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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Weges, der zur Lukim-Brücke führte, sahen sie ein Pferd. Es lag auf der Seite, die Beine von sich gestreckt, und scheuerte seinen Kopf unentwegt mit stierigen Augen über den mit Schutt befestigten Boden.
    Greta schrie auf. Ade legte das Rad auf den Boden und näherte sich vorsichtig der Unglücksstelle. Ein Reiter lag mit dem Kopf nach unten auf dem festen Waldboden in einer Blutlache vor dem stark verwurzelten Stamm einer Buche. Die Reiterkappe lag blutgetränkt nur wenige Zentimeter vom Kopf entfernt.
    Ade neigte sich über den Reiter. Er atmete nicht mehr.
    »Er ist tot«, sagte er zu Greta und betrachtete dasoffensichtlich gestürzte Pferd. Es zuckte mit dem Leib, den Nüstern entfuhr röchelnd der Atem.
    Ade Sielhoff redete auf das Pferd ein, streichelte den zitternden Hals des Tieres. Das Pferd schüttelte sich und wieherte, als wolle es Ade berichten.
    Greta kam näher. Auch sie sprach mit dem Pferd, während Ade seiner Wetterjacke das Handy entnahm, die Notrufnummer wählte und den Vorfall der Polizei meldete. Er bat um einen Kranken- und Notarztwagen und wegen des verletzten Pferdes einen Tierarzt zu benachrichtigen. Dann steckte er das Handy wieder ein, trat abermals an das Pferd heran und redete sanft auf das Tier ein.
    Vor dem Sattel entdeckte er eine blutige Stelle.
    »Ade, können wir dem Mann helfen?«, fragte Greta mit käsigem Gesicht.
    »Er ist tot, unglücklich vom Pferd gefallen«, antwortete Sielhoff.
    Am Himmel trieb leichter Nebel von der See über die Küste. Hin und wieder stach die Abendsonne für kurze Momente durch die Schleierfetzen des Nebels. Die Bäume trugen zartes Frühlingsgrün. Durch die Wipfel fuhr der Nordwestwind. Die Luft war würzig und klar.
    Sie erschraken, als das Pferd die Hinterbeine scharrend anzog, sich auf den Rücken wälzte, sich zuerst wiehernd auf die Vorderbeine stellte und dann ganz erhob. Es zitterte am ganzen Körper. Schweiß bedeckte das Fell.
    Ade Sielhoff griff nach den Zügeln und strich mit der Hand beruhigend über die Blesse. »Brav«, sagte er und kraulte die fast blonde Mähne des Tieres.
    Der tote Reiter wirkte hoch gewachsen und schlank. Er trug Reitstiefel und einen gelben Anorak.
    Über dem Wald zog die Dämmerung auf. In die Stille des Maiabends drang das Martinshorn.
    Ade schaute auf seine Armbanduhr. Es war 10 Minuten vor 21 Uhr. Das Pferd atmete immer noch unruhig, verlagerte sein Gewicht abwechselnd auf die Hinter- und Vorderbeine.
    Greta Sielhoff blickte erleichtert auf. Der Notarzt näherte sich mit zwei Sanitätern, die eine Trage trugen.
    »Moin«, sagte der Arzt. Er war um die 40, schlank und trug weiße Jeans und ein Blouson. Er stellte die Arzttasche vor dem Opfer ab, öffnete sie, entnahm ihr Handschuhe und streifte sie über seine Hände. Behutsam wendete er das Opfer, öffnete seinen Anorak, schob Pullover samt Hemd und Wäsche hoch, griff zum Stethoskop, setzte es auf die behaarte Brust und horchte vergeblich auf einen Herzschlag des Reiters.
    Er schüttelte nachdenklich den Kopf, legte das Stethoskop in die Tasche, säuberte mit Watte die klaffende Stirnwunde und das Gesicht des Unfallopfers, blickte im Strahl einer Stablampe in die Pupillen und zog gekonnt die Lider über die toten Augen des Reiters.
    »Der Mann ist tot«, wandte er sich an die Sanitäter. Die Männer nahmen die Trage und gingen davon.
    Zwei Polizeibeamte in Begleitung eines gesetzten Mannes näherten sich eilenden Schrittes von der Lukim-Brücke der Unfallstelle und blickten sich fragend um.
    »Ein Reitunfall mit tödlichem Ausgang«, sagte der Notarzt und packte seine Tasche. »Mein Name ist Frank Rieker. Vom Norder Krankenhaus.«
    »Kommissar Mannsen, mein Kollege Neemann und Dr. Pauls, Veterinär«, sagte der hoch gewachsene Beamte. Die Polizisten trugen Uniformen, der Tierarzt einengrauen, fleckigen Kittel und Gummistiefel. In der rechten Hand hielt er den Bereitschaftskoffer.
    »Sie benötigen die Hilfe eines Bestatters«, sagte der Arzt. Er wies auf Ade und Greta Sielhoff und fügte hinzu: »Die geduldigen Zeugen.« Er blickte sie freundlich an und besprach sich mit den Polizeibeamten, während Dr. Pauls zu Ade Sielhoff ging.
    »Gut gemacht«, sagte er, klopfte ihm jovial auf die Schulter und blickte dabei in die unruhigen, geweiteten Augen des Pferdes. »Mein Freund, wacker, das war nicht deine Schuld«, sprach er besänftigend auf das Pferd ein, öffnete seine Tasche, entnahm ihr grünliche, markstückgroße Dragees, hielt sie auf seiner geöffneten

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