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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Hilfe. Alle diese Kinder brauchten unentwegt Hilfe, aber für jedes mußte die Hilfe anders sein. Grübelnd sah er Andreas an. Blaß war er immer, eben wie einer, der sein Leben lang in dumpfen Hinterzimmern gehockt und nur altes Brot und kalte Kartoffeln gegessen hat. Doch diese Blässe war nun anders. »Fühlst du dich nicht gut?« murmelte er besorgt, was sofort die Jungenmienen wieder zum üblichen Gletscher abweisender Gleichgültigkeit gefrieren ließ, hinter der ihn die Bowle oder das selbstvergessene Graben auf kurze Augenblicke hervorgelockt hatten.
    »Ich hab’ nichts«, sagte er flach.
    Geduld bewahren, wenn man helfen möchte, das ist das Schwerste, dachte Don Chaussee. Es geht eben nicht in einer Woche, nicht in einem Monat. Wenn sie doch nur ein bißchen Vertrauen hätten! Fühlten sie denn nicht, daß er sie alle mochte, jung und armselig, wie sie waren? Nein, sie fühlten es wohl noch nicht richtig, sie brauchten Zeit. Zeit, um Vertrauen zu fassen: zu sich selbst zuerst, dann vielleicht zu ihm. Jedes weitere Wort würde jetzt und heute nur feindlich aufgenommen werden, würde die Mauer der Abwehr verhärten. So schwieg er vorläufig, obwohl die Unruhe blieb.
    »Wo stecken denn Hubert und Ferdi? Wieso erscheinen sie nicht zum Kaffeetrinken? Hast du sie irgendwo hingeschickt ?«
    Don Chaussee sah verwundert auf. »Nein, ich hab’ sie auch seit dem Mittagessen nicht mehr gesehen. Vielleicht sind sie bei Ephraim? Hubert bemüht sich, das wunde Maul zu kurieren und ihn zum Fressen zu bewegen .«
    Die roten Flecken auf ihren Wangen vertieften sich, als er den Esel erwähnte. Sie antwortete nicht, aber ihre Haltung sprach für sich. Das kommt eben von deinem Einmischen. Ich wußte immer, wo die Kinder waren: hier, im Heim nämlich. Jetzt entwickeln sie sich zu Herumtreibern. Die Esel sind ja eine so einfache und sichere Entschuldigung.
    »Hach«, warf Gerda, in Bademantel und Pantoffeln, spöttisch ein, »ich weiß, wo sie sind .« Sie genoß die neugierigen Blicke, und am meisten genoß sie es, daß Frau Martha sie trotz sichtbarer Ungeduld nicht zu drängen wagte. Das hätte sie auch nur mal versuchen sollen! So kaute sie in aller Seelenruhe, schluckte, ließ sich neuen Kaffee einschenken und nahm sich vor, die Tasse erst langsam auszutrinken, ehe sie ihr kostbares Wissen von sich gab.
    Don Chaussee vergaß für. den Moment seine Sorgen. Er durchschaute ihre Absicht und grinste. »Na, dann ist ja alles in Ordnung«, meinte er, »solange du weißt, wo sie stecken, sind sie zumindest nicht unter die Räuber gefallen .«
    Selbst Frau Martha verzog den Mund beifällig zu dieser Abfuhr. Die anderen lachten lauthals, während Gerda zornig errötete. Sie wäre diesem Menschen, der sie ständig blamierte, am liebsten ins Gesicht gesprungen, doch blieb ihr keine Zeit zu dieser oder einer anderen Reaktion, denn von draußen erscholl Ferdis helles Krähen, der Türkratzer knarrte unter dem Schuffeln und Trampeln von zwei Paar sicherlich dreckigen Stiefeln, und die beiden Verlorenen tauchten auf, durchnäßt, sandverkrustet und augenscheinlich hundemüde. Ferdis blonde Haare klebten genauso naß und dunkel auf der Stirn wie Huberts rote. Er sah ganz verändert aus, und natürlich war er trotz seiner Müdigkeit noch aufgeregter als sonst. Schwester Monika, die sich gleich mit einem Schrei des Entsetzens auf ihn stürzte, um seinen hübschen grauen Anzug wild mit der Bürste zu bearbeiten, mußte ihn mit einer Hand am Kragen festhalten, damit er nicht ganz so verrückt zappelte und sie, auf einem Bein herumhüpfend, quer durch die Küche hinter sich herzog.
    »Wir brauchen keinen Kaffee mehr«, quiekte er, »wir haben schon welchen getrunken, auf dem Feld, aus einer ulkigen Blechflasche mit so Filz drumrum zum Warmhalten, fabelhaft praktisch. Der schmeckte vielleicht! Kalten Speckpfannkuchen haben sie uns auch gebracht und Krautbrote, und wir haben alle zusammen im Regen gesessen, mit Säcken überm Kopf, und wie richtige Bauern gegessen. Aus meiner ganzen Klasse hat bestimmt noch keiner auf dem Feld gegessen, ich werd’s ihnen erzählen, und die werden sich wundern. Aber am liebsten blieb’ ich ganz hier und würde immerzu Kartoffeln ausbuddeln mit Hubert. Einmal bin ich mit Hubert auf dem Karren nach Hause gefahren, und Bauer Bormann hat gesagt, Hubert ist der geborene Kutscher, weil die dicke Meta sofort auf ihn gehört hat. Und wir hätten auch noch mitkommen und Milchsuppe essen können, mit Birnen drin. Ich

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