13 kleine Friesenmorde
Maßnahmen an die Kanalisation des Möhlenkamps angeschlossen.
Dort hatte die Gemeinde einen Wohnblock für die Unterbringung der ihr zugewiesenen Asylanten und Russlanddeutschen errichten lassen.
Unterkunft in diesem Mehrfamilienhaus hatten auch zwei junge Männer gefunden, es handelte sich um Vettern,die gebürtig aus Berumerfehn und Westermoordorf stammten. Sie waren 32 und 34 Jahre alt.
Beide waren geschieden, wegen krimineller Machenschaften und Körperverletzung in mehreren Fällen vorbestraft und waren in den Maschen des sozialen Auffangnetzes gelandet. Sie waren von Hamburg übergesiedelt, zeigten sich arbeitswillig, fanden Einsatz bei der Pflege der Straßen und Gehwege und der gärtnerischen Betreuung der Grünanlagen. Dabei blieb es kein Geheimnis, dass sie, ohne irgendwo anzuecken, jede freie Mark in Alkohol umsetzten.
Es handelte sich um den gelernten Straßenpflasterer Carlo Melchert und den Friseur Felix Sievers. Ihre Vita war den Verantwortlichen im Rathaus bekannt, und keine Zeile aus den Akten fand den Weg in die Öffentlichkeit.
Die beiden Männer kleideten sich adrett, wirkten in keiner Weise auffällig, und es störte niemanden, wenn sie sich mit dem Taxi abends zum Saufen nach Emden fahren ließen, soweit es ihre Finanzen zuließen. Doch daran haperte es sehr häufig. Sie liebten es, bei gutem Wetter in der Nähe des Kiosks die Ruhebank mit dem Blick auf den Kanal zu belagern. Dabei wurden sie auf Bertus Poppen aufmerksam, der sich großzügig an den Samstag- und Sonntagabenden gegen Bares bedienen ließ.
Carlo Melchert und Felix Sievers gingen geschickt zu Werke, das Vertrauen des alten, buckeligen Mannes zu erlangen, der in den jungen Männern Schicksalsgenossen entdeckte, die wie er von der Gesellschaft verstoßen wurden. Er lud sie zu sich in den Schuppen ein.
Bertus Poppen, um den sich seit dem Tode der Mutter, und das lag eine kaum noch zu übersehende Zeit zurück,niemand gekümmert hatte,
fand Gefallen an den flotten Sprüchen und der Hilfsbereitschaft und der Zuneigung seiner Freunde, zahlte gerne und fühlte sich wohl im Umgang mit seinen
jungen Freunden, die sein tristes Leben bereicherten und ihn liebevoll »Opi« nannten.
Mit dem Einsetzen des Winters blieben die Zuwendungen der »Gnädigen« aus. Bertus Poppen schränkte notgedrungen seine großherzige Gastfreundschaft ein. Er teilte zwar, wenn die Jungs im Schuppen erschienen, mit ihnen seinen Vorrat, verwies sie allerdings auf das Frühjahr und damit auf bessere Zeiten.
Maike Rengsdorf blickte an diesem frostigen Dezembermorgen ihren Mann fragend an. Frank räumte den Frühstückstisch ab. Die Töchter hatten sich auf ihr Spielzimmer zurückgezogen, um weiter an ihren Bastelarbeiten an den Weihnachtsgeschenken zu arbeiten.
»Mama meldet sich nicht«, sagte Maike nervös.
»Heute ist der zweite Adventssonntag. Vielleicht besucht sie die Kirche«, meinte Frank und trug das Geschirr in die Küche.
Maike drückte die Taste, legte den Hörer des schnurlosen Telefons auf die Anrichte und folgte Frank in die Küche.
Sie erledigten den Abwasch und bereiteten das Mittagessen vor. Gegen 10.30 Uhr startete Maike einen weiteren Versuch. Ohne Erfolg!
Maike und Frank Rengsdorf zogen den Mädchen ihre Mäntel über für einen Spaziergang in den mit Raureif bedeckten Stadtpark.
Um 12 Uhr kamen sie zurück. Maike griff direkt zumTelefon, bekam erneut keinen Anschluss. Sie war in Sorge und rief ihren Bruder in Rheydt an. Auch Georg hatte sich vergeblich bemüht, die Mama an die Strippe zu bekommen.
»Da wird doch nichts passiert sein?«, fragte Maike beunruhigt.
»Mama wollte keinen Hund. Ich habe Hasso für mich gekauft«, antwortete ihr Bruder.
»Schönen Advent! Grüß Dagmar und die Kinder. Ich versuche es nach dem Mittagessen noch einmal«, sagte Maike und drückte die Taste.
Frank bemühte sich um Ausreden und zerstreute Maikes Befürchtungen.
Ihnen allen mundete die Puterbrust mit Apfelmus, Heidelbeeren und Kroketten, doch nach dem Essen, während die Töchter im Fernsehzimmer das Kinderprogramm sahen und Frank sich der Spülarbeit hingab, blickte Maike im Arbeitszimmer durch das Fenster auf die Spitze des Rathauses und wartete vergeblich auf die Stimme der Mama.
Kommissar Hartmut Harms hatte sich im Personalraum einen Tee aufgebrüht, trug das Kännchen samt Geschirr an seinen Schreibtisch, zündete das Teelicht an und stellte die Kanne auf das Stövchen. Er versah an diesem kalten Dezembernachmittag mit
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