13 kleine Friesenmorde
Kollege Uniform. Volker Bents blickte auf das entstellte, blutige Gesicht.
»Unmenschen, die so etwas anrichten«, schimpfte er.
Der Kurierfotograf Manstroh betrat den Korridor.»Ich komme von der Weihnachtsfeier der AWO«, sagte er und blickte angeekelt auf die Leiche.
»Der Dame war es nicht vergönnt, das Weihnachtsfest zu erleben«, sagte Volker Bents verbittert.
Der Fotograf machte Fotos von der toten Jakoba Pilchrat, die nicht weit entfernt vom Tatort ihre Kindheit erlebt hatte, während ihres Lebens manchen Gefahren entronnen war. Verbrecher hatten sie aus Habgier im eigenen Hause erschlagen.
»Immer noch besser, als an Speiseröhrenkrebs zu krepieren«, meinte der Kommissar.
»Gar nicht erst geboren zu werden, das wäre die Patentlösung«, sagte Manstroh ironisch und ging mit einem »Moin« davon.
Kollege Hanno Nestler trat an die Tür. »Keine Spuren hinter dem Haus. In der Garage stehen ein Mercedes, ein toller Schlitten, und ein Polo. Es gibt dort ebenfalls keine Spuren«, sagte er.
»Eine betuchte Dame«, meinte der Kommissar.
»Dafür spricht hier alles«, warf Löning ein.
In die kalte Luft mischte sich der Geruch von Blut, Urin und Kot.
Löning und Buscher begannen mit der Spurenaufnahme, setzten Fähnchen und markierten die Umrisse des Opfers auf dem Teppich.
Kommissar Bents betrat das Wohnzimmer, um sich umzuschauen. In der Tat hatte ein Einbrecher oder mehrere hier ihr Unwesen getrieben. Abgesehen von den herausgerissenen Schubladen und offenen Schranktüren überstieg die gediegene Einrichtung seine Vorstellungen vom »Schönen Wohnen«.
Sie bestand aus handgefertigten Eichenmöbeln mit geschmiedeten Scharnieren und Griffen. Der große Esstischund die Eichenstühle
erinnerten den Kommissar an Museumsbesuche. Die mit Raufaser tapezierten Wände zierten Ölgemälde flämischer Meister. Vor den Fenstern hatte das Opfer die
Stores gezogen. Die Lampe mit der Ziehvorrichtung warf Licht auf den mit Perserteppichen belegten Parkettboden.
Vor dem Kamin, in dem die Scheite zu Asche abgebrannt waren, befanden sich bequeme Sitzmöbel und ein kleiner Tisch, auf dem eine halb leere Weinflasche neben einem aufgeschlagenen Fotoalbum stand.
Volker Bents verließ das Wohnzimmer.
Dr. Krekeler vom Norder Krankenhaus kniete vor der Leiche und führte seine Untersuchung durch. Vor ihm stand die geöffnete Medizinertasche. Er trug einen weißen Kittel und an den Händen Gummihandschuhe. Er säuberte mit Tupfern die Wunde.
»Erschlagen wie einen räudigen Hund«, sagte er und ging akribisch zu Werke.
Löning und Buscher suchten die Türklinken nach Spuren ab, Focken und Nestler befragten die Nachbarn nach irgendwelchen Vorkommnissen oder Beobachtungen in Bezug auf das Verbrechen an Frau Jakoba Pilchrat.
Dr. Krekeler, Oberarzt der Chirurgischen Abteilung, vertraut mit Verkehrsopfern, erhob sich, entsorgte die Handschuhe in eine Plastiktüte und steckte sie in seine Tasche.
»Herr Dr. Krekeler, Bents ist mein Name, ich leite hier die Ermittlungen«, stellte sich der Kommissar vor.
»Eine üble Sache. Die Dame, deren Personalien Sie besitzen, wurde, wie bereits gesagt, erschlagen. Als Tatwaffe kommt ein Eisenrohr, ein Kuhschwanz oder ein fester Knüppel in Frage.« Dr. Krekeler zog den Kittelaus und steckte ihn in seine Tasche. »Der Täter schlug zu, als sie ihm die Tür öffnete«, fügte er hinzu.
»Raubüberfall, dafür spricht die Unordnung im Wohnzimmer. Er suchte wahrscheinlich nach Geld«, sagte der Kommissar.
»Vielleicht Süchtige«, bemerkte Löning, der dabei war, die Wohnzimmertür mit Puder zu bestreichen.
»Selbst hier in den friedlichen Fehn-Orten wird gedealt«, meinte Buscher.
»Wo soll das noch hinführen?«, antwortete der Arzt.
Egbert Oltmann und sein Angestellter erschienen mit dem Sarg, stellten ihn im Korridor neben dem Opfer ab und legten den Deckel beiseite. Sie hoben kurz ihre Prinz-Heinrich-Mützen vom Kopf und blickten mit ernstem Gesichtsausdruck auf die tote alte Dame.
»Traurig, am zweiten Adventssonntag«, meinte der Bestatter.
Dr. Krekeler packte mit an. Sie legten das Opfer in den Sarg.
»Zum Kreiskrankenhaus«, sagte der Kommissar.
Dr. Krekeler nahm seine Tasche und folgte den Bestattern zum Wagen.
Am Montagmorgen berichteten die Zeitungen über das grausige, brutale Verbrechen im ländlichen, verträumten
Westermoordorf. Bereits um 9 Uhr parkte Georg Pilchrat seinen BMW auf dem Platz vor dem »Alten Weinhaus« in Norden in der Nähe der
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