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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Fredo Wattnor eine Chance im Kampf um eine Lehrstelle verschaffen sollte.
    Die Zauberformel hieß »ZFB«, was »Lehrgang zur Berufsreife« bedeutete.
    Hohes Lob fand der Lehrer auch bei der Großmutter, die ohne Mann lebte und tagsüber als Verkäuferin den Unterhalt verdiente. Sie hatte den Jungen zu sich genommen, da ihre Tochter in der entfernten Großstadt einen Lebenswandel führte, den sie als Christin nicht verantworten konnte.
    »Fredo hat erfreuliche Fortschritte gemacht!« Das war ihr Fazit, und bei einer Tasse Tee mit Kluntje und Sahne erfuhr Martin Karski den vermuteten Rest über die katastrophalen Kinderjahre seines Schützlings.
     
    Als Lehrer Karski die Bewerbungszeugnisse seiner LFB-Klasse schrieb, fielen die Noten in der Skala zwischen eins und sechs recht wohlwollend aus.
    Die aus seiner pädagogischen Verantwortung auf das Zeugnis gesetzte Bemerkung – »Fredo Wattnor ist leicht zu führen und im Rahmen der Grundausbildung vielseitig einsetzbar.« – sollte dem Jungen eine Brücke bauen, um soziales Festland betreten zu können.
    Lehrer Karski empfahl den Schüler Wattnor seinem Sportsfreund, der als Kfz-Meister in einer angemieteten Scheune mit angrenzendem Altbauernhaus seinen Start in das freie Unternehmertum wagte und mit dem Vertrieb der Produkte eines japanischen Konzerns auf Billigautos setzte. Er scheute Gesellenlohn, brauchte aber eine tatkräftige Hilfe.
    Der Meister betrachtete den jungen Mann, der in Jeans und beklebter Lederjacke den Typen entsprach, die glücklich waren, wenn sie nur an Motoren herumbasteln konnten.
    Das Wort Ausnutzung ersetzte er mit dem Begriff »soziale Tat«, denn er konnte ein gutes Werk an den Anfang seiner Selbstständigkeit setzen, wenn er den Bengel von der Straße holte, um ihm eine solide Ausbildung zu geben.
    Fredo Wattnor bekam eine feste Zusage. Lehrer Karski war froh und nahm sich vor, Fredos Ausbildung im Auge zu behalten.
     
    Die ersten Disko-Besuche im »Ahoi« bereiteten Fredo Wattnor jammervolle Stunden. Enttäuscht stierte er mit seinem starren, trüben Auge auf die Freunde, die sich ausgelassen mit jungen Mädchen auf der Tanzfläche austobten.
    Vor einer Cola sitzend, den breitlippigen Mund zur »O-Haltung« geöffnet, fühlte er sich einsam und ausgestoßen. Doch als sich Fredo Wattnor bei den späteren Besuchen dazu entschloss, großzügig in sein Portmonee zu greifen und die Getränke für seine Kumpel und deren hübsche Begleiterinnen über seinen Deckel laufen zu lassen, fand er Anklang, und hin und wiedergestattete eines der schönen Mädchen es, dass er sie tapsig auf die Tanzfläche begleiten durfte.
    Fredo schlich an solchen Abenden still an Omas Schlafzimmer vorbei und träumte anschließend glücklich von heißen Eroberungen. Allerdings beunruhigte ihn die finanzielle Seite seines neuen Hobbys. Oma gab Fredo Geld, wenn sie konnte. Aber da gab es Grenzen. In der Disko allerdings huschten die Blicke der Freunde und Freundinnen über sein stumpfes Gesicht, wenn der Ober wartend vor dem Tisch stand.
     
    In Marienhafe begrenzte die alte Backsteinkirche mit ihrem eckigen Turm den Marktplatz. Das angrenzende Pastorenhaus lag im Dunkel der hoch geschossenen Ulmen. Von der gegenüberliegenden Geschäftszeile warfen Neonröhren grelles Reklamelicht auf das nasse Kopfsteinpflaster. Die Fenster der Wohnungen oberhalb der Läden hingen wie kleine Rähmchen im Grau des späten Abends. Fredo Wattnor stand an der Hinterfront des Kiosks und warf einen kontrollierenden Blick auf den verlassenen Marktplatz.
    Ihn trieb die Eile. Im »Ahoi« warteten die Mädchen und Freunde bei heißer Musik auf seine Spendierfreudigkeit.
    Fredo Wattnor zog das Stecheisen aus seinem Parka. Sein Atem strich hastig aus seinem offenen Mund. Mit seinen klobigen Händen bediente er geschickt den kalten Stahl. Die dünne Tür des zum Kiosk umfunktionierten Campingwagens ging er an, als müsse er einen Reifen von einer Eisenfelge lösen. Nach wenigen ruckartigen Querstößen riss er mit seiner urwüchsigen Kraft die Gummifüllung aus dem Türrahmen. Für Sekundenverharrte er. Ohne Bewegung hielt er das Stecheisen wie eine Waffe in der Faust und horchte in die Stille. Er vernahm keinen Laut. Nur das rasche Keuchen seines Atems dang an seine Ohren.
    Entschlossen riss er an der Tür. Sie gab nach und verbog sich seitlich. Mit seinem Eisen half er nach.
    Wattnor schlüpfte in den Wagen und horchte. Er wusste, wo die alte Frau die Zigarrenkiste verschloss, wenn sie abends

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