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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Seine Freunde, Mentoren, Bekannten, Lehrer und so weiter? Da er ihn im Einstufungskurs gehabt hatte - und wie man ihr zu verstehen gegeben hatte, war das die persönlichste Interaktion, die die Jugendlichen bei Colossus erfuhren -, kannte er Kimmo vermutlich besser als alle anderen.
    Ein guter Junge, sagte Strong. Oh, er hatte seine Schwierigkeiten gehabt, aber er war nicht für die kriminelle Laufbahn geschaffen. Seine kleinen Gaunereien waren Mittel zum Zweck gewesen, es ging nicht um irgendeinen Kick oder ein unbewusstes gesellschaftliches Statement. Und im Grunde hatte er ein solches Leben abgelehnt ... Zumindest hatte es den Anschein gehabt. Es war noch zu früh gewesen, um zu erkennen, welchen Weg Kimmo einschlagen würde, was sich meistens während der ersten Wochen der Jugendlichen bei Colossus herauskristallisierte.
    »Was für ein Junge war er?«, fragte Barbara.
    »Beliebt«, antwortete Griff. »Angenehme Gesellschaft, liebenswürdig.« Kimmo war genau der Typ von Junge gewesen, der eine Chance gehabt hätte, etwas aus seinem Leben zu machen. Er hatte echtes Potenzial und echtes Talent. Es war eine verfluchte Schande, dass irgendein Bastard da draußen sich ausgerechnet ihn geschnappt hatte.
    Barbara schrieb all diese Informationen auf, obwohl sie das meiste schon wusste und obwohl es ihr alles irgendwie einstudiert vorkam. Doch es gab ihr die Gelegenheit, den Mann, der ihr all das erzählte, nicht ansehen zu müssen. Sie analysierte seine Stimme, ohne von seinem GQ-Gesicht abgelenkt zu werden. Er klang ehrlich, sehr entgegenkommend und all das. Aber nichts von dem, was er ihr sagte, deutete darauf hin, dass er Kimmo besser gekannt hatte als alle anderen, und das ergab keinen Sinn. Er hätte ihn gut kennen müssen, oder zumindest auf dem Weg sein sollen, ihn gut kennen zu lernen. Doch nichts wies darauf hin, und sie musste sich fragen, warum.
    »Hatte er hier irgendwelche besonderen Freunde?«, wollte sie wissen.
    »Was?«, fragte er. Und dann: »Glauben Sie im Ernst, jemand von Colossus hätte ihn umgebracht?«
    »Das ist eine Möglichkeit«, erwiderte Barbara.
    »Ulrike wird Ihnen sagen, dass jeder auf Herz und Nieren überprüft wird, ehe er hier anfangen kann. Die Vorstellung, dass irgendwie ein Serienmörder ...«
    »Hatten Sie einen netten Plausch mit Ulrike, ehe wir zwei uns getroffen haben?« Barbara sah von ihrem Notizbuch auf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht erinnerte an ein Reh im Scheinwerferlicht.
    »Natürlich hat sie mir gesagt, dass Sie hier sind, als sie mir von Kimmo und Sean erzählt hat. Aber sie hat auch gesagt, dass Sie noch verschiedene andere Todesfälle untersuchen, also kann es nichts mit Colossus zu tun haben. Und außerdem weiß doch noch keiner, ob Sean sich nicht einfach für einen Tag verdrückt hat.«
    »Stimmt«, räumte Barbara ein. »Irgendwelche besonderen Freunde?«
    »Ich?«
    »Wir sprachen über Kimmo.«
    »Kimmo. Richtig. Jeder mochte ihn. Und man sollte doch meinen, genau das Gegenteil wäre der Fall, wenn man bedenkt, wie er sich immer aufgetakelt hat und wie die meisten Jugendlichen in Bezug auf Sexualität drauf sind.«
    »Und wie ist das?«
    »Ach, wissen Sie, sie fühlen sich bei dem Thema nicht so richtig wohl in ihrer Haut, sind noch unsicher, was ihre eigenen Neigungen angeht, und darum wollen sie nichts mit einem Kerl zu tun haben, der in den Augen ihrer Altersgenossen ein fragwürdiges Licht auf sie wirft. Aber niemand schien Kimmo zu meiden, das ließ er nicht zu. Aber besonders enge Freunde? Es gab niemanden, dem er sich oder der sich ihm auffallend häufig anschloss. Das geschieht während der Einstufung aber sowieso nicht. Die Jungs sollen als Gruppe zusammenwachsen.«
    »Und wie ist es mit Sean?«, fragte sie ihn.
    »Was soll mit Sean sein?«
    »Freunde?«
    Strong zögerte. Dann: »Er hatte es schwerer als Kimmo, wenn ich mich richtig entsinne«, sagte er nachdenklich. »Er hat keinen echten Anschluss an seine Einstufungsgruppe gefunden. Aber er wirkte auch grundsätzlich zurückhaltender. Und introvertiert. Grübelte ständig.«
    »Worüber?«
    »Ich weiß es nicht. Nur dass er wütend war und nicht versuchte, das zu verheimlichen.«
    »Weswegen wütend?«
    »Dass er hier sein musste, nehme ich an. Nach meiner Erfahrung sind die meisten Jugendlichen wütend, wenn sie über das Jugendamt zu uns kommen. In der Regel tauen sie während ihrer Einstufungswoche auf, aber nicht Sean.«
    Barbara fragte, wie lange Griffin Strong schon als Einstufungsleiter

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