1296 - Wenn der Albtraum kommt
erkennen, und mir gelang tatsächlich der Blick durch das schräge Heckfenster.
Da war die Straße.
Sie lag in der Dunkelheit. Ich entdeckte sogar die hellen Lichtpunkte in der Ferne. Sie waren so unerreichbar für mich wie der Plejaden-Nebel.
Ich war jetzt auch froh, dass die Straße nur so wenig befahren wurde. In den Nachtstunden so gut wie nicht, und auch jetzt kam kein Wagen auf uns zu. Es wäre schlimm gewesen, wenn unschuldige Personen in tödliche Gefahr geraten wären.
Und dann wurde mir auch der Rest der Sicht genommen, als sich die Masse von außen her lautlos über die Scheibe schob, danach an der Kofferraumklappe entlangkroch und schließlich alles bedeckte.
Eingeschlossen!
Ich schaute Suko an, der mir zunickte. »Weißt du, was ich denke, John?«
»Nein.«
»Ich denke daran, dass wir noch Glück im Unglück gehabt haben. Ich will mir gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, hätte es die Masse geschafft, in den Wagen einzudringen.«
»Sorry, aber das kann noch passieren.«
»Das glaube ich nicht.«
Corinna Scott hatte unserer Unterhaltung gelauscht. Es war ihr gelungen, die Angst ein wenig zu unterdrücken. Zumindest uns erschien sie recht normal. Sie bewegte sich, schaute gegen die Scheiben und nickte. »Wir sind gefangen, nicht?«, fragte sie fast wieder mit einer neutralen Stimme.
»Sieht so aus.«
»Und Sie tun nichts dagegen?«
»Nein, was wollen wir machen?«
»Ja, das weiß ich auch nicht.« Sie nagte an der Unterlippe und rieb ihre feuchten Handflächen aneinander. Dabei schaute sie zu, wie Suko und ich nach den Türgriffen fassten.
»Sie wollen raus?«
»Ja, uns umschauen.«
»Aber das geht nicht. Sie können mich hier nicht allein lassen. Ich… ich… vergehe vor Angst.«
»Sie hat Recht, John, wir sollten damit warten.«
Ich wunderte mich über Sukos Erklärung und schaute ihn doch leicht überrascht an. »Warum?«
Mein Freund deutete nach vorn. »Das Zeug wird dünner, John. Man soll es kaum glauben, aber die Masse beginnt sich allmählich aufzulösen. Wenn das nicht mal so etwas wie die halbe Miete ist.«
So optimistisch war ich nicht, aber ich wollte sehen, ob Suko Recht behielt.
Es stimmte. Das Zeug lichtete sich. Es gab keinen Wind, der dort hineingeblasen hätte, das geschah von ganz allein. Die Dichte verschwand. Zwar waren noch keine deutlichen Lücken zu sehen, doch die Masse hatte ihre Kompaktheit verloren. Sie schwang zur Seite wie Wolkenstreifen, die von irgendeiner Kraft getrieben worden waren.
Keiner von uns wusste, ob er sich darüber freuen sollte. Wir konnten nur abwarten, denn hier hatten andere Kräfte das Handeln übernommen.
Und dann passierte noch etwas, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Es waren Stimmen zu hören.
Keine, die verständlich waren, einfach nur Stimmen von verschiedenen Personen und auch in verschiedenen Tonlagen.
Sie summten und winselten von außen her in unseren Wagen hinein. Sie klangen mal laut, dann wieder leiser, wurden zu einem Flüstern, das sich anhörte wie das leise Murmeln eines Bachs, aber es waren, wenn wir aus den Fenstern schauten, keine Wesen zu sehen, die diese Geräusche abgegeben hätten.
Wir sahen eigentlich gar nichts, abgesehen von den Nebelresten, die immer dünner wurden. Dahinter lag eine sehr dichte Dunkelheit. Weiterhin wehten die Stimmen in unsere Ohren hinein. Mittlerweile empfanden wir die Laute als ein unangenehmes Klagen, als litten Menschen unter starken Qualen.
»Wie im Fegefeuer«, flüsterte ich.
»Was hast du gesagt?«
Ich winkte ab. »Schon gut.«
Corinna meldete sich wieder, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte. »Was ist das?«, flüsterte sie.
»Hören Sie das auch?«
»Ja«, sagte Suko.
»Und? Haben Sie keine Erklärung?«
Mein Freund wich mit der Antwort aus. »Es ist irgendein Gejammer oder eine schlechte Musik. Ich würde meinen, nichts von wirklich wichtiger Bedeutung.«
»Das sagen Sie doch nur, um mich zu beruhigen.« Ihre Stimme war wieder schriller geworden.
Ich wollte es nicht auf einen weiteren Dialog ankommen lassen und schlug vor, auszusteigen. Wir hörten, wie Corinna Scott erschrak. »Das… das… meinen Sie doch nicht wirklich - oder?«
»Doch, warum nicht.«
»Aber Sie wissen nicht, was uns dort erwartet.«
»Fühlen Sie sich hier sicher?«, fragte ich zurück.
»N… nein, das nicht.«
»Eben. Wir müssen etwas unternehmen und dürfen der anderen Seite nicht die Initiative überlassen.«
Nach dieser Antwort drückte ich meine Tür als Erster
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