13 kleine Friesenmorde
Die beiden Damen der Polizei zeigten viel Mitgefühl, als sie sich um sie bemühten.
Fredo Wattnor musste den Mord an Iris Melchior widerrufen.
Lehrer Karski, der sich unermüdlich für den Jungen eingesetzt hatte, erreichte, dass Fredo während seiner Haftzeit in pädagogische Heilbehandlung kam undinnerhalb der Anstalten auch die Abschlussprüfung zum Kfz-Mechaniker vorbereitet wurde. Vielleicht konnte es Fredo gelingen, sich mit seinen Schwächen abzufinden. Karski hielt sich helfend im Hintergrund. Er hatte Fredo noch nicht aufgegeben.
Tödlicher Vatertag
A de Sielhoff, 62, bewohnte mit seiner Frau Greta, 60, in Berumbur ein gepflegtes, rot geklinkertes Einfamilienhaus auf dem Rehweg, der von der
Schulstraße abzweigte und eine Schneise bildete im grünen, ehemaligen Fehngebiet, von einem kleinen Mischwald umrandet, und auf einem festen Wanderweg
auslief.
Ade Sielhoff, Rentner, ehemaliger Industriemeister bei VW in Emden, und seine Frau Greta liebten die Gartenarbeiten und betätigten sich sportlich. Erst im vergangenen Herbst konnten sie mit einem Diavortrag über eine Fahrradtour in das entfernte Oslo bei einer Geburtstagsfeier aufwarten und ernteten damit die Bewunderung ihrer Nachbarn. Mit ihnen am Rehweg wohnten fünf Familien. Sie alle verstanden sich hervorragend.
Ade und Greta hatten einen Sohn, der mit seiner Frau und zwei Kindern in geordneten Verhältnissen lebte und als Krankenpfleger in Oldenburg zufrieden seinem Dienst nachging.
Auch ihre Tochter Meta war verheiratet. Sie arbeitete als Bibliothekarin an der Bremer Universität. Der Schwiegersohn hatte Wirtschaft studiert und war als Abteilungsleiter beim Finanzamt beschäftigt. Ihre Ehe blieb bis dato ohne Kinder, aus welchen Gründen auch immer, doch das konnte sich ja noch ändern, so die Meinung der Großeltern.
Greta Sielhoff besaß bei weitem nicht mehr dieSchönheit ihrer jungen Jahre, doch angesichts ihres Geburtsjahrganges bildete sie eine Ausnahmeerscheinung in der Frauensauna, die sie regelmäßig aufsuchte. Greta war schlank und ihr Gesicht wirkte immer noch markant.
Auch Ade Sielhoff konnte seine Jahre nicht verhehlen, dennoch wirkte er jünger als die meisten Altersgenossen. Er trug sein graues Haar nach hinten gekämmt, sein spitzes Gesicht zierte ein Bart. Ade hatte eine schlanke Figur. Er gehörte zu den Joggern, die sich ihrer Gesundheit wegen abquälten. Er kraxelte zusätzlich im Spätsommer mit gleich gesinnten Freunden in den Ötztaler Alpen, war Saunafan und liebte es, spätabends mit einem Nachtglas im benachbarten Berumer, Lütetsburger und Nordwald Tiere zu beobachten. Seit seiner Kindheit hatte er sich für Biologie interessiert, viele Nachmittage in der Bibliothek der ehe- und kinderlosen Lehrerin verbracht, die zu dieser Zeit eine alte Frau gewesen war. Ade war 1940 geboren. Er besaß noch Erinnerungen an die Kriegszeit. Sein Vater zählte zu den Opfern. Er hatte im Kessel von Stalingrad gekämpft und war nicht mehr nach Hause zurückgekehrt.
Ade hatte sich zum Klempner und Installateur ausbilden lassen und es zum Werkmeister bei VW-Emden gebracht. Ehefrau Greta hatte in einem Textilhaus in Norden Verkäuferin gelernt.
Am Abend des 9. Mai vor Christi Himmelfahrt, einem willkommenen Feiertag in Österreich, der Schweiz und Deutschland, der, seinem Nimbus als religiöses Ereignis entleert, allgemein als Vatertag begangen wurde, entschieden sich die Sielhoffs gegen 19 Uhr bei angenehmen, frühsommerlichen Temperaturen nach einem bewölkten Tag zu einer Fahrradtour, die sienach Großheide und Hage über Lütetsburg durch den Wald zum Tidofelder Holz führte.
Sie radelten mit dem Blick auf die maigrünen Äste der Bäume über den Weg. Den Waldboden bedeckten frühe Moosröschen, am Rand des Weges blühte der Löwenzahn, wuchsen Heckenrosen heran. Die Vögel zwitscherten. Nur einige Jogger begegneten ihnen. Sie radelten in Richtung Lukim-Brücke und erschraken, als eine Eule mit schweren, dumpfen Flügelschlägen über ihre Köpfe davonflog und im Dickicht des Waldes verschwand.
Sie blickten sich überrascht an. In die Stille des Waldes drang ein gedämpfter Schrei und das Wiehern eines Pferdes. Sie drosselten ihre Geschwindigkeit und hielten kurz an. Ade schaute sich um. Oft begegneten ihnen hier Reiter. In nächster Nähe lagen der Reiterhof und das Gestüt »Erlenhof«.
Ade zeigte nach vorne. Sie stiegen wieder auf die Räder, fuhren langsam und blickten suchend in den Wald.
Kurz vor dem Knick des
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