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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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über ihre eigenen plumpen Knochen stolpernden Franziska allzu galant über die Fährnisse der Fensterbrüstung half, wäre das Maß des Erträglichen um ein Haar voll gewesen. Mit dem ihn auszeichnenden sechsten Sinn erkannte Don Chaussee die Gefahr im letzten Moment und murmelte, Schwester Monikas Eifersucht beschwichtigend, ausreichend deutlich: »Unser aller immerwährende Hilfe und Rettung aus täglicher Not !«
    Dem gleichzeitig bestrickenden Lächeln konnte die so Gepriesene schon gar nicht widerstehen, und so saß Franziska Minuten später, frisch gewaschen und gekämmt, im frischen Rock am Kaffeetisch, wo ihre Dankbarkeit sich in so alarmierenden Blicken kundtat, daß Frau Martha sie gereizt fragte: »Ist dir nicht gut? Oder weshalb machst du Augen wie ein gestochenes Kalb ?«
    Franziska ließ im allgemeinen Fragen dieser Art an ihrer dicken Haut abgleiten. Daß man jedoch ihren »seidigen« Blick, die »aparte« Note ihrer Augen so gemein heruntermachte, war mehr, als selbst sie ertragen konnte. Seit sechs Monaten pflegte sie diese Augen hingegeben mit Spucke und Wimperntusche, welch letztere sie in einem eigens dafür in die Matratze gebohrten Loch aufbewahrte, und nahm um der im Prospekt verheißenen Schönheit willen selbst Ännes boshaften Spott in Kauf. Tatsächlich sah sie auch bei jedem ihrer weiß Gott nicht seltenen Blicke in den Spiegel die Wimpern förmlich wachsen, und vor ihren inneren Blicken wuchsen dabei die Chancen, einen der so heiß begehrten Posten in einem Schönheitssalon, einem schicken Modeatelier oder doch wenigstens bei einem Friseur zu bekommen.
    Frau Marthas »herzlose« Bemerkung traf also Franziskas wundesten Punkt, und Don Chaussee sah zu seinem Schrecken, wie sie plötzlich nicht nur nasse, sondern schwarze Augen bekam und schwarze Tränen ihrem Gesicht eine Kriegsbemalung gaben, die seiner Frau im Interesse des ohnehin angekratzten Friedens besser verborgen blieb. So erkundigte er sich hastig ablenkend, ob Herr Ess während seiner Abwesenheit angerufen habe.
    »Nein — ja — das heißt, seine Sekretärin .« Frau Marthas Stimme flackerte nervös. »Er selbst war unterwegs, aber er hat bestellen lassen, daß morgen die Kommission für die Esel kommt. Sie hat noch was vom Tierschutzverein gesagt, ich kenne mich da nicht so aus. Wenn ich recht verstanden habe, wollen sie die Esel untersuchen und die nicht mehr lebensfähigen beseitigen. Das scheint mir nur vernünftig zu sein. Kein Mensch kann es ja mit ansehen, wie diese morschen Geschöpfe Stück um Stück umkommen. Ich habe es ja schon immer gesagt. So geht es auch wirklich nicht weiter. Ein Glück, daß selbst der Tierschutzverein es einsieht. Alles gerät aus dem Leim hier, die Hausordnung wird nicht mehr eingehalten und...« Sie redete in nervöser, konfuser Hast. Es waren die alten Worte, doch es war nicht mehr der alte selbstbewußte, selbstgefällige Ton. Die Stimme war höher, und die Hände zupften fahrig am Wachstuch des Tisches. Auf den Wangen zeichneten sich hellrote Flecken ab.
    Don Chaussee unterbrach sie nicht. Der Vorwurf ging diesmal an ihm vorbei. Sie glaubt selbst nicht mehr daran, dachte er flüchtig, es klingt so leer und ausgeleiert. Zum tausendstenmal dachte er: Ich muß mit ihr reden, muß das alles wegräumen, damit die richtige Martha zum Vorschein kommt. Und er wußte zugleich resigniert: Sie läßt ja nicht mit sich reden.
    Sein bekümmerter Blick streifte über die Kinder hin, Franziska schmierte sich mit dem Taschentuch das Schwarze nun übers ganze Gesicht, was Änne und Leo zu kaum noch unterdrücktem Prusten veranlaßte. Die Kletten tuschelten leise und erregt miteinander über Esel. Schwester Monika fütterte Uwe. Sie allein hörte der Chefin zu, aber ihr rundes, hübsches Gesicht trug einen deutlich gelangweilten Zug, den sie sich vor wenigen Tagen noch nicht erlaubt haben würde. Wie schwer es doch ist, mit vierundzwanzig Jahren immer auf Autorität und Würde bedacht zu sein, erwog er schmunzelnd; sicher würde sie lieber lauthals über Franziskas mißglückte Schminkerei lachen.
    Sein Schmunzeln verflüchtigte sich unvermittelt, als sein Blick auf Andreas fiel, aus dessen schmalem, eckigem Gesicht mit den hohen Backenknochen jeder Blutstropfen gewichen war. Wachsweiß sah er aus und ebenso unbewegt und fühllos, kaum daß sich beim Schlucken der Adamsapfel bewegte. Es beunruhigt^ ihn, den Jungen so zu sehen und nicht zu wissen, was mit ihm los war, wie man ihm helfen konnte. Er brauchte

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