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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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die Gewalten ankämpfenden Mannschaft ließ er wärmenden Grog ausschenken und gab den Befehl, die Korkwesten anzulegen.
    Bei gespenstisch treibenden Wolkenfetzen, durch die hin und wieder der Mond auftauchte, brach kurz nach 4 Uhr die Ankertrosse. Kapitän van Loo ließ den Warpanker über Bord werfen, der zu ihrer Erleichterung Grund fasste und sich als Rettungsanker zu bewähren schien. Doch die Freude über die gelungene Verankerung des sich wild aufbäumenden Schiffs war mehr als trügerisch. Zum Entsetzen des Kapitäns und der gesamten sich an Bord befindenden Mannschaft brach gegen 5.30 Uhr die Backbordkette. Das Geschick der ?Jade-Adler? hing sozusagen an einem seidenen Faden. Gegen 6 Uhr verlor der Warpanker seinen Halt, die ?Jade-Adler? begann zu treiben, geriet in die Brandung und näherte sich dem ?Alten Wrack?, von dem nur das Heck aus dem umtobten Wasser ragte. Es lag knappe 300 Meter vom Land entfernt.
    Die Mannschaft, bis auf Kapitän van Loo und den Leichtmatrosen Tomko Busse, die sich am Besammast festklammerten, befand sich auf dem Achterdeck und suchte Schutz und Halt an der Reling. Ihre entsetzen Schreie gingen unter im Getöse der kochenden Wogen und im Heulen des Sturms. Das Unheil nahm seinenLauf. Die ?Jade-Adler? rammte krachend das Wrack, bäumte sich auf, schlug erneut gegen das Wrack, nahm Wasser auf, sackte steuerbords ab und tauchte mit dem Bug in Sekundenschnelle unter.
    Kapitän van Loo und der Leichtmatrose Busse wurden von den Brechern weggerissen. Sie kamen sich kurz in die Quere. Es hatte den Anschein, als habe Busse den Kapitän in höchster Not von sich gestoßen. Dem Leichtmatrosen gelang es, die Mastspitze zu fassen. Er ergriff die Leine, die ihm die Männer vom Achterdeck zuwarfen, an der er sich zu ihnen hangelte. Kapitän van Loo tauchte nicht mehr an der Oberfläche auf.
    Steuermann Tebbo Harms erkannte die aussichtslose Situation. ?Rette sich wer kann!?, brüllte er gegen das Tosen der Brandung. Er und der Leichtmatrose Busse, der Matrose Jahnke und der Koch Püttner sprangen über Bord und erreichten das rettende Ufer.
    Den zweiten Steuermann Freese erfasste eine Sturzsee, die ihn von Bord riss.
    Die dramatische Situation der stolzen ?Jade-Adler? war an Land nicht unbemerkt geblieben. Eine Seenotrettungstruppe kam der Mannschaft des gestrandeten Schiffes zu Hilfe. Ihr Rettungsboot schlug beim ersten Versuch, den Männern entgegenzurudern, um. Sie schossen Rettungsleinen auf die ?Jade-Adler?. Den sich auf dem sinkenden Achterdeck befindlichen Seeleuten gelang es nicht, sie aufzufangen. Sie wurden von Bord gespült. Niemand von ihnen entkam dem Wassertod. Tebbo Harms vergaß seine Beobachtungen. Der Leichtmatrose Busse hatte, um sein Leben zu retten, den Kapitän kurz vor der rettenden Mastspitze in Panik unter Wasser gedrückt. Steuermann Tebbo Harms erhob keine Anklage. Das war kein Mord!
    Gerettet wurden: Tebbo Harms, 41 Jahre alt, aus Großefehn, Matrose Claas Jahnke, 29 Jahre alt, aus Rüstersiel, Leichtmatrose Enno Busse, 18 Jahre alt, aus Varel, Koch Tomko Püttner, 35 Jahre alt, aus Oldenburg.
    Die übrigen Besatzungsmitglieder und der Kapitän fanden den Seemannstod.«
    Jesko van Loo faltete den Zeitungsartikel zusammen und schob ihn samt den Dokumenten in die Ledertasche. Im Zimmer herrschte ein betretenes Schweigen.
    »Heute schreiben wir den 14. Oktober 1992!«, sagte Frau Goselar ernst. »Finden Sie es nicht seltsam, dass genau vor neunzig Jahren Ihr Großvater mit seinem Schiff strandete und er nicht nur das Opfer der See, sondern zusätzlich dem jungen Besatzungsmitglied in die Quere kam und sein Opfer wurde?« Sie blickte sich fragend um.
    »Es gibt zumindest zu denken«, antwortete Dr. Schöllhorn, noch ganz benommen von der dramatischen Schilderung.
    »Ein denkwürdiges Datum für Hanna, Wilma und mich«, stellte Jesko van Loo fest.
    »Erst recht für mich. Heute, am 14. Oktober 1992, haben Sie Edos Asche der Nordsee anvertraut«, stellte die Alte fest.
    »Erfüllen Sie den Wunsch unseres Vaters! Schreiben Sie Ihren Beitrag für Ihre Zeitung«, warf Wilma Roggendorf ein. »Fügen Sie hinzu, dass er ermordet wurde.«
    Die Alte nickte.
    »Die Geschichte wird die vielen Leser aufrütteln und ihnen den Inhalt der Shantys näher bringen und beim Gang durch das Schifffahrtsmuseum nachdenklich stimmen«, trug Roggendorf vor.
    »Nach solchen braven Männern werden keine Straßen benannt«, meinte Petra van Loo und rauchte nervös eine Zigarette.
    »Opa hinterließ

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