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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wartete, bis seine Augen sich auf die Dunkelheit eingestellt hatten. Was er dann sagte, war immer das Gleiche, und seine Stimme klang ebenso sanft wie bedauernd: Du hast gesündigt. Und dann: Ich nehm dir das ab - die Finger auf dem Klebeband -, aber nur Stille wird dir Sicherheit geben und deine Freilassung gewährleisten. Kannst du still für mich sein?
    Sie nickten jedes Mal, wollten um jeden Preis reden. Wollten diskutieren, gestehen, manchmal auch drohen oder fordern. Aber womit sie auch immer begannen, oder was sie auch fühlten, sie endeten immer mit Unterwerfung.
    Sie spürten seine Macht. Sie konnten ihr starkes Aroma in dem Öl riechen, mit dem er seinen Körper salbte. Sie sahen sie im Schimmern des Messers, das er hervorholte. Sie fühlten sie in der Hitze des Gasbrenners. Sie hörten sie im Knistern der Pfanne.
    Ich muss dir nicht wehtun, sagte er ihnen. Wir müssen reden, und wenn unsere Unterhaltung gut verläuft, kann dies mit deiner Freilassung enden.
    Sie redeten alle. Tatsächlich plapperten sie. Seine Aufzählung ihrer Fehltritte rief grundsätzlich nichts als ihre eifrige Zustimmung hervor. Ja, das hab ich getan. Ja, es tut mir Leid. Ja, ich schwöre ... was immer du willst, das ich schwören soll, nur, lass mich laufen.
    Doch sie fügten im Stillen noch etwas hinzu, und er konnte ihre Gedanken lesen: Du dreckiger Bastard. Ich sorge dafür, dass du für diese Sache in der Hölle schmorst.
    Also konnte er sie natürlich unmöglich freilassen. Jedenfalls nicht auf die Art und Weise, wie sie freigelassen zu werden hofften. Aber er war ein Mann, der Wort hielt.
    Sie zu verbrennen kam zuerst, nur an den Händen, um ihnen seinen Zorn ebenso wie seine Milde zu zeigen. Das Eingeständnis ihrer Schuld öffnete die Tür zu ihrer Erlösung, aber sie mussten leiden, um geläutert zu werden. Also verklebte er ihnen wieder den Mund und hielt ihre Hände an die weißglühende Hitze, bis der Geruch von verbranntem Fleisch ihm in die Nase stieg. Ihr Rücken bog sich durch in dem Versuch, zu fliehen, ihre Blase und ihr Darm entleerten sich. Manche verloren das Bewusstsein, sodass sie die Schlinge nicht spürten, die erst ihren Hals umschmeichelte und dann enger wurde. Andere verloren das Bewusstsein nicht, und sie waren es, die Fu mit wahrem Frohlocken erfüllten, während das Leben ihren Leib verließ und seinen Leib in Entzücken versetzten.
    Und dann wollte er immer ihre Seele befreien, schnitt mit einem Messer in ihr vergängliches Fleisch, öffnete sie für ihre endgültige Befreiung. Schließlich war es das, was er ihnen versprochen hatte. Sie mussten nur ihre Schuld gestehen und ein ehrlich empfundenes Verlangen nach Läuterung ausdrücken. Doch die meisten taten nur Ersteres. Die meisten verstanden den zweiten Teil nicht einmal. Der Letzte hatte keines von beiden getan. Am Ende hatte er geleugnet: »Ich hab nichts gemacht, du Irrer. Ich hab nichts gemacht, kapiert? Scheiß auf dich, du Arschloch, lass mich frei!«
    So war Befreiung für ihn unmöglich gewesen. Freiheit, Erlösung - alles, was Fu zu bieten hatte, bespuckte und verfluchte der Junge. So ging er ungeläutert dahin, seine Seele nicht befreit - die göttliche Kreatur hatte versagt.
    Doch die unendliche Freude des eigentlichen Moments ... sie war Fu geblieben. Und das war es, was er wieder wollte. Die verführerische Droge vollkommener Macht.
    Dem Fluss Lea zu folgen konnte ihm das nicht geben, so wenig wie die Erinnerung. Nur eine Sache konnte das.

13
    Barbara Havers war miserabler Laune, als sie schließlich zum Camden Lock Market kam. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie zugelassen hatte, dass private Belange sie an der korrekten Ausübung ihres Berufs hinderten. Es machte sie verrückt, dass sie den ganzen Weg zurück nach Nordlondon fahren musste, kurz nachdem sie den morgendlichen Berufsverkehr schon in entgegengesetzter Richtung durchlitten hatte. Es ärgerte sie, dass Parkverbote es unmöglich machten, irgendwo in der Nähe des Marktes zu halten, ohne einen längeren Spaziergang in Kauf nehmen zu müssen. Und sie war der tiefen, selbstgerechten Überzeugung, dass dieses ganze Unterfangen eine absolute Verschwendung ihrer Zeit war.
    Die Antworten lagen innerhalb der Mauern von Colossus, nicht hier. War sie auch davon überzeugt, dass der Bericht des Profilers völliger Quatsch war, schien ihr ein Teil davon doch akzeptabel, und zwar die Beschreibung ihres Serienmörders. Da mindestens vier Männer dieser Beschreibung entsprachen -

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