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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Taschenuhr mit eingravierter Seriennummer und 20-jähriger Garantie aus dem
     Jahre 1856 der Marke »Jacques Mathous, Zürich« mit dem Schätzpreis von 87.000 Mark noch nicht einmal zu den dicksten Brocken, die die Einbrecher hatten
     mitgehen lassen.
    »Russlanddeutsche?«, fragte sich Bents, denn den als buckelig und fast schwachsinnig beschriebenen alten Gartengehilfen damit
     in Verbindung zu bringen, das grenzte seinerseits an Schwachsinn.
    Der von Georg Pilchrat geschätzte Barbestand der alten Dame, verteilt hinter
     und im edlen Porzellan und sonst wo in Schächtelchen, betrug etwa 10.000 Mark. Eine Winzigkeit im Vergleich zu den übrigen zu beklagenden
     Verlusten.
    Jemand klopfte an die Tür.
    »Herein«, rief Bents und blickte überrascht auf den etwa 50-jährigen, gesetzten Mann. Er hatte ein
     freundliches, joviales Gesicht. Er trug Jeans, einen Troyer und auf dem Kopf eine Prinz-Heinrich-Mütze.
    »Moin«, sagte er.
    Der Kommissar
     erhob sich. »Mein Name ist Bents. Was kann ich für Sie tun?« Er wies auf den Besucherstuhl.
    Der Gast nahm die Mütze vom grauen, nach hinten gekämmten Haar, setzte sich auf den Stuhl, ließ die Mütze über seine Hand kreisen und
     wartete, bis der Kommissar an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte.
    »Mein Name ist Harringa. Ich komme nicht aus den Socken. Erst der Regen,
     jetzt ist Glatteis angesagt. Zeit ist Geld. Meine Frau und ich betreiben in Großheide ein Taxiunternehmen.« Er blickte den Kommissar verkniffen an.
    »Ein Hinweis?«, fragte Bents.
    »Dem ist so. Wo soll das noch hinführen mit der Kriminalität. Erschlagen mit einem Knüppel! Ich hatte zur
     besagten Zeit Fahrgäste. Es mag gegen 23 Uhr gewesen sein. Ich holte sie vor dem Schloss in Großheide ab. Es waren Ausländer, Russlanddeutsche, zwei
     kräftige junge Männer. Mit Angst im Nacken fuhr ich sie nach Emden zum Bahnhof.«
    »Gab es Probleme?«, fragte der Kommissar.
    »Nein, sie
     zahlten. Schwierigkeiten bereitete mir der Tausender. Mir gelang es, ihn von Kollegen wechseln zu lassen. Sie gaben kein Trinkgeld und hinterließen den
     Eindruck, als wären sie auf jede Mark angewiesen.«
    »Und Gepäck?«, fragte Bents nachdenklich.
    »Sporttaschen! Keine vertrauenswürdigen
     Gesellen. Nun, es war dunkel. Der Mensch kann sich irren«, antwortete der Taxi-Unternehmer.
    »Gibt es auch in Großheide ein Asylantenheim?«,
     fragte der Kommissar und dachte an ihren Besuch in Berumerfehn.
    Harringa lächelte verschmitzt. »Mietwohnungen für Russlandheimkehrer«,
     antwortete er und erhob sich.
    »Danke für Ihre Hinweise. Ich finde Ihre Anschrift imTelefonbuch und protokolliere Ihren
     Hinweis«, sagte der Kommissar.
    »All up Stee«, antwortete Harringa und setzte seine Mütze auf. »Viel Erfolg.«
    »Danke, vielleicht verhelfen
     Sie uns auf die richtige Spur«, antwortete Bents. Harringa verließ das Dienstzimmer.
    Bents rauchte eine Zigarette und hing seinen Gedanken
     nach.
    Hatte sich in den Sporttaschen der »finsteren« Neubürger, die vermutlich in Großheide wohnten, zumindest dort vor dem Schloss in das Taxi
     gestiegen waren, das Diebesgut befunden? Eine Spur, die in der Tat in das Bild passte und der es nachzugehen galt. Falsche Pässe? Auf und davon mit
     einem auf »Nimmer-Wiedersehen«? Anlass genug, den geplanten Besuch bei Bertus Poppen im »Schuppen« aufzuschieben, vielleicht ganz zu vergessen.
    Er griff zum Telefon der Gemeinde Großheide und zog Erkundigungen ein. Anschließend besprach er sich mit dem Kollegen Hanno Nestler.
     
    Am Mittwochmorgen, kurz nach 10 Uhr, stellten der Straßenpflasterer Carlo Melchert und der Friseur Felix Sievers ihre Fahrräder vor
     dem Polizeirevier am Markt ab. Die Luft war klar, der Himmel unbedeckt, der Wind eisig. Es war kalt an diesem Morgen. Das Thermometer zeigte minus 3
     Grad an. Ihre Gesichter waren gerötet. Sie rieben ihre klammen Hände. Sie trugen warme Henny-Hannsen-Jacken, gefütterte Unterhosen, warme Socken und
     festes Schuhwerk, die sie mit den Gutscheinen des Sozialamtes erworben hatten. Für die gebürtigenOstfriesen gehörten die
     Prinz-Heinrich-Mützen zu ihrem Habitus.
    Sie interessierten sich nicht für den belebten Wochenmarkt, warfen keinen Blick auf die Weihnachtstannen vor St. Ludgeri. Sie verstanden sich ohne Worte, betraten das alte Backsteinhaus, grüßten freundlich, suchten den Besuchertresen auf und blickten den Dienst tuenden Beamten gewinnend an, der einen warmen olivfarbenen Rollkragenpullover trug. Sie

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