13 kleine Friesenmorde
er zu schätzen
wusste, umgab. Für die nächsten Monate galt das bereits planierte Areal mit den Containerbüros als seine berufliche Heimat. Es ging um den Ausbau der
dritten Autobahnspur mit einer Brückenerrichtung über die Erft bei Grimlinghausen.
Greta fuhr durch Hage, lenkte an der Baustoffhandlung mit den
Märkten auf die Hagermarscher Straße und bog kurz hinter der Mühle auf das »Müllerstück« ein. Dort hatte sie mit Claas an der Waldseite ein respektablesEinfamilienhaus gebaut, nur 13 Kilometer vom Fähranleger nach Baltrum in Nessmersiel entfernt.
Mama und Papa hatten ihnen unter die
Arme gegriffen bei der Errichtung einer Einliegerwohnung, die es ihnen jederzeit ermöglichte, bei Festlandbesuchen bei ihnen abzusteigen. Wie der Volksmund
sagt, ziehen sich Gegensätze an. Das konnte Greta nur bestätigen. Sie und Claas rauften sich zusammen. Zu ihren Schwiegereltern zog es Greta nur selten, die
in Wiesmoor im Grünen in der Nähe des Golfplatzes einen Bungalow mit gepflegtem Garten bewohnten.
Während sich Claas als aktives Mitglied des Berumer
Schützenvereins, dem Vorstand zugehörig, wann immer er Zeit fand, um das Training der Jugendriege im Sportschießen bemühte, hatte sich Greta für das
schweißtreibende Jogging entschieden. Sie suchte regelmäßig die Sauna im Kurzentrum im Ferienpark »Ostfriesland« auf und hatte sich einer Basketballgruppe
des SV Hage angeschlossen. Sie gehörte zu den ältesten Mitgliedern der Truppe der gut gewachsenen, sportlichen Damenmannschaft, die der Sportlehrer Kuno
Swyters betreute. Der 37-jährige Gymnasiallehrer zollte ihr Respekt, denn sie hielt nicht nur mit, sondern sie wurde zur spielgestaltenden Regisseurin bei
den Wettkämpfen.
Kuno Swyters war hoch gewachsen, hatte eine athletische Figur und ein markantes männliches Gesicht. Er trug sein blondes Haar kurz
geschoren. Greta ergötzte sich himmlisch, wenn sich um seine schlanke Nase ernste Falten bildeten und er mit seinen blauen Augen die Spielerinnen zu mehr
Einsatz während der Wettkämpfe aufforderte. Greta lächelte verträumt, lenkteden Golf auf die Einfahrt und stieg aus. Die Mama trat vor
die Haustür.
»Da bist du endlich. Vati hat den Schnee gefegt und bereits den Tisch gedeckt. Es wird knapp, wenn wir spülen wollen«, sagte sie mit
ernstem Gesicht. Die Mama wirkte alt mit dem weißen Haar, dem volllippigen Mund, den vielen Gesichtsfalten und der fleischigen Nase. Der Schnee wirbelte im
Wind.
»Mutter, sachte«, sagte Greta und freute sich auf den Abend und das Training. Sie folgte der Mama in den Korridor und legte ihren Anorak
ab. Papa gab ihr einen Kuss auf die Wange. Er wies auf die Koffer.
»Wie du siehst, sind wir so weit vorbereitet«, sagte er.
»Vati und ich
haben Grünkohl mit Kasseler Pinkel vorbereitet. Das passt ja wohl zum Wetter«, warf die Mama ein.
»Das ist lieb«, antwortete Greta. Der Papa betrat
die Küche und reichte Greta die Schüssel mit den dampfenden Kartoffeln. Der Papa hatte eine Stirnglatze und wie sie ein schmales Gesicht. Die Mama trug die
Fleischplatte an den Tisch, Papa folgte mit dem Kohl. Sie setzten sich im Wohnzimmer an den Esstisch und genossen das hervorragende Essen.
Der von den Meteorologen angekündigte Hochdruckkeil erreichte am Nachmittag die ostfriesische Küste. Bei abflauenden
Winden stieg das Thermometer auf den Gefrierpunkt. Die Straßenmeisterei setzte Streuwagen ein, um der Glatteisbildung auf den Straßen entgegenzuwirken.
In Berum, »Am Müllerstück«, schaffte das vertraute, eingespielte Team nach dem Grünkohlgenuss undeinem eisgekühlten Corvit, der, auch
das hatte Tradition auf der Insel Baltrum, half, das fette Essen zu verdauen, zeitlich den Abwasch des Geschirrs mit dem Blick auf die schneebedeckte Hecke
und die glitzernden Hauben und Häubchen der vereisten Kiefer des Nachbargrundstückes, was die Mama in Entzücken geraten ließ, während Vati voll des Lobes
auf die einmalige Lage des Grundstückes hinwies. Dennoch durchzogen sein Gesicht ein paar Sorgenfalten, die dem ihnen nicht ans Herz gewachsenen
Schwiegersohn Claas galten. Er passte nicht zu der Dirn, fuhr es ihm durch den Kopf. Doch das ging ihn und die Mutti nichts an. Greta musste mit Claas
klarkommen.
Hier setzte der im Umgang mit Menschen vertraute Greis seine Zweifel an. Er und seine Minna warteten vergeblich auf Enkelkinder. Greta
und Claas fehlte es nicht an Geld. Beide suchten sie nach Erfüllung in ihren beruflichen
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