13 alte Esel
liebenswürdig, »ich muß lesen .«
Don Chaussee hatte mit den Jungen zuerst den Esel begraben. Nun Waren schon drei tot. Er warf einen besorgten Blick zur Weide hinüber. Dabei sahen sie alle ganz munter aus.
Andreas wartete verdrossen auf die Frage, weshalb er sich um das andere Grab gekümmert habe. Erwachsene mischen sich immer ein. Don Chaussee schwieg. Er schien hinreichend mit Schaufeln beschäftigt zu sein. Als sie fertig waren, erlaubte sich Leo den Witz, den »Friedhofsgärtner« zu ärgern, indem er versuchsweise mal den kleinsten Wacholderbusch ausrupfte. Mit einem heiseren Wutschrei stürzte sich Andreas so plötzlich auf ihn, daß er, wiewohl zwanzig Pfund schwerer, ehe er sich’s versah, auf dem Boden lag und jämmerliche Dresche bezog. Nach der ersten Verblüffung schlug er zurück, und es entwickelte sich eine der in den letzten Tagen üblichen Schlägereien, die diesmal nur durch Andreas’ Zorn heftiger geriet. Beide Kämpfenden droschen so eilig aufeinander los, als seien die Schläge der ersten zwei Minuten lebensentscheidend. Es hatte einen ganz einfachen Grund: Frau Martha unterdrückte derartige Auswüchse unerbittlich, und was in den ersten Schlägen nicht drin lag, kam nicht mehr. Die Folge dieser ständig unterbrochenen — nicht verhinderten — Raufereien war die schwelende Feindschaft unter den Jungen, ein Verhältnis wie von Kettenhunden, die sich nur mit den Spitzen der Pfoten, aber nicht mit den Zähnen erreichen können und sich deshalb ununterbrochen gereizt und giftig anknurren. Don Chaussee glättete die Grube, ohne sich umzublicken. Während Ferdi mit offenem Mund zusah, zündete er sich die Pfeife an, sagte: »Wir gehen schon mal in den Garten ‘rüber« und trottete, Ferdi gehorsam hinter sich, davon.
Es dauerte nicht lange, da erschienen auch die Streithähne, ein paar Schrammen hier und da, ein bißchen Blut am Ohr oder unterm Knie, ziemlich außer Atem, sonst aber merkwürdig arbeitswillig. Don Chaussee wies ihnen zwei auseinanderliegende Stellen an, wobei sich binnen kurzem erwies, daß es mit Leos Arbeitswillen doch nicht so weit her war. Unlustig stocherte er in der Erde herum, bis selbst der schweigende Andreas spottete: »Schüppe is doch kein Drillbohrer .«
»Stochern! Mit ‘nem Bohrer!« Leo sah aus, als sei ihm eine Plombe aus dem Zahn gefallen. Was verstand denn dieses Rindvieh, das da so versunken schüppte, von Bohrern! Angewidert sah er auf den Holzstiel seines Spatens, zugleich in der Rechten einen imaginären Bohrer wiegend, der sich glatt und metallen der Handfläche einfügte. Ja, wenn’s hier was zu bohren gäbe, dann würde er diesen Maulwürfen mal mit Andacht zeigen, was saubere Arbeit war!
Don Chaussee mischte sich auch diesmal nicht in das Geplänkel ein. Er sagte nur: »Wir werden das mal so machen wie drüben, wenn genug Leute zur Hand waren .« Er rief die Jungen zu sich und zeigte ihnen, wie man eine Staffel gräbt: von links nach rechts und jeweils eine Reihe hintereinander. Zuerst kam Andreas, in der Reihe hinter ihm und einen Schritt nach rechts Leo, als letzter Don Chaussee, der ihnen auch noch einmal gezeigt hatte, wie man den Spaten tief einsticht und mit gleichmäßiger Anstrengung die Scholle löst und wendet. Andreas hatte es bald heraus, und er begriff auch den Sinn der Staffel. Leo war es egal, wo er grub. Solange ihn niemand dabei anpfiff, wie sonst Frau Martha, war er entschlossen, die Buddelei nicht zu übertreiben. Was die Leute bloß bei so ‘nem komischen Kram fanden? Erde. So ‘n Blech.
Andreas arbeitete zuerst zu schnell. Don Chaussee brummte freundlich: »Nicht so stürmisch, mein Sohn, das Tempo hältst du den Nachmittag nicht durch .« Nach einer Weile hatten die beiden sich aufeinander eingespielt. Leo wußte nicht, wie ihm geschah, als er entdeckte, daß sein Hemd klebte und die rechte Wade vom Einstechen etwas zog. Vor ihm arbeitete Andreas, hinter ihm Don Chaussee, der manchmal brummte: »Anschluß nicht verpassen«, oder: »Bißchen flotter, junger Mann«, und das fuhr Leo sofort in die Schüppe, die sich wie von selber eiliger bewegte.
Gerade als Leo sauer zu werden begann, stieß Don Chaussee seinen Spaten nachdrücklich in die Erde und sagte: »Kaffeepause .« Ferdi, der die Hecke von Unkraut gesäubert hatte, flitzte wie ein Karnickel herbei. »Au fein! Braten wir Kartoffeln? Sie haben’s mir gestern versprochen .«
»Na klar doch .«
Das alarmierte selbst die Großen. Nach einem letzten
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