13 kleine Friesenmorde
zur Seite, schüttelte ihr langes Haar in den Nacken und nahm eine Erwartungshaltung ein. Ein trotziger Blick traf die Herren, denn sie hatte schuldbewusst einige Dinge verschwiegen und beschlossen, den Rest nicht preiszugeben. Aber weder der Kapitän noch der Kriminalbeamte setzten zu einer Frage an. Sie hielten sich zurück.
Als es erneut an die Tür klopfte, erwartete Dr. Mann den Leiter des Akkordeonorchesters, der für Ina Schneefelder verantwortlich war und sie in Empfang nehmen sollte. Der Sanitätsoffizier fuhr erschrocken zurück, als er in das Gesicht des Matrosen blickte, der ihn mit vernebeltem Blick anstarrte und seinen breiten Mund zu einem »O« formte.
Bootsmannsmaat Boomgarden und der II. Offizier hielten die Handgelenke des stiernackigen blonden Mannes, um die Leder lag.
Durch die Sanitätsstation schallte schrill die Stimme Inas, die den Anwesenden durch Mark und Bein fuhr. Ina Schneefelder setzte den Schrei nicht ab, während sie in das bewegungslose Auge des Matrosen starrte. Ihre Hände zitterten.
Im Gesicht von Fredo Wattnor zeigte sich keine Regung. Sein Mund blieb in hängender Haltung. Er ließ sich willenlos abführen, ohne aussprechen zu können, wie solche Mädchen wie diese ihn immer an den Rand gedrückt hatten, wenn sie ihn gleichzeitig reizten. In seinem Kopf zogen die Gedanken träge. Da gab es kein blitzschnelles Finden. Da war dumpfe Leere, und nur mühsam produzierte er das Bild vom schwarzen lockigen Schamhaar, das ihn triebhaft gereizt hatte.
Als Knutsen den Passat auf den Parkplatz der Polizeistation abstellte, befand sich Kaldenkirchens Wagen nicht mehr auf dem reservierten Streifen.
Im Dienstzimmer lag bereits die Dämmerung. Knutsen schaltete das Licht ein. Im Aktenkorb befand sich die Spätpost.
Knutsen griff zum prallen Briefumschlag und riss ihnauf. Zum Vorschein kam eine gefaltete Computerliste. Er fand das Begleitschreiben und las: »LKA Hannover. Sehr geehrte Herren Kollegen, wir gratulieren, denn uns sind einige lang gesuchte Personen in den Fahndungsbereich gekommen. Ihre Namen sind auf der Liste rot unterstrichen. Mit dem Mordfall an Bord des Fährschiffes werden sie kaum in Verbindung zu bringen sein. Mit kollegialen Grüßen!«
»Das ist schon einmal ein Lob. Da kann auch Kaldenkirchen nicht dran vorbei«, sagte Nordmann und schlürfte genüsslich den Kaffee.
Knutsen nahm die Liste. »O weia!«, stöhnte er, als sich das Faltblatt bis zum Boden hin abrollte. »Die werden doch wohl nicht alle in einen Verdacht geraten sein?«
Nordmann sagte: »An Bord befanden sich etwa 1100 Passagiere!«
»Hast du noch etwas Wichtiges vor heute Abend?«, fragte Knutsen.
Nordmann winkte ab.
»Gut, dann machen wir eine Vorsortierung.«
Die Arbeit entpuppte sich als eine unüberwindliche Hürde. Passagiere, die irgendwann einmal mit dem Gesetz kollidiert waren, fanden hier ihre Taten aufgelistet.
Knutsen sagte: »So kommen wir nicht durch. Wir haben eine Niete gezogen.«
Aber Nordmann wollte so schnell nicht aufgeben. »Suchen wir uns doch die Straftäter heraus, die in unseren Gefilden beheimatet sind.«
Knutsen fand den Gedanken gut. »Vielleicht hilft uns Kollege Zufall«, sagt er. Er ging die Liste durch. Sein Finger fuhr die Spalten entlang, dann sagte er: »Lars,notiere! Jörn Taden, Gründeichen. Vergewaltigungsversuch.«
»Ob das was bringt?«, fragte Nordmann.
Knutsen sagte: »Wir brauchen Zeugen! Es hilft uns nicht weiter, wenn wir mit einem Foto der Iris Melchior die Filipinos befragen, wer wohl mit ihr ein Bier getrunken hat.«
»Das stimmt«, sagte Nordmann, »das kann Torfner versuchen.«
»Lars, auf die Schnelle noch ein Bier?«, fragte Knutsen.
»Aber nur kurz!«, antwortete Nordmann.
Sie verschlossen die Akten, als der Dienst tuende Wachtmeister das Zimmer betrat.
»Da seid ihr ja noch! Ein Fernschreiben der ?Polar-Road Star?«, sagte er und wartete.
Knutsen nahm das Blatt entgegen. Er überflog den Inhalt und setzte sich hin.
»Das ist eine Sensation!«, stöhnte er. »Mörder bei Vergewaltigungsversuch auf frischer Tat ertappt. Opfer ist wohlauf. Täter ist Besatzungsmitglied, leugnet, verstrickt sich in Widersprüche. Bitte Weitergabe an Staatsanwalt. Laufen gegen 21 Uhr ein. Kapitän Petersen, Kriminalkommissar Torfner.«
»Der Mann wird abgeholt. Ich habe die Aktion bereits eingeleitet«, sagte der Wachtmeister.
Am Kaigelände pulsierte das Leben. Licht fiel aus den Neonleuchten auf die Bahnen der parkenden Autoschlangen. Der
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