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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Grund schien er die Luft anzuhalten, und Barbara hätte zu gerne gewusst, wieso. Schließlich murmelte er: »Jesus.«
    »Was ist aus Ihren übrigen Einstufungskandidaten geworden, Mr. Strong?«, fragte Barbara.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Inwieweit verfolgen Sie ihren Werdegang, wenn sie die ersten zwei Wochen in dieser Organisation hinter sich haben?«
    »Überhaupt nicht. Ich meine, sie werden anschließend von ihren Lehrern betreut. Das heißt, wenn sie weitermachen wollen. Die Lehrer beobachten ihre Entwicklung und berichten Ulrike. Das ganze Team setzt sich im Zwei-Wochen-Rhythmus zusammen, und Ulrike selbst führt Beratungsgespräche mit den Jugendlichen, die irgendwelche Schwierigkeiten haben.« Er runzelte die Stirn, klopfte rhythmisch mit den Fingerknöcheln auf den Schreibtisch. »Wenn sich herausstellt, dass diese anderen Jungen von uns sind ... Irgendwer versucht, Colossus zu diskreditieren«, erklärte er. »Oder einen von uns. Irgendwer versucht, einem von uns zu schaden.«
    »Das glauben Sie?«, fragte Barbara.
    »Wenn auch nur eines der anderen Opfer von hier ist, was sonst soll ich dann denken?«
    »Dass Jugendliche nirgendwo in London sicher sind, aber dass sie hier in besonderer Gefahr schweben.«
    »Sie meinen, wir locken sie in die Falle, um sie zu töten?« Es klang entrüstet.
    Barbara lächelte und klappte ihr Notizbuch zu. »Ihre Worte, nicht meine, Mr. Strong«, sagte sie.
    Reverend Bram Savidge und seine Frau lebten in einer Gegend von West Hamstead, die sein »Wir kommen aus eurer Mitte«-Gehabe Lügen strafte. Sicher, es war ein kleines Haus. Aber es war weit mehr, als jeder andere, den Lynley im Haus »Der heiße Draht zum Herrn« gesehen hatte, sich je hätte leisten können, egal, ob vor oder hinter der Essensausgabe. Und Savidge fuhr in einem brandneuen Saab voraus, um ihm den Weg zu zeigen. Wie Barbara Havers es ausgedrückt hätte: Irgendwer hier hat Kohle bis zum Abwinken.
    Savidge wartete auf der Eingangsstufe seines Hauses, bis Lynley auf der baumbestandenen Straße einen Parkplatz für den Bentley gefunden hatte. Er wirkte andeutungsweise biblisch, wie er da trotz der Winterkälte ohne Mantel in seinem wehenden Kaftan stand. Als Lynley sich zu ihm gesellte, öffnete er nacheinander drei Schlösser an der Tür. »Oni?«, rief er. »Ich habe Besuch mitgebracht, Liebling.«
    Er sagte nichts über Sean, fiel Lynley auf. Kein »Hat der Junge angerufen?« oder »Irgendetwas Neues von Sean?«, nur »Ich habe Besuch mitgebracht, Liebling«, in einem behutsamen Tonfall, der beinah wie eine Warnung klang und gänzlich untypisch für den Mann war, mit dem Lynley bislang gesprochen hatte.
    Es folgte keine unmittelbare Reaktion auf Savidges Rufen. Er sagte zu Lynley: »Warten Sie hier«, und führte ihn ins Wohnzimmer. Er selbst ging zu einer Treppe und stieg eilig in die erste Etage hinauf. Lynley hörte ihn einen Flur entlanggehen.
    Er nahm sich einen Moment Zeit, um das Wohnzimmer in Augenschein zu nehmen, das schlicht, aber mit hochwertigen Möbeln und einem farbenfrohen Teppich eingerichtet war. An den Wänden hingen alte Dokumente in Bilderrahmen, und während über ihm in schneller Folge Türen geöffnet und geschlossen wurden, trat er näher, um sie zu betrachten. Eines war ein alter Frachtbrief eines Schiffes mit Namen Valiant Sheba, dessen Ladung aus »zwanzig männlich, zweiunddreißig weiblich« - von denen achtzehn als »trächtig« bezeichnet wurden - »und dreizehn Kinder« bestanden hatte. Ein weiteres Dokument war ein Schreiben in gestochener Schrift auf edlem Papier, das »Ash Grove, nahe Kingston« als Briefkopf trug. Vom Alter gebleicht, erwies es sich als schwierig zu lesen, aber Lynley entzifferte »exzellentes Zuchtpotenzial« und »wenn man dieses Vieh unter Kontrolle bringen kann«.
    »Mein Ur-ur-ur-Großvater, Superintendent. Er konnte sich mit seiner Versklavung nie so recht anfreunden.«
    Lynley wandte sich um. An der Tür stand Savidge mit einem jungen Mädchen an seiner Seite. »Oni, meine Frau«, sagte er. »Sie wollte Ihnen gern vorgestellt werden.«
    Lynley konnte kaum glauben, dass er Savidges Frau vor sich hatte, denn Oni sah nicht älter aus als sechzehn Jahre, höchstens. Sie war dünn, hatte einen schmalen, langen Hals - afrikanisch bis ins Mark. Wie ihr Mann trug sie ethnische Kleidung, und sie hielt ein eigentümliches Musikinstrument in der Hand. Der Klangkörper glich dem eines Banjo, aber es hatte einen hohen Steg, der mindestens ein Dutzend Saiten

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