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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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nur die großen Geldscheine in ihre Handtasche steckte.
    Im abgeschirmten Licht seiner Taschenlampe öffnete er das kleine Aluminiumfach wie eine Konservendose. Mit unbeweglichem Gesicht steckte er die Zigarrenkiste in die Seitentasche seines Parkas.
    Fredo Wattnor blickte sich vorsichtig um, als er den Kioskwagen verließ. Er schritt ruhig und gelassen über das feuchte Kopfsteinpflaster. Im Schaufenster der Bäckerei irritierte ihn der rundlaufende Strahl des Werbeleuchtturms.
    Hinter dem Kirchturm, im Dunkel der alten Friedhofsmauer, stand sein Motorrad, die Prämie für den erfolgreichen Abschluss des LFB-Lehrgangs.
    Fredo Wattnor trat die Maschine an, fuhr am Friedhof vorbei und nahm eine Umgehung zur Disko »Ahoi«.
    Der Parkplatz war prall gefüllt. Die sich außen im Anbau befindenden Toiletten, ein Relikt aus der Zeit, als sich Familien mit Kleinkindern im Sommer im früheren Café Vaterland unter mächtigen Buchen Obsttorte bestellten, wurden zurzeit nur selten benutzt.
    Fredo Wattnor holte unter dem kargen Strahl der Glühbirne die Zigarrenkiste aus seinem Parka.
    Hastig griff er in die ungeordneten Zehn- und Fünfmarkscheineund stopfte sie in seine Jeans. Die Hand voll Silbergeld steckte er in die Brusttasche des Parkas.
    Hinter dem Sitzbecken der Toilette, zwischen Abflussrohr und abgeblätterter Kalkwand, saß die leere Zigarrenkiste, als er stolz und aufrecht wie einer, der eine Mutprobe bestanden hatte, dem Lärm der Diskohalle entgegenschritt.
    Er empfand die irre Musik wie einen Tusch.
    Der Tisch war unbesetzt. Die Handtaschen der Mädchen lagen auf den Sitzkissen. Die Cola- und Biergläser waren leer.
    Fredo Wattnor zog seinen Parka aus und ließ sich schwer atmend nieder. Er winkte den Ober zu sich und bestellte eine Runde, während die Mädchen mit
     wippenden Busen um seine Freunde in Dreh-, Zuck- und Streckbewegungen dem Takt aus den vielen Lautsprechern folgten.
    Mit »Hallo« strömten sie ihm entgegen und klopften ihm auf die Schulter. Fredo Wattnor fühlte sich gut, als eines der hübschen Mädchen ihm mit wehendem Haar einen flüchtigen Kuss unter das starre Auge setzte.
    Die Stimmung war stark. Fredo war glücklich. Er sonnte sich in Bewunderung. Aber nicht lange, denn nach einer halben Stunde erschien die Polizei und versperrte die Tür.
    Die Musik verebbte und brach ab. Der Polizeihauptmeister hauchte eine Entschuldigung in das Mikrofon und gab bekannt, dass der Einbruch in den Kiosk am Markt jetzt und hier aufgeklärt werden konnte.
    Zwei Polizeibeamte, einen Schäferhund an der Leine, begleiteten einen alten Mann, dessen zuckende Gesichtszüge seine chronische Schlaflosigkeit verrieten.
    Fredo Wattnor spürte eine Kälte, die irgendwie von draußen kam. Er griff zum Parka und zog ihn über.
    Sein starrer Blick suchte den Tresen. Er hörte nicht die Witze seiner Freunde, die von Bullen sprachen.
    Er sah, wie der alte Rentner ihren Tisch ansteuerte.
    Fredo Wattnors Gesicht war starr, seine breiten Lippen formten ein »O«, von seiner Stirn floss kalter Schweiß. Er sah, wie der alte Mann mit tapsigen Schritten vor den Polizisten herging und nur seine Richtung kannte.
    In das zuckende Gesicht des Rentners trat ein zufriedenes Lächeln
    Fredo prang auf und rannte los. Dabei zog er das ihn belastende Stecheisen aus dem Parka und hielt es wie eine Waffe in der Faust. Aber ihm gelang nicht der befreiende Schlag. Der von der Leine gelassene Hund verbiss sich im Ärmel des Parkas. Das Eisen fiel klirrend auf den Boden in die Stille der Disko.
    Handschellen klickten und lagen fest um seine Ledermanschetten.
    Fredo Wattnor wurde abgeführt. Seine Freunde und die Mädchen stellten entrüstet fest: »Das hätten wir von Fredo nie gedacht!«
    Als die Polizei abrückte und der Diskjockey wieder voll aufdrehte, die bunten Räderscheiben den Lichtzauber warfen, zog es sie auf die Tanzfläche, um mit ihren jungen Körpern zu geben, was heiße Musik ihnen abverlangte.
    Fredo Wattnor saß bleich und kleinlaut im Polizeiwagen. Er dachte nur sorgenvoll an Oma und hoffte auf den Beistand seines Lehrers Karski.
     
    Die Sonne suchte den frühen Untergang. Vom Atlantik her verdunkelten Wolkenbänke, die ein kalter Frühlingswind über die Inselkette trieb, das Licht.
    Die Stadt Ålesund lag bereits im Schatten der massiven Bergkette.
    Arbeiter und Angestellte, die auf der vorgelagerten Insel Vigra wohnten, strömten auf die Fähre, die voll beladen mit Menschen und Autos das dunkelgrün schimmernde Wasser mit

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