13 alte Esel
neue entzückt zusammen, und nachdem ein Drittel der Tasche geleert war, spielte er mit Habakuk, indem er tat, als bemerke er das Stupsen nicht. Der alte Esel wartete dann jedesmal ein Weilchen, um nach zehn oder fünfzehn Schritten erneut die Nase vorzustrecken. Andreas hatte noch nie gespielt, und das Entzücken sprang wie ein kleiner Quell auf in der Öde seines versandeten Herzens.
Leo schüttelte verständnislos den Borstenschädel ob dieses Getues und wandte sich schnell wieder Don Chaussee und der fesselnden Unterhaltung darüber zu, wie man die neuen Gartenbänke so zimmern konnte, daß sie zur Überwinterung in verschiedene Teile zerlegbar waren und trotzdem nicht an Haltbarkeit und urwüchsigem Aussehen verloren. Es gefiel ihm mächtig, daß der Alte, der selbst so viel davon verstand, ihn um Rat fragte. Den Vorschlag Don Chaussees, gleich auch noch ein neues Kellergeländer zu zimmern, nahm er ganz sachlich auf. Von Schuldbewußtsein oder heimlichem Wissen darum, wer das alte abgesägt haben könnte, war ihm nichts anzumerken.
Franziska hatte Andreas gefragt, ob sie sich auf den leeren Wagen setzen dürfe. Nach einem Blick auf sein abweisendes Gesicht hatte sie die Frage nicht wiederholt. So blieben ihr zur Unterhaltung nur die Kletten.
Der Regen nieselte seit Mittag nur noch dünn, und als sie die Försterei erreichten, hörte er ganz auf, wenngleich der Himmel tief und grau blieb und so aussah, als könne es jeden Moment wieder losgehen. Onkel und Otto strebten gleich auf die Ziegenweide zu, die sie vom ersten Besuch her in freundlicher Erinnerung hatten. Das Aussuchen des passenden Holzes dauerte diesmal länger und hätte um ein Haar zu einer soliden Keilerei zwischen Leo und Andreas geführt. Leo wollte möglichst viel Material mitnehmen, Andreas seinem Esel möglichst wenig Last aufladen, und sie zankten sich, bis Don Chaussee vorschlug, so viel mitzunehmen, daß er und Leo am nächsten Tag zu arbeiten hatten, während Andreas den Rest allein nachholte. Damit gaben sich beide zufrieden.
Förster Kösters zog erstaunt die Brauen hoch: Der schien ja wahrhaftig recht zu behalten mit seiner »Hilfe«. Wenn ihn nicht alles täuschte, drängten die Lümmel sich geradezu zur Arbeit. Seit anderthalb Jahren hörte er nichts als Klagen über sie. Der Lehrer und Frau Martha, Schwester Monika, ja selbst sein Bruder, der sie gelegentlich verarztete, hatten über ihre störrische, sture Faulheit geschimpft. Und nun mit einemmal das!
Es freute ihn, und er wollte ihnen gern auch eine Freude machen. Als der Wagen abfahrbereit stand, fragte er schmunzelnd: »Fiabt ihr mal einen Hund gesehen, der Kopfstand machen kann ?«
»Nee!« Sie waren augenblicklich alarmiert.
Auf einen Pfiff des Försters peeste Meier mit flappenden Ohren aus dem Gebüsch herbei.
»Meier, die Herrschaften wollen dich bewundern .«
Meier legte den Kopf schief und sah sie der Reihe nach offensichtlich kritisch an, als wolle er sich zunächst vergewissern, ob die Bewunderung dieser Herrschaften die Anstrengung überhaupt lohne. Die Beurteilung schien nicht allzu günstig auszufallen, denn er gähnte, zog den Schwanz ein und machte Anstalten, sich wieder zu trollen.
Leo klatschte sich amüsiert auf den fetten Oberschenkel. »Der is gut, der kann so bleiben .«
»Meier!«
Diesen Ton schien der Dackel zu kennen. Er setzte sich unverzüglich nieder und sah seinen Herrn unschuldig-gekränkt an, als wolle er sagen: »Wie kannst du mich nur so anbrüllen, wo du doch siehst, daß ich bereit bin, dir jeden Gefallen zu tun !«
»Man muß bei diesem Lümmel haarscharf aufpassen«, sagte der Förster, »er ist ebenso gerissen wie bequem und drückt sich, wo er nur kann. Dabei hat er sich seine Kunststücke alle selber beigebracht und macht sie sechsmal hintereinander freiwillig, wenn er mich weichmachen will, ihn auf die Jagd mitzunehmen .«
Meier zog den Kopf ein, wackelte eifrig mit dem Hinterteil, keuchte und warf die Hinterbeine ein paarmal zentimeterhoch, wobei der schmutzige Sand in Salven wegspritzte. Er spielte vollendet Theater, nur von Kopfstand war keine Rede. Offenkundig ermattet und außer Atem setzte er sich wieder vor seinen Herrn, ein Bild der Erschöpfung nach treuer Diensterfüllung, und ließ ergeben die Ohren hängen.
»Wenn ihr jetzt lacht«, murmelte der Förster warnend, »ist es aus. Das Luder ist natürlich frisch wie Morgentau. Alles Mache.« Und er sagte laut: »Mei-er !«
Weder die Jungen noch Don Chaussee begriffen,
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