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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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mit ihm ja nicht zu machen. Ein simpler, netter Kerl. Ganz lustig. Nichts Besonderes, aber wirklich nett. Wir haben über Gerda gesprochen. Ulrike mag überhaupt nicht mehr mit ihr spielen, und ich habe mich bei ihm erkundigt, ob er sie auch so schlimm findet. Er äußerte sich natürlich nicht direkt — wo sie zur Familie gehört und so aber ich habe doch den Eindruck, als sollte man Ulrike nicht zwingen. Dagegen lobte er doch tatsächlich die frechen Jungens ! Meinte, sie seien nicht so schlimm. Ulrike möchte immer so gern in dem Park spielen — meinst du, man könnte das erlauben ?«
    Ihr Mann grunzte. Bei Tisch ließ er seine Frau reden, während er selber aß. Ulrike sollte spielen, mit wem sie wollte. Sie war ein ordentliches Mädchen und fand allein heraus, wer anständig war und wer nicht. Seine Frau sollte sie mehr laufen lassen, und sie kannte seine Meinung darüber. Vernünftiger Mann, der Chaussee.
    »Na ja, also von mir aus! Ich will ja nur ihr Bestes, nicht? Die Kinder sind einem schließlich von Gott anvertraut. Er hat übrigens den Brehm mitgenommen .«
    Bei dieser unvermittelten Wendung des Gespräches ließ der Doktor die Gabel fallen und tat den Mund einmal nicht zum Essen, sondern zum Reden auf. »Soll das etwa heißen, du hast ein Buch ver- liehen? Noch dazu den teuren Brehm?« Er war so verblüfft, daß er sich ins Ohrläppchen kniff, um sich zu vergewissern, daß er nicht träumte. Frau Kösters war nämlich eine umgängliche, vernünftige Frau mit erfreulich wenigen Prinzipien — außer einem, und das war nicht nur eisern, sondern geradezu stählern: Sie verlieh nichts! Es wäre ihr in der Seele zuwider gewesen. Und wenn Freunde, Bekannte, Nachbarn sie bestürmten: Sie verlieh nichts. Sie war über- zeugt, es führe zu Reibereien und zum schließlichen Abbruch angenehmer Beziehungen.
    Jetzt räusperte sie sich, offensichtlich ins Bratenschneiden vertieft und das Erstaunen ihres Mannes geflissentlich ignorierend. »Nein«, sagte sie mit einem Hauch von Unsicherheit, den man an ihr nicht gewohnt war, »du weißt, ich verleihe nie etwas. Ich — hm — ich habe ihm das Buch — hm — sozusagen — geschenkt... Kein Wort«, fügte sie hastig hinzu, als ihrem Mann die Augen aus dem Kopf zu fallen drohten. »Er hat mir erzählt, daß du ihm eimerweise teures Jod schenkst und die Kinder umsonst behandelst, jawohl, ich weiß alles! Und glaub nur nicht, er hätte mich darum gebeten. Wir sprachen nur so von den Eseln und einem jungen Igel, und daß einer der Jungs tatsächlich nicht gewußt hat, daß sich Igel aufrollen, und da erkundigte er sich, ob ich einen Brehm hätte .« Sie zuckte die Schultern. »Was sollte ich schon anders sagen als ja ?«
    »Und ?« fragte der Doktor sammetweich.
    »Und? Oh, er strahlte plötzlich wie ein Weihnachtsbaum mit vier- zig Kerzen und sagte begeistert: >Wundervoll! Da lernt der Bengel alles über Igel und Esel, und wenn ich mich nicht restlos täusche, liest er das Buch dreimal hintereinander von vorn bis hinten durch! Der ist ja gar nicht so schlecht, wie er sich anstellt. Der weiß nur nicht Bescheid. Und wo er jetzt krank ist, hat er auch genügend Zeit zum Lesen. Also das ist großartig von Ihnen! Herzlichen Dank! Ich mache gleich einen Umschlag drum und bringe es bald wieder zurück !< Selig wie ‘n Kind. Schüttelte mir die Hand fast aus dem Gelenk. Wenn er noch gefragt hätte! Aber wie soll man nein sagen, wenn er sich schon bedankt? Na ja, da hab’ ich eben gesagt: >Behalten Sie’s !< Und überhaupt: Er hat recht, das mußt du zugeben. Schließlich kann man es nicht verantworten, wenn diese unglücklichen Waisen zu Tierquälern werden, bloß weil unsereins sich nicht von einem Buch trennen kann .«
    Dr. Kösters hatte bisher stumm zugehört und das gerötete Gesicht seiner Frau betrachtet, aber nun konnte er nicht mehr, er konnte nicht mehr, und wenn sie noch so gekränkt sein würde, es war zu schön, es war unbeschreiblich! Kommt dieser Landstreicher daher und... nein! Er schlug mit der Faust auf den Tisch, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und stimmte ein homerisches Gelächter an. Frau Kösters versuchte, beleidigt zu sein, doch am Ende mußte sie mit einstimmen, etwas heller, aber nicht weniger heftig.
    »Nichts Besonderes«, keuchte der Doktor, »aber wirklich nett — o Barbara !«

    Pfarrer Winkelmann war nicht zu Hause. Fräulein Lisbeth, seine Schwester, betrachtete den Besucher leise mißtrauisch. Stammtisch? Sie war nun einmal nicht

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