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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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nach’s Pastorat bringen ?«
    Seit dem Vorfall vorhin hatte Don Chaussee die Großen nicht mehr angesehen. Er mußte die Geschichte erst verdauen. So viel Roheit hatte er nicht erwartet. Ihm war schrecklich klar geworden, welch ein langer Weg noch vor ihm lag. Martha hatte sie eisern in Zucht gehalten; da brachte er die Esel mit und sah schweigend zu, wie diese Zucht durchbrochen wurde. Was hatte er nur angestellt? War es richtig gewesen? Er verstand nichts von Kindererziehung, hatte ohne viel Überlegung gehandelt. Wie, wenn er sich nun geirrt hatte? Diese bange Erwägung bekümmerte ihn. Und nun stellte Leo eine Frage, eine simple Frage, aber sie fegte allen Zweifel mit Schwung in die Ecke, und er vertraute wieder seinem Instinkt.
    Es war ein glattes Angebot, das Unrecht gutzumachen. Von Leo, dem sturen Verbrecherkind. Gleich fiel ihm auch Andreas’ Sprung ein, das verhängnisvolle Schild im letzten Moment noch wegzureißen, und Franziskas Gesicht, das den Schrecken widerspiegelte über etwas, das sie zunächst sicher für einen tollen Witz gehalten hatte. Jetzt sahen sie alle drei ihr Unrecht ein. Wahrscheinlich zum erstenmal in ihrem Leben.
    In der Freude seines Herzens hätte er ihnen am liebsten auf die Schulter geklopft und bremste nur, weil es dazu vermutlich noch zu früh war. Diese hartgesottenen Taugenichtse waren wohl nur auf eine halbe Stunde weichgestimmt und planten im Innern sicher bereits neue Schändlichkeiten. Zürnen konnte er freilich auch nicht mehr.
    So schob er den Sombrero zurück, blinzelte bei hochgeschobenen Brauen und brummte: »Fragen wir den Herrn Pastor. Der muß ihn schließlich füttern, nicht ich .«
    Leo, Andreas und Hubert grinsten wie die Pfeifenmänner, als sie an seinem Ton merkten, daß er ihnen nicht mehr böse war. Daß sie den Clown, den Schlappschwanz, noch vor kurzem auf jede nur erdenkliche Art hatten böse machen wollen, war ihnen offenkundig entfallen. Gespannt warteten sie auf die Antwort des Pastors und sein Zitat. Hubert vor allem, mit seinem lebhaften Sinn für Komik, kippte die Löffel vor wie ein neugieriges Karnickel.
    Die Frage interessierte auch Herrn Ess und die anderen, und wiewohl sich der geistliche Herr mit Händen und Füßen sträubte, in seinem geruhsamen Obstgarten eine Menagerie einzurichten, kam man zum Schluß mit großer Stimmenmehrheit überein, daß er Malwines Esel — vorausgesetzt, der Tierschutzverein erwürbe ihn von der augenblicklichen Besitzerin, der Fleischfabrik — in seinem Obstbungert das Gnadenbrot geben müsse. Aus Christenpflicht gegen Malwine, aus Nächstenliebe gegen Herrn Ess und aus Mitleid mit dem Esel.
    »O hätte ich toch eine Wantererherberge fern in der Wüste !« seufzte er, die Augen gen Himmel gerichtet, ehe er sich ergeben einverstanden erklärte.
    Nach und nach versickerte die Unterhaltung. Die Gäste waren müde vom heißen Nachmittag und seinen vielfältigen Geschehnissen, vielleicht auch ein wenig bedrückt von der seltsam knisternden Atmosphäre des Hauses und Frau Marthas offener Verzweiflung über all das Mißgeschick. Einem kurzen, flammenden Sonnenuntergang folgte schnell die Dunkelheit. Schon verschluckte sie die Gesichter und die Worte und die matter werdenden Bemühungen des Gastgebers, die Stimmung erneut zu heben. Uwe quengelte und verlangte ins Bett, Opa Bormann hatte schon zweimal kurz aufgeschnarcht und von Oma jedesmal einen Rippenstoß bekommen.
    Herr Ess war ungehalten und wieder ungeduldig. Den geschlagenen Nachmittag hatte er sich um Stimmung für die anderen bemüht, und dauernd war etwas passiert, sie zu vermiesen. Das Fest kam nicht in Zug. Es stockte. Überall stieß er auf heimlichen Widerstand. Morgen früh um elf hatte er eine anstrengende Konferenz, nachmittags mußte er für zwei Tage nach München. Dabei verstärkte sich in ihm das unangenehme Gefühl, daß er sich mehr um das Heim kümmern müsse. Irgend etwas lief falsch. Er war erschöpft. »Ah, Licht, zum Teufel!«
    Schwester Monika stolperte hastig zum Schalter im Wohnzimmer. Grell blitzte das Licht des weißen Blechstrahlers über der Tür nach draußen auf und erlosch sofort wieder. Weiteres Knipsen erwies sich als fruchtlos.
    »Da ward eine ticke Finsternis in chanz Ägypten«, klang es trocken aus der Dunkelheit.
    »Wir haben reichlich Ersatzsicherungen. Es dauert nur eine Minute. Ich weiß nicht, wie das überhaupt passieren konnte .« Frau Martha biß sich auf die Unterlippe. Wie oft hatte sie heute nachmittag schon

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