13 - Wo kein Zeuge ist
Gebäudes, wo die Jungen bei ihren Einstufungskursen oder im Unterricht waren. »Diese Jungs hier sind nicht gerade Typen, die auf Zauberei stehen, oder, Ulrike?«, sagte er.
Natürlich waren sie das nicht, und Ulrike brauchte diesbezüglich keine Belehrung von Jack Veness. Und sein dämliches Grinsen brauchte sie auch nicht, ganz gleich, was es hervorrief: das Bild ihrer Jugendlichen, die gebannt und atemlos im Halbkreis saßen und die Vorstellung eines Zauberers verfolgten, oder aber den Gedanken, dass sie - Ulrike Ellis, die angebliche Leiterin dieser Organisation - die Möglichkeit auch nur in Betracht zog, ihre hart gesottenen Kunden könnten für Zauberei zu begeistern sein. Jack musste man in regelmäßigen Abständen an seine Stellung erinnern, was sie auch tat. »Findest du die Suche nach einem Mörder amüsant, Jack? Und wenn ja, warum?«
Diese Bemerkung verscheuchte das Grinsen von seinem Gesicht. Stattdessen nahm es einen feindseligen Ausdruck an, und er sagte: »Komm mal wieder runter, Ulrike.«
»Sei vorsichtig«, erwiderte sie und ging.
Sie war immer noch auf der Suche nach weiteren Informationen, die sie der Polizei offerieren konnte. Doch als sie bei Scotland Yard anrief und berichtete, dass niemand von Colossus einen Zauberer verpflichtet oder den Besuch einer Vorstellung organisiert hatte, schien man dort wenig beeindruckt. Der Constable wiederholte lediglich, was sein dämlicher Kollege schon gesagt hatte, so als lese er es von einem Zettel ab: »Sehr interessant, Madam«, und versprach ihr, die Information weiterzuleiten.
»Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass das bedeuten muss ...«, sagte sie, aber er hatte schon aufgelegt, und sie wusste, was das hieß: Es brauchte wesentlich mehr, um die Polizei von dem Verdacht gegen Colossus abzubringen, und sie selbst würde noch irgendetwas finden müssen. Sie überlegte sich eine Möglichkeit, das zu bewerkstelligen, ohne dass ihr Probleme mit einzelnen Mitarbeitern oder gar eine generelle Meuterei ins Haus standen. Sie wusste, eine effektive Führungskraft durfte sich nicht von der Meinung anderer beeindrucken lassen, aber eine solche Führungskraft musste auch politisches Geschick besitzen, um ein Gefecht in etwas Produktives umzuwandeln - einen Schritt in die richtige Richtung -, unabhängig davon, worum es bei diesem Gefecht ging. Nur fiel ihr einfach keine Möglichkeit ein, ihren nächsten Schritt nicht wie einen eklatanten Beweis ihres Misstrauens aussehen zu lassen. Diese Anstrengung verursachte ihr schließlich Zahnschmerzen, sodass sie sich fragte, ob ein Besuch beim Zahnarzt vielleicht überfällig war. Sie durchwühlte ihren Schreibtisch auf der Suche nach einer Packung Paracetamol und spülte zwei Stück mit einem Schluck kaltem Kaffee hinunter, der seit Gott weiß wann neben ihrem Telefon gestanden hatte. Dann machte sie sich auf die Suche nach ... sie beschloss, es Entlastung zu nennen. Nicht für sich selbst, sondern für die anderen. Sie redete sich ein, dass sie, was auch immer sie entdecken mochte, der Polizei melden würde. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Colossus keinen Mörder beherbergte. Aber sie wusste, sie musste einen vernünftigen Eindruck auf die Polizei machen, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass sie sie belogen und behauptet hatte, Jared Salvatore sei keiner ihrer Jungen gewesen. Sie musste kooperativ erscheinen und demonstrieren, dass ihre Einstellung sich geändert hatte. Sie musste die Ermittler von Colossus ablenken.
Sie verdrängte Jack Veness für den Moment aus ihren Gedanken und machte sich auf die Suche nach Griff. Durch das Fenster des Klassenraums sah sie, dass er im Gespräch mit einer Gruppe neuer Jugendlicher war, und das Diagramm auf dem Flipchart deutete darauf hin, dass sie eine Einschätzung ihrer letzten Aktivität vornahmen. Als sie Griffs Blick auffing, machte sie eine Geste. Kann ich dich sprechen?, bedeutete sie. Er zeigte ihr fünf Finger und ein angedeutetes Lächeln, das ihr verriet, dass er bezüglich des zu erörternden Themas gründlich auf dem Holzweg war. Egal, dachte sie. Sollte er doch denken, sie wollte ihn in ihr Bett zurücklocken. Das machte ihn vielleicht weniger wachsam, wenn sie mit ihm sprach, und das konnte nur gut sein. Sie nickte und machte sich auf die Suche nach Neil Greenham.
Sie entdeckte Robbie Kilfoyle, der in der Schulküche eine Kochstunde vorbereitete. Er holte Töpfe und Schüsseln aus dem Schrank und hakte jedes Teil auf einer Liste ab, die
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