13 kleine Friesenmorde
einfach mit.
Dank eines langjährigen Vertrages mit einer führenden rheinischen Lebensmittelkette erweiterte Josef Pilchrat 1981 die Fabrikationsanlagen und stellte weitere Mitarbeiter ein. Sohn Georg und Tochter Maike wuchsen zu ihrer Freude gesund und pflegeleicht heran.
Zur Beerdigung der Mama, Amanda Boomfalk war hochbetagt in Perth verstorben, flogen sie nach Australien.
Die Jahre flossen dahin, der Wohlstand mehrte sich, ohne die Bescheidenheit der Pilchrats zu berühren.
1988, an seinem 55. Geburtstag, ehrte die Stadt Rheydt Josef Pilchrat mit der Verleihung der »Kulturmedaille« für seine großzügigen, seit Jahren geleisteten Subventionen an das Stadttheater.
Sohn Georg, danach auch Tochter Maike, bestanden das Abitur und gaben sich dem Studium hin. Georg entschied sich für Volkswirtschaftslehre an der Universität in Köln, Maike studierte in Göttingen Tiermedizin.
Beide schafften die Examina mit guten Noten.
Josef Pilchrat und Jakoba näherten sich dem Rentenalter. Sie schauten stolz auf ihr Lebenswerk zurück. Ihre Kinder bescherten ihnen weiterhin viel Freude. Sohn Georg stieg zum Marketingleiter bei den niederländischen »Kaasje-Fabriken« in Edam auf und stand auf Abruf bereit, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Tochter Maike leitete das Veterinär-Amt der Stadt Velbert.
Jakoba, im großen Bungalow an der Parkstraße mit gepflegter Gartenanlage, litt unter Einsamkeit, wenn Josef– das hatte Tradition –
jeden Tag in seine Firma ging und seine Stammkunden noch persönlich aufsuchte.
Jakoba sehnte sich mit fortschreitendem Alter zurück nach Ostfriesland.
1995, an ihrem sechzigsten Geburtstag, erfüllte Josef ihr ihren dringlichsten Wunsch. Er begleitete seine Jakoba nach Berumerfehn. Sie nahmen ein
Zimmer im Kompanie-Haus, suchten bei schönem Wetter die Bank auf und erinnerten sich an den Zeckenbiss. Die elterliche Gärtnerei existierte nicht
mehr. Auf dem Grundstück befand sich ein Mehrfamilienhaus.
Bei der Suche nach einem Domizil in Ostfriesland fanden sie zu einem reetgedeckten Haus im benachbarten Westermoordorf, das neu errichtet zum Verkauf stand.
Das im Stil einer Kate gebaute, rot geklinkerte Haus befand sich, von Fichten, Holunderbüschen und knochigen Birken umstanden, etwa 100 Meter von der Brückstraße entfernt.
Die Auffahrt war gepflastert. Sträucher und ein fester Drahtzaun trennten das Grundstück rundum von den landwirtschaftlich genutzten Weiden.
Wie der zuständige Makler bei einer Besichtigung zu berichten wusste, war der Bauherr, ein Frauenarzt aus Braunschweig, der Wert auf eine historische Architektur gelegt hatte, kurz nach der Fertigstellung an Herzversagen verstorben.
Die Witwe beabsichtigte, sich von dem Anwesen zu trennen. Der Preis, so der Makler, lag unter dem tatsächlichen Wert des Hauses. Da gab es kein
Feilschen, da stimmte alles, wie Josef Pilchrat und seine Jakoba feststellten. Sie kauften das schmucke Haus, sparten nicht an der Inneneinrichtung und
schufen sich in Westermoordorfein gemütliches Refugium als Alterssitz, doch vorerst als Ferienstation für ihre Fahrradausflüge in
Jakobas alter Heimat, wann immer es ihre Zeit erlaubte.
Sohn Georg stieg 1997 in die Firma ein, entlastete den Vater, der im Jahre darauf an den Folgen eines Schlaganfalls verstarb.
Jakoba Pilchrat, die 62-jährige rüstige Witwe, hatte ein gepflegtes Äußeres, kleidete sich elegant und jugendlich, ohne dabei den Blick in den Spiegel zu vernachlässigen. Sie hasste Weinerlichkeit und Selbstmitleid, fand auch in der Trauer um ihren Josef abgesteckte Grenzen. Sie blickte in Dankbarkeit zurück und mit Zuversicht nach vorne und glaubte an eine gute Zukunft für ihre Enkelkinder.
Während der tristen Schmuddeltage besuchte Jakoba ihre Tochter Maike in Velbert, die an der Seite ihres zuverlässigen Schwiegersohnes, Frank leitete die Zentrale der Stadtsparkasse, ihre beiden Töchter in der bewährten Familientradition großzog.
Ihre Besuche entsprachen ihrer inneren Einstellung und dauerten nie länger als eine Woche. Da half auch kein Zureden, wenn Sohn Georg und seine hübschen Buben auf sie einzureden begannen. Die Schwiegertochter, eine Diplomkauffrau, verfuhr mit der Betreuung der Enkel nicht immer in ihrem Sinn. Zugegeben, sie war tüchtig, doch für Jakobas Dafürhalten spielte sie zu oft Tennis und befand sich zu wenig in der Küche, wenn die Buben von der Schule nach Hause kamen.
Jakoba fühlte sich im Haus in Westermoordorf nie
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