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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kein Kiaja; ich bin ein Raïs, ein Nezanum!“
    Obgleich dieser Vorgang bis jetzt nur wenige Augenblicke in Anspruch genommen hatte, war er doch von den anrückenden Kurden bemerkt worden, und es hatte sich eine bedeutende Anzahl derselben, die sich immer mehr vergrößerte, um uns versammelt. Doch sagte mir ein einziger Blick, daß keiner von ihnen gewillt war, voreilig Partei zu ergreifen. Darum antwortete ich unbesorgt:
    „Du bist weder ein Raïs noch ein Nezanum; du bist nicht einmal ein freier Kurde wie diese tapferen Männer hier, denen du befehlen willst.“
    „Beweise es!“ rief er in höchster Wut.
    „Du bist der Dorfälteste von Dalascha; aber die sieben Orte Dalascha, Chal, Serschkiutha, Beschukha, Behedri, Biha und Schuraisi gehören zu dem Lande der Chal, welches dem Statthalter von Amadijah Tribut bezahlt und folglich dem Pascha vom Mossul und also auch dem Großherrn in Stambul untertänig ist. Der Älteste eines Dorfes, welches dem Padischah Tribut entrichtet, ist aber nicht ein freier Nezanum, sondern ein türkischer Kiaja. Wenn mich ein freier, tapferer Kurde beleidigt, so fordere ich mit der Waffe Rechenschaft von ihm; denn er ist der Sohn eines Mannes, der vor keinem Menschen sein Knie beugte. Wagt es aber ein türkischer Kiaja, der ein Diener des Mutessarif ist, mich einen Hund zu nennen, so werfe ich ihn vom Pferd und gebe ihm die Sohle meines Fußes auf den Leib, damit er die Demut lerne, die er jedem tapferen Mann schuldig ist! Sagt mir, ihr Männer: Wer hat den Tributeinsammler eines türkischen Dorfes zum Anführer der berühmten Kurden von Berwari gemacht?“
    Ein lautes Murmeln ließ sich rundum hören. Dann antwortete einer:
    „Er selbst.“
    Ich wandte mich an den Sprecher:
    „Kennst du mich?“
    „Ja, Emir, die meisten von uns kennen dich.“
    „Du weißt, daß ich ein Freund und Gast des Bey bin?“
    „Wir wissen es!“
    „So antworte mir: Gab es unter den Berwari keinen, der würdig gewesen wäre, die Stelle des Bey zu vertreten?“
    „Es gibt ihrer viele“, antwortete er stolz; „aber dieser Mann, den du Kiaja nennst, ist oft in Gumri. Er ist ein starker Mann, und da er eine Blutrache mit dem Melek von Lizan hat und wir mit einer langen Wahl keine Zeit verlieren wollten, so haben wir ihm den Befehl übergeben.“
    „Er ist ein starker Mann? Habe ich ihn nicht vom Pferd geworfen und dann zu Boden getreten? Ich sage euch, daß sein Leib die Erde nicht wieder verlassen, seine Seele aber zur Dschehennah fahren soll, wenn er es noch ein einziges Mal wagt, mich oder einen meiner Freunde zu beleidigen! Die Faust eines Emirs aus Tschermanistan ist wie Kumahsch (Sammet) für den Gefährten, für den Feind aber wie Tschelik (Stahl) und Demihr (Eisen).“
    „Herr, was forderst du von ihm?“
    „Der Bey ist in Lizan gefangen. Er sendet mich zu euch, um mit eurem Anführer zu besprechen, was ihr tun sollt. Dieser Mann aber will dem Bey nicht gehorchen; er will nicht mit mir reden und hat mich einen Hund genannt.“
    „Er muß gehorchen – er muß dich hören!“ rief es im Kreis.
    „Gut“, antwortete ich. „Ihr habt ihm den Befehl übertragen, und so mag er ihn behalten, bis der Bey wieder frei ist. Aber wie ich ihm seine Ehre gebe, so soll er mir auch die meinige erweisen. Der Bey hat mich gesandt; ich stehe hier an seiner Stelle; will dieser Kiaja in Frieden mit mir verkehren und mich behandeln, wie ein Emir behandelt werden muß, so gebe ich ihm seine Waffen zurück, und der Bey soll bald wieder in eurer Mitte sein.“
    Ich blickte mich forschend im Kreise um. Es standen, so weit ich sehen konnte, weit über hundert Männer zwischen den lichten Büschen umher, und alle riefen mir ihre Zustimmung zu. Darauf wandte ich mich zu dem Kiaja:
    „Du hast meine Worte gehört; ich erkenne dich als Anführer an und werde dich deshalb jetzt Agha nennen. Hier hast du deine Flinte und dein Messer. Und nun erwarte ich, daß du auf meine Worte hörst.“
    „Was hast du mir zu sagen?“ brummte er höchst mißmutig.
    „Rufe alle deine Berwari zusammen. Sie sollen nicht eher vorgehen, als bis unsere Besprechung zu Ende ist.“
    Er blickte mich sehr erstaunt an.
    „Weiß du denn nicht, daß wir Lizan überfallen wollen?“ fragte er mich.
    „Ich weiß es; aber es geschieht auch später noch zur rechten Zeit.“
    „Wenn wir zaudern, so werden die Nasarah über uns herfallen. Sie wissen, daß wir kommen; sie haben uns gesehen.“
    „Eben weil sie es wissen, sendet der Bey mich zu euch.

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