13 - Geheimagent Lennet in der Schlangenfestung
er das Bett unter das Fenster geschoben hatte, stieg der Geheimagent hinauf und starrte hinaus in die Nacht.
Nichts!
Nachdenklich schob Lennet das Bett auf seinen Platz zurück, legte sich hin und dachte nach.
Vielleicht hat der Schwächling Edmond einen Nervenzusammenbruch bekommen, und Mira versorgt ihn, statt zu telefonieren. Oder sie haben sich im Gebirge verirrt? Doch der Weg ist völlig gerade. Sie brauchten ihm ja nur zu folgen...
Hatten sie einen Unfall? Arme Mira! Hoffentlich ist ihr nichts passiert.
Wie auch immer, die Wahrscheinlichkeit, daß der FND noch eingriff, war äußerst gering. Was konnte er allein unternehmen?
Lennet ging der Reihe nach seine Möglichkeiten durch. Die Tür aufbrechen, in den anderen Keller gehen, von dort durch das Fenster, auf die Terrasse. Und dann?... Oder warten, bis Casara mit dem Frühstück kam, ihn niederschlagen, schreien, bis der Gefängniswärter und Krankenpfleger Joe kam, ihn ebenfalls niederschlagen, was vermutlich schwieriger war, dann durch das Haus stürmen und mit Sybil, dem Chauffeur und mit Sidney abrechnen? Sidney war bewaffnet und die anderen wahrscheinlich auch! Wenn mit Gewalt nichts zu machen war, blieb nur eine List. Was konnte er erfinden? Im Hintergrund seines Gehirns dämmerte ein Einfall. Wenn die Sache funktionierte, entkam er zwar nicht seinen Bewachern, aber wenigstens diesem Gefängnis. Und es wäre ja bereits eine Erleichterung, nicht mehr in diesem Schlangenhaus gefangen zu sein. Allerdings mußte er den Gedanken fallenlassen, Sidney, die Qualle, zu schnappen. Wenn er es schaffte, sich selbst aus dieser Lage lebend zu befreien, mußte er seinem Schicksal dankbar sein.
Diese schwache Hoffnung verbesserte seine Laune. Er warf einen Blick auf das Fenster. Standen die Kameraden bereits vor den Fenstern? Hatten sie schon die Waffen im Anschlag?
Nirgends war ein Licht zu sehen, nirgends etwas von einem Angriff zu ahnen. Lennet ließ sich zurückfallen. Er mußte sich völlig auf die lang trainierte Technik der Entspannung konzentrieren, um einschlafen zu können.
Am nächsten Morgen weckte ihn Casara höflich wie immer.
»Der letzte Tag Ihrer Gefangenschaft ist angebrochen, Herr Leutnant. Immer noch keinen Kaffee?«
Lennet war überzeugt, daß Sidney ihm glaubte. So nahm er den Kaffee an. Schließlich hatte er ja auch Wein getrunken und das Fleisch gegessen! »Jetzt nur noch eine kleine Spritze, und dann geht wieder alles wie geschmiert. Ich sehe, daß Ihr Auge sich bessert. Das freut Sie doch sicher auch?«
»Es ist mir völlig egal, wenn ich heute sowieso sterben muß", erwiderte Lennet brüsk.
»Wir müssen alle einmal sterben! Ich habe das Vergnügen, Ihnen mitzuteilen, daß Senor Sidney mit den Bandaufnahmen sehr zufrieden ist. Ihre Aussagen enthalten keine Widersprüche, wie Sybil feststellen konnte. Heute verfahren wir wieder wie gestern: Am Vormittag habe ich die Freude, Sie befragen zu dürfen. Am Nachmittag wird Senor Sidney die Fragen stellen. Wir glauben, daß gegen vier Uhr alles zu Ende ist!«
Das Programm des kleinen Doktors wurde Punkt für Punkt eingehalten. Am Morgen erfand Lennet phantastische Geschichten über die Vorgesetzten im FND. Am Nachmittag mußte er wieder auf der Terrasse erscheinen. Alles wie am Vortag.
Sidney schob sich ein Bonbon in den Mund, fütterte die Schlangen und sagte mit fettiger Stimme: »Mein lieber Freund, ich will Ihnen nur noch ein paar harmlose Fragen stellen. Um Ihr Gedächtnis aufzufrischen: Was machen Sie in Marbella?«
Lennet senkte den Kopf und antwortete nicht. Sidney warf Casara einen Blick zu. Der deutete fragend auf die Spritze.
Sidney schüttelte den Kopf. »Nun", fuhr er fort, »Sie sind doch im Urlaub, oder nicht?«
Lennet wiegte sich von vorn nach hinten und wieder zurück und stieß schließlich mit geschlossenen Augen hervor: »Ja.«
»Und Sie hatten die Absicht, diesen Urlaub mit ihren Freunden Professor Marais und seiner Tochter Silvia zu verbringen?«
Die gleichen Gebärden, das gleiche mühsam hervorgestoßene Ja.
»Das wissen wir schon seit Monaten", erklärte Sidney.
»Darum haben wir auch das kleine Anwesen hier gekauft. Und darum haben wir auf Umwegen Marais davon unterrichtet, daß sich Professor von der Grün in Rom befindet. Silvia Marais ist ja nicht gerade die Schweigsamste, und so brauchten wir bloß ein bißchen bei ihren Klassenkameradinnen zu lauschen, um alles über den Urlaub zu erfahren.« Lennet antwortete nicht.
»Hat sich da vielleicht ein
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