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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Mama nervös und betrat die
    Gangway.
    Papa schritt nachdenklich davon.
    »Mama, bis nächste Woche!«, rief Greta der Mama zu.
    Der Papa drehte sich noch einmal
    um. »Beherzige meine Worte«, sagte er und betrat das Schiff.
    Er und Mama winkten ihr noch einmal zu. Sie suchten das Unterdeck auf, in dem es warm
    und mollig war.
    Greta stand im kalten Wind und blickte auf das weiße Fährschiff. Die Fenster ragten über die Kaimauer. Der Schiffskran hob die
    wenigen Container an Bord. Über Baltrum legte sich bereits die frühe Dämmerung. Sie sah die Mama und den Papa, die ihr durch die Scheibe des letzten
    Fensters zulächelten. Greta winkte und erschrak, als Papa seinen erhobenen Zeigefinger über die Scheibe führte, als beseitige er für sie unsichtbare
    Flecken.
    Was wusste er über ihre außerehelichen Beziehungen mit Kuno Swyters? War er hinter ihr hergeschlichen,wenn sie in ihrem
    Arbeitszimmer, es lag mit getäfelten, schrägen Wänden im Obergeschoss und bot ihr einen herrlichen Waldblick durch das Fenster der Gaube, mit Kuno
    telefoniert hatte und sie ihn, im Glauben, niemand höre ihr zu, »Geliebter« und »Liebster« genannt hatte?
    Sie liebte ihn, und er liebte sie. Seine
    Frau war ein herzloser, unsportlicher Bauerntrampel. Er hatte sich mit ihr auf Anraten seiner Eltern liiert, dann verlobt und nach dem Studium, als sie
    schwanger war, geheiratet. Teda Swyters, geborene Riekers, und ihr Claas hätten besser zueinander gepasst, ging es ihr durch den Kopf.
    Greta ging zum
    abgestellten Auto, öffnete die Tür und stieg ein. Papa war ein alter Fuchs. Sie und Kuno hatten sich in jeder Weise vorsichtig und umsichtig
    verhalten. Nicht einmal ihre Mitspielerinnen vom SV Hage hegten einen Verdacht. Sie trafen sich heimlich auf dem Parkplatz des verwaisten Schießstandes am
    Lütetsburger Forst, am »Roten Pfahl« in Norddeich mit dem Blick nach Norderney, in Arle unter hoch gewachsenen Kastanien hinter dem Jugendheim.
    Greta
    zündete den Motor, atmete tief durch, legte den Gang ein und fuhr, ohne Freude an den winterlichen Deichweiden zu finden, Berum entgegen.
    »Bald
    sollen es alle wissen«, schimpfte sie. »Schluss mit der Geheimniskrämerei«, sprach sie vor sich hin. Sie nahm sich vor, Kuno beim Wort zu halten, und war
    fest entschlossen, sich von ihrem missmutigen, steifen Kirchgänger zu trennen, der nicht einmal in der Lage war, Kinder zu zeugen, auf die Mama und Papa so
    sehnsüchtig warteten.
    Greta vergaß den erhobenen Zeigefinger ihres Papas.
    Heute fiel das Training aus. In der Sporthalle ging esum den Super-Cup der Fußballer vom SV Hage. Ein Spaß mit Thekenmannschaften. Greta freute sich auf den Besuch des Geliebten im sturmfreien
    Haus. Für sie hing der Himmel voller Geigen. Später, so sinnierte Greta vor sich hin, konnte sie mit Kuno die Pension übernehmen, im Sommer klotzen, im
    Winter in der Karibik faulenzen.
    Sie fuhr den Wagen auf die Einfahrt, betrat das Haus, zog ihre nassen Schuhe aus, hängte den Anorak an die
    Garderobe, lächelte optimistisch und entschlossen in den Spiegel, betrat die Küche und brühte sich einen Tee auf, den sie im Wohnzimmer zu sich nahm. Sie
    ordnete das Holz im Kamin und zündete einen Anthrazitwürfel an. Die Flammen schlugen um die trockenen Buchenscheite. Greta genoss die Wärme und wartete auf
    Kuno Swyters, der ihr versprochen hatte, sie nach einer langweiligen Lehrerkonferenz zu besuchen.
     
    Am Freitag, dem
    11. Januar, zeigte das Thermometer in Neuss vier Grad an. Die Ränder der Erft waren vereist. Eisschollen trieben der Flussmündung in Grimlinghausen
    entgegen. Es schneite unentwegt. Stellenweise kam der Verkehr zum Erliegen. Räumfahrzeuge waren im Einsatz. Auf der Autobahn Neuss-Aachen bildete sich ein
    Stau von mehr als 10 Kilometern Länge.
    Diplom-Ingenieur Claas van Thun saß vor seinem Arbeitstisch und blickte aus dem Containerfenster in die
    wirbelnden dicken Schneeflocken. Die Gasheizung sorgte für eine angemessene Wärme. Er verließ den Arbeitstisch mit den Zeichnungen und Berechnungen, trat an
    den Spind, öffnete ihn, band den Wollschal unter dem Kinn zu einem Knoten, schlüpfte in den gefüttertennavyblauen Wettermantel, zog den
    Reißverschluss bis zum Kragen hoch, knöpfte die Kragenhälften zusammen, setzte die Prinz-Heinrich-Mütze auf sein volles Haar, verließ das Büro und trat in
    die Kälte. Auf dem Gelände überzogen Schneewehen das Gerät.
    Claas van Thun ging zu seinem BMW. Er stand hinter einem Bauwagen, an

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