13 kleine Friesenmorde
verzichten. Doch weder im Haus 18 noch im Haus 19 werden Sie auf solche Typen stoßen.«
»Und Verwandte, die plötzlich in der Nacht klingelten? Einlass unter fadenscheinigen Argumenten begehrten?«, meinte Hanno Nestler mit dienstlichem Blick.
Boris Futzek hob fragend die Schulter. »Das halte ich für unwahrscheinlich. Mama und Papa hätten das erfahren. Wir bilden eine verschworene Hausgemeinschaft. Selbst Abdulla, seine Frau und die Kinder aus dem Iran, gehören dazu. In der Wohnung 11 in Haus 19 wohnen zwei Deutsche. Ihr Apartment befindet sich im Parterre in der Nähe der Haustür. Sie meiden arrogant unsere Teeabende und Festlichkeiten im Clubraum auf dem Dachboden.«
Bents, der an der Glaubwürdigkeit des jungen Mannes nicht zweifelte, blickte überrascht auf. Da knistert etwas im Gebälk, dachte er.
»Haben Sie etwas dagegen einzuwenden, wenn wir das Gespräch mit Ihnen zu Protokoll nehmen?«, fragte er.
»Keineswegs. Ich verbürge mich für meine Nachbarn«, sagte Boris Futzek überzeugend.
»Herr Futzek, recht herzlichen Dank, ein schönes Weihnachtsfest«, sagte Hanno Nestler.
»Ihnen auch. Kommen Sie wieder, wenn Sie
Fragen haben, die unsere Hausgemeinschaft betreffen. Ich besuche das Ulrichs-Gymnasium in Norden und bereite mich auf das Abitur vor«, sagte er
stolz.
»Viel Erfolg«, sagte Bents.
Die Beamten traten in den Regen, suchten den Passat auf, stiegen ein und studierten die Liste.
»Glaubwürdig«, sagte Hanno Nestler.
Bents nickte.
»Ersparen wir uns weitere Besuche der gestressten Russlanddeutschen«, sagte er.
»Der Junge hielt nicht viel von den Mitbewohnern Carlo Melchert und Felix Sievers«, sagte Nestler.
»Dafür wird er genügend Gründe haben. Auf
zur Wohnung 11 in Haus 19! Ein Hörtest«, sagte Kommissar Bents und grinste verschlagen.
Hanno Nestler kurbelte die Autoscheibe nach unten und
blickte auf die Fenster mit den abgewohnten Gardinen.
»Ich denke, dass sie um diese Zeit nicht zu Hause sind und ihrem Job nachgehen«, warf er
ein, während er die Türscheibe hochkurbelte.
»Sorgen wir vor«, sagte Bents, entnahm seiner Tasche den Schreibblock, griff zum Kugelschreiber und
notierte das Datum.
»Sehr geehrter Herr Carlo Melchert, sehr geehrter Herr Felix Sievers, Sie bewohnen das Apartment 11, das sich neben der
Haustür befindet. Wir trafen Sie leider nicht an, was der unglücklichen Terminierung unseres unangekündigten Besuches zuzuschreiben ist. Zeugenaussagen
zufolge suchten die mutmaßlichen Einbrecher,Räuber und Mörder des Verbrechens in Westermoordorf nach vollzogener Tat Unterschlupf in
Haus 19. Unsere Frage an Sie: Vernahmen Sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag irgendwelche Geräusche an der Haustür, oder wurden Sie Zeuge von
Fremden, die das Haus aufsuchten? Wir wenden uns an Sie mit der Bitte, eventuelle diesbezügliche Beachtungen mitzuteilen.«
Die beiden
unterschrieben und fügten die Telefonnummer hinzu.
Bents und Nestler stiegen aus, gingen zur Haustür und drückten die Klingel. Wie erwartet
waren die Herren nicht zu Hause.
Bents schob die Mitteilung in den Briefkasten.
»Warten wir ihre Stellungnahme ab«, sagte er.
Sie
gingen zum Wagen, stiegen ein und fuhren zurück nach Norden.
Am Nachmittag ließ der Regen nach. Der Wind hatte
gedreht. Er kam aus Nordost und drängte die Wolkenfelder in Richtung Nordsee ab. Ein Hochdruckkeil erreichte die Küste mit kalter Meeresluft. Das
Thermometer fiel unter den Gefrierpunkt.
Kommissar Bents studierte die »provisorische« Liste der geraubten Wertgegenstände, die Georg Pilchrat
am Morgen während seiner Abwesenheit für ihn hinterlegt hatte.
Jakoba Pilchrat, seine Mutter, hatte es sträflich versäumt, wie der Sohn im
Begleitschreiben kundtat, ihren Schmuck und diverse Kostbarkeiten im Safe ihrer Bank zu deponieren, und nie im Leben daran gedacht, im schmucken
Häuschen an versteckter Stelle einen Kleintresor installieren zu lassen.
Die aufgelistete Summe übertraf alle Vorstellungen eines Normalbürgers von »Reichtum und Wohlstand«. Sie übertraf bei weitem, wie der
Kommissar annahm, den Kaufpreis des Hauses. Dabei dachte er an die bescheidenen Kettchen, Armreifen und Bernsteinmedaillons seiner Frau. Erst recht
geriet er ins Staunen beim Lesen der Designer. Namen wie Kern Düsseldorf, Rüschenbeck Köln, Wempe Hamburg unter anderen. Zur Beute der Einbrecher
gehörten auch wertvolle Sammlerstücke. So gehörte zum Beispiel eine goldene
Weitere Kostenlose Bücher