13 kleine Friesenmorde
pummelig noch schlank, eher kräftig und stabil, dennoch entsprachen ihre Maße nicht ihren Erwartungen, erst recht nicht denen ihres Mannes.
Sie hatte für Tamme oft gehungert, vergeblich, wie sich herausstellte. Sie und Tamme hatten eine Tochter von 20 und einen Sohn von 28. Alberta studierte in Hannover Tiermedizin. Sie war eine exzellente Reiterin. Sohn Eilbertus stand nach erfolgreichem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Köln vor dem Examen. Er war für Tamme der liebe, tüchtige Sohn, der ihr Lebenswerk nach einigen weiteren Lehrjahren mit Geschick weiterhin auf Erfolgskurs zu halten auserkoren war. Sie hatte es mit Tamme in den gemeinsamen, harmonisch verlaufenden Jahren zu einem ansehnlichen Vermögen gebracht. Sie besaßen auf Norderney im Haus »Kaiserhof« fünf lukrative Ferienwohnungen, auf der Insel Baltrum ein Apartmenthaus, die eine Maklerfirma betreute, und hatten auf Juist das Hotel »Wölkchen« mit dem dazugehörigen Café »Windeck« einem verlässlichen Pächter anvertraut. Hinzu kamen Mietwohnungen in Wilhelmshaven an der Gökerstraße.
Mimke Cornelius nahm ein Fotoalbum in die Hand, trank den Wein in kleinen Schlückchen, rauchte hin undwieder eine Zigarette und begab sich vor den tanzenden Flammen der lodernden Buchenscheite gedanklich auf eine Reise in ihre durch Fotos dokumentierte Erinnerung. Dabei huschte gelegentlich ein hämisches Lächeln über ihr immer noch attraktives Gesicht.
Tamme war der Sohn des Steuerberaters ihres Papas. Sie hatten sich kennen gelernt bei einer kleinen Feier im Piqueur-Hof in Aurich, nachdem der Papa mit hoher Rendite den Hof samt Äckern und Weiden an die NSG GmbH verkauft hatte, die auf dem Gelände eine vom Land Niedersachsen geförderte Wohnsiedlung errichtet hatte.
Mimke, zu der Zeit eine frisch ausgebildete Zahnarzthelferin, und Tamme, frisch examinierter Diplom-Kaufmann, hatten sich an diesem Abend nach dem Essen in den Schlossanlagen der Bezirksregierung, dem Sitz der Staatsanwaltschaft, zum ersten Male geküsst. Mimkes und auch Tammes Eltern waren verstorben und hatten ihnen ein ansehnliches Erbe hinterlassen. Es war der Grundstock ihrer erfolgreichen Maklerfirma. Sie hatten sich ewige Treue geschworen und bildeten mit ihren erfolgreichen Kindern eine glückliche Familie. Vor fünf Jahren hatten sie ihre Wohnung im Auricher Bürohaus aufgegeben, die für die expandierende »Steuerberatungs- und Vermögensanlagepraxis Tamme Cornelius und Co.« benötigt wurde. Ihrem überdurchschnittlichen Einkommen entsprechend und aus Repräsentationsgründen hatten sich Tamme und Mimke für die Errichtung eines reetgedeckten Bungalows im benachbarten Leezdorf entschieden und sich damit einen lang gehegten Traum erfüllt.
Doch nicht genug damit. Tamme liebte Pferde. Er war ein hervorragender Reiter. Diese Leidenschaft teilte ermit Tochter Alberta. Beide machten mit Erfolgen bei Springreiten in der Krummhörn und Arle auf sich aufmerksam, was dazu führte, dass Tamme in der Nähe des Lütetsburger Forstes einen alten Bauernhof mit großzügigem Weideland kaufte, streng und gewissenhaft, wie es seine Art war, in Verden an der Aller drei Reitpferde erwarb, die in ihren »Stammbäumen« auf berühmte Ahnen zurückblicken konnten. Er baute die Scheune und den Geräteschuppen zu einer Reithalle um, ließ zusätzlich Sand anfahren und errichtete auf einem Teil der Weide einen Reitplatz mit Parcours und Hindernissen und betätigte sich immer dann, wenn er Zeit hatte, als Reitlehrer, erfolgreich wie immer, das versteht sich.
Mimke Cornelius betrachtete Fotos ihres Mannes, die ihn stolz im Sattel zeigten. Tamme hatte es zu einigen Siegen im westfälischen Raum gebracht. Er gewann ein Senioren-Jagdspringen, eine Einlage während der Aachener Reiterwoche. In seinem Arbeitszimmer, das sich oben befand, legten Trophäen Zeugnis seiner Reiterlaufbahn ab.
Mimke hatte sich nie etwas aus Pferden gemacht. Dennoch war sie stolz auf Tamme gewesen, wenn mal wieder sein Name, oft mit einem Foto, in den Zeitungen erschienen war.
Umso entsetzter hatte sie reagiert, als Tamme, der sich wegen seiner vielen Aktivitäten oft nicht zu Hause befand, am späten Nachmittag des 25. Februar, während das Fernsehen die Rosenmontagszüge von Köln, Düsseldorf und Mainz übertrug, zu ihr gekommen war, mit ihr nervös und hastig rauchend den Tee eingenommen und ihr unverblümt mitgeteilt hatte, dass er sich von ihr zu trennen gedachte. Seinehastig vorgetragenen
Weitere Kostenlose Bücher