«
***
»Ich kenne sie bereits. Habe mit ihnen gesprochen und sie nach dir gefragt. Eine richtige Antwort bekam ich nicht, doch sie gaben zu, dich zu kennen. Mehr wollten sie nicht sagen.«
»Du kannst ihnen vertrauen«, klärte ich Harry auf. »Wie ich, so haben auch sie bereits in London Kontakt mit dem Fall gehabt. Durch sie ist praktisch alles ins Rollen gekommen.«
»Gut, dass du das sagst. Bleibt nur noch Andrea Merand, deren Kostüm gestohlen wurde. Ich hoffe nicht, dass ihr etwas passiert ist. Muss allerdings dabei bleiben, dass sie verschwunden ist und das sieht für sie gar nicht gut aus.«
»Ich werde auf jeden Fall die Augen offen halten«, versprach ich meinem deutschen Freund.
»Sag mal, wo steckst du eigentlich?«
»Nicht weit von dir weg. Das muss genügen.«
Es genügte Harry nicht, was ich verstehen konnte. Er regte sich auf. »Weißt du, dass ich allmählich das Gefühl habe, dass du mir aus dem Weg gehst?«
»Ja? Warum?«
»Sonst hätten wir uns schon längst getroffen. Zwei Augenpaare sehen besser als eines. Du kennst den Spruch.«
»Das weiß ich. Lass dir gesagt sein, dass ich in diesem Fall meine Gründe habe.«
Das akzeptierte Harry auch. Wir hielten noch fest, in Verbindung zu bleiben, dann steckte ich das Handy wieder weg und atmete zunächst tief durch. Leider verschwand die Unruhe in meinem Innern nicht. Nach wie vor war ich ein Gezeichneter. Man konnte mich auch als ein Opfer der Blutbrücke bezeichnen. Ich war nicht stolz darauf, aber ich hielt es nach wie vor für besser, allein zu bleiben. Ich wollte nicht, dass die Saat voll zum Ausbruch kam, wenn andere Menschen in der Nähe waren und ich sie möglicherweise gefährdete.
Über mir wurde gefeiert. Da tanzten die Leute und hatten ihren Spaß. Ich aber hockte unter der Brücke und merkte, dass die Kälte allmählich in meine Glieder kroch. Der nicht sehr breite Kanalbach lag fast so ruhig wie ein See vor mir. In absoluter Stille hätte ich das Plätschern des Wassers wohl gehört.
In diesem Fall verhinderte es jedoch der Lärm von der Brücke. Die feuchten Tücher vermengten sich mit der Dunkelheit und auch ich war für einen Ankömmling schwer zu sehen. Da musste er schon nahe an mich herankommen.
Es kam niemand. Irgendwie wünschte ich mir, dass Justine erscheinen würde. Den Gefallen tat sie mir nicht. Ich wollte es hinter mich bringen, ich war auch bereit, gegen das anzukämpfen, das in mir steckte, wobei ich die Herkunft dieses Keims noch immer nicht begriff. Auch mein Kreuz hatte mich nicht davor geschützt, und dieser Gedanke quälte mich am meisten. Aber ich konnte mir auch vorstellen, dass sich die Veränderung möglicherweise zu meinen Gunsten drehte. Da allerdings brauchte ich zunächst ein Motiv.
Wenn ich weiter über mich nachdachte, war bei mir alles normal. Ich fühlte mich körperlich fit, abgesehen von der schleichenden Kälte, doch die Worte der Cavallo wollten mir nicht aus dem Kopf. Sie wiederholten sich immer wieder.
»An was immer du denkst, Sinclair, es wird entstehen…«
Mehrmals ließ ich mir den Satz durch den Kopf gehen und dann machte ich die Probe aufs Exempel.
Ich dachte an etwas. Und zwar an sie, an die blonde Bestie.
Sehr intensiv beschäftigte ich mich sogar mit ihrer Person und wartete darauf, dass sich mein »Wunsch« erfüllte. Sie kam nicht. In meiner Umgebung blieb es normal. Ich sah sie weder als feinstoffliche Person, noch als einen realen Menschen.
Ich startete einen nächsten Versuch.
Jetzt dachte ich an Suko. Das Bild meines Freundes und
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