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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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einsam. Sie hatte den teuren Mercedes ihres Mannes behalten, fuhr zu den Konzerten nach Emden, besuchte inBerum die Sauna, feierte mit den Saunaschwestern Geburtstage und empfing alte Schulfreundinnen zum Tee, die wie sie die sechzig überschritten hatten.
    Sie schaute oft Fernsehen, las sehr gerne und sprach oft mit Josef. Wenn sie an kalten Tagen vor dem Kamin saß, in die tanzenden Flammen schaute, glaubte sie ihren Josef in der Nähe zu spüren. Sie war fest davon überzeugt, dass seine unsterbliche Seele oft bei ihr weilte.
    Bis auf Bertus Poppen, der ihren Garten liebevoll pflegte, verzichtete Jakoba auf helfende Angestellte.
    Der gleichaltrige Rentner besaß ihr Mitgefühl. Sie hatten ihn in der Volksschule wegen seines Buckels nicht nur gehänselt, schikaniert, sondern auch von ihren Spielchen und Spielen ausgeschlossen.
    Bertus, Sohn einer schlampigen und verwirrten Mutter, die als Kuhmagd beim Landwirt Abbinga im Scheunentrakt damals gewohnt hatte, war ohne Vater herangewachsen. Die Mutter war eine exzellente Melkerin und Käserin gewesen und verstorben. Ohne Schulabschluss hatte sich Bertus Poppen, der weder lesen noch schreiben gelernt hatte, als Knecht und Gelegenheitsarbeiter bis ins Rentenalter verdungen. Er lebte in der abgewohnten, sich im Gemeindeeigentum befindlichen Moorkate, im Volksmund »Schuppen« genannt, die sich hinter dem Berumerfehner Wald im Moorgelände befand.
    Bertus Poppen war bisher niemandem zur Last gefallen. Er kam mit der knappen Rente klar, die auf sein Konto überwiesen wurde, um das sich die Gemeindeschwester kümmerte, die den alten Sonderling betreute und nach dem Rechten sah.
    Bertus Poppen bot in keiner Weise einen Anlass, ihn in ein Heim zu stecken.
    Wenn Bertus Poppen unrasiert mit ungepflegten Haaren in abgetragener Drillichhose, nach vorn gebeugt, mit der Shag-Pfeife zwischen den Zähnen, im verwaschenen Baumwollhemd, das sich über seinen Buckel spannte, den Rasen mähte oder in den Beeten das Unkraut jätete, steckte Jakoba Pilchrat einen Fünfzigmarkschein zwischen hergerichtete Käse-, Wurst-, und Mettschnitten, fügte einen Apfel, eine Birne, Banane oder Orange je nach Jahreszeit hinzu, legte zwei Flaschen Bier hinein und trug das gefüllte Strohkörbchen in die Garage zu dem kleinen Abstelltisch, unabhängig von der Arbeitszeit des verlässlichen Gärtners.
    Bertus Poppen betrat nie das Haus von Jakoba Pilchrat. Selbst bei Wind und Wetter und im stürmischen Regen besprach sich Jakoba mit ihm vor dem Haus oder in der Garage. Er nannte Jakoba Pilchrat »Gnädige« und hatte, wie sie annahm, die Schmach vergessen, die sie ihm mit ihren Schulfreundinnen während seiner Kindheit angetan hatte.
    In Anbetracht der ansteigenden Kriminalität empfahl Sohn Georg, der in dem gesunden mittelständischen Unternehmen zurzeit 250 Mitarbeiter beschäftigte, der Mama, sich einen Hund zuzulegen. Er hatte Beziehungen zu einem Hundezüchter im Westfälischen. »Hasso, ein Schäferhund, Rüde, mit Stammbaum, zugerichtet, an die Haustür geliefert«, lautete seine Offerte.
    Jakoba hatte weder Angst im Haus noch mochte sie Hunde. Sie belächelte den fürsorglichen Vorschlag ihres Sohnes.
    Ob ein abgerichteter Schäferhund an ihrer Seite zur Vermeidung der Ereignisse, die sich an einem dunklen Dezembertag, während Schneeflocken den Rasen
     bedeckten,der Himmel mit schwarzen Wolken die ostfriesische Küste bedeckte, beigetragen hätte, das ist im Nachhinein schwer zu
     beurteilen.
    Jakoba Pilchrat saß an diesem späten Samstagabend vor dem Kamin. Sie hatte geduscht, trug über ihrer Wäsche den molligen Bademantel und blickte in die lodernden Flammen. Sie nippte am Weinglas, stellte es ab und griff zu ihrem Fotoalbum, es handelte sich um den Band III, den sie beschriftet und fertig gestellt hatte. Jakoba hatte die in Kartons und Teedosen herumfliegenden Fotografien gesammelt und geordnet. Sie liebte es, sich an die Jahre mit Josef zu erinnern.
     
    Bertus Poppen blieb im Edeka-Markt keine Mark schuldig, wenn er sich mit Bier und Corvit eindeckte, die Einkaufstaschen links und rechts an den Lenker seines Fahrrades hängte und sich auf den beschwerlichen Rückweg machte.
    Am Möhlenkamp endete der gefestigte Weg. Von dort schob er das Rad über den von Waldfahrzeugen zerfurchten und mit Pfützen übersäten Feldweg nach Hause.
    Die Gemeinde hatte den alten Ölofen entfernt und die Räume mit einer Nachtspeicherheizung versehen und den »Schuppen« im Vorgriff auf spätere bauliche

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