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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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geneigtem Kopf auf dem Korridorteppich. Es ist nicht auszuschließen, dass sie, als sie die Haustür öffnete, erschrocken reagierte, erst nach vorne blickte und danach instinktiv den Kopf seitlich auf den Mörder richtete.«
    »Sie hatte die Außenleuchte angeschaltet«, antwortete der Kommissar. »Vor der Treppe stand ein Mann. Sie witterte die Gefahr, die ihr von der Seite drohte. Ein nachvollziehbarer Aspekt. Die Täter, das entnahm ich dem Gespräch mit dem Sohn, hatten es gezielt auf das Haus seiner wohlhabenden Mutter abgesehen, um sie zu berauben.«
    Dr. Krekeler nickte. »Wie die Autopsie ergab, hatte Frau Pilchrat Alkohol zu sich genommen. Ihr Konsum hielt sich in Maßen, reichte aber aus für einen
     leichten Schwips, der sie leichtsinnig stimuliert haben mag, zur späten Stunde auf das Klingeln ohne nötige Schutzmaßnahmenzu
     reagierten. Doch mehr noch fällt ins Gewicht, dass die Tatwaffe weder ein Kuhfuß noch eine Eisenstange war, sondern ein Knüppel, wie sie Wanderer bei
     ihren Waldspaziergängen gerne mit sich führen. Unter dem Mikroskop entdeckte ich Abblätterungen abgestorbener Baumrinde. Vielleicht
     Rauschgiftsüchtige.«
    »Dafür spricht das primitive Mordwerkzeug«, antwortete der Kommissar. »Wir beobachten in Emden und Norden besorgt eine anwachsende Szene. Aber hier in Berumerfehn und Westermoordorf, kaum zu denken . . . «
    »Recherchieren Sie in dieser Richtung, Herr Bents, das war mein Beitrag«, sagte Dr. Krekeler. »Ich gebe den Bericht an das Sekretariat. Er wird Ihnen zugestellt.«
    »Danke«, antwortete der Kommissar.
    Der Arzt reichte ihm die Hand. »Viel Erfolg«, sagte er freundlich.
    »Ihnen auch und eine angenehme Adventszeit«, sagte Volker Bents, verließ die Station und ging zum Parkplatz.
     
    Staatsanwalt Dieke Dieling, 1942 in Jever geboren, ergraut im Dienst, seit einem Jahr Witwer, Vater von zwei erwachsenen Söhnen, die außerhalb von Ostfriesland wohnten, mehrfacher Großvater, sah seiner Pensionierung gelassen entgegen. Er hatte in Göttingen Jura studiert, seine Berufslaufbahn in Osnabrück begonnen – an diese Zeit dachte er besonders gerne zurück –, nach weiteren Dienstjahren in Hildesheim sich 1987 erfolgreich für eine Position am Amtsgericht in Aurich beworben, ohne es je bereut zu haben.
    Dieke Dieling war schlank, dazu hatte seine liebe,verstorbene Frau Elvira beigetragen, die als ausgebildete Diätköchin den Speiseplan für die Familie kaloriengerecht gestaltet und die Söhne zu sportlichen Aktivitäten stets angetrieben hatte.
    Der Staatsanwalt trug das graue Haar, das sich auf dem Hinterkopf gelichtet hatte, im Stoppelschnitt. Er hatte ein knochiges Gesicht mit einer schlanken Nase und schmalen Lippen. Er war mittelgroß und trug den Kopf ein wenig vorgebeugt. Er war ein vortrefflicher Beamter. Seine Nachbarn schätzten an ihm seine Hilfsbereitschaft und mehr noch seine Bescheidenheit. Nie drängte er sich auf, wenn es um das »Bogenmachen« für neu hinzugezogene Nachbarn ging und es Gold- und Silberhochzeiten zu feiern galt.
    Dabei legte er stets Wert auf angemessene Kleidung.
    Der Mord an der fast gleichaltrigen Witwe Jakoba Pilchrat in Westermoordorf rief seine tiefe Abscheu hervor. Im Amtsgericht gab es keine Diskussion darüber, wer den Fall zu übernehmen hatte. Der leitende Oberstaatsanwalt legte Dieling am Montagmorgen kommentarlos das Fax der Kripo aus Norden auf den Schreibtisch.
    »Dieke, viel Erfolg! Der letzte Fall, bevor du in Pension gehst«, sagte er.
    »Mir bleibt Zeit bis Ostern. Ich habe schon gebucht, dann fliege ich nach Boatou in China, zu meinem Sohn und den Enkelkindern«, antwortete Dieling.
    »Immer noch am Staudamm-Projekt?«, fragte der Vorgesetzte.
    »Ja, Carsten hat sich für weitere drei Jahre verpflichtet«, antwortete Dieling.
    »Auf deine Söhne kannst du stolz sein«, sagte der Oberstaatsanwalt und verließ das Dienstzimmer.
    Dieke Dieling holte aus dem Ablageschrank die Generalstabskarte des ehemaligen Altkreises Norden hervor und faltete sie auf seinem
     Schreibtisch aus. Er betrachtete das ehemalige Moor-Abbau-Gebiet zwischen Kanal und Berumerfehner Wald mit der Lupe und fand zum benachbarten
     Westermoordorf. Er musste sich eingestehen, dass ihm nie in den Sinn gekommen war, die mit grünem Hintergrund als besonders »reizvoll« gekennzeichnete
     Gegend aufgesucht zu haben.
    Er erhob sich vom Schreibtisch, trat an das Fenster, blickte auf die gefrorene Wiese und die Tannen vor dem ehemaligen

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